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Schattenspäher

Schattenspäher

Titel: Schattenspäher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Sturges
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einer Salbe bestrich.
    »Erstaunlicherweise ist er nicht tot«, sagte die Hexe.
    Fast wünschte Silberdun, es wäre so.
    Perrin ist in seinem fünften Studienjahr und lernt gerade für die Prüfung, als eine Botenfee auf dem Fensterbrett landet.
    »Hallöchen, Perrin Alt, Lord Silberdun.«
    Perrin schaut von seinem Buch auf und starrt das kleine Wesen an. »In bin nicht Lord Silberdun, du dummes Ding«, sagt er. »Das ist mein Vater.«
    »Da hab ich echt gute Nachrichten für Euch!«, schreit die Botenfee. »Jetzt seid Ihr's! Euer Vater ist nämlich tot!«
    Perrin packt das Geschöpf um die Taille. »Wie? Was redest du denn da?«
    Die Botenfee erbleicht. »Oh Mist. Dachte, Ihr wäret einer von den Typen, die ihren Vater nicht ausstehen können und die es freut zu hören, dass er vom Pferd gestürzt ist und sich den Hals gebrochen hat. In diesem Fall hättet Ihr mir nämlich zur Belohnung Süßigkeiten angeboten.«
    Perrin schleudert die Fee gegen die Wand, aber die überschlägt sich in der Luft und landet auf einem Bücherbord. »He! Ist doch nicht meine Schuld. Du liebe Güte ...«
    »Raus hier!«, brüllt Perrin.
    Wieder am Fenster, dreht sich die Botenfee noch mal zu ihm um. »Um auf die Süßigkeiten zurückzukommen ...«
    Am nächsten Tag trifft eine Kutsche ein, die Perrin zurück ins Herrenhaus von Friedbrück bringt. Dort soll sein Vater in der Familiengruft beigesetzt werden. Mutter erwartet ihn schon in der Eingangstür stehend. Sie umarmt ihn, und er lässt es zu. Vaters Leiche liegt im Salon auf einer geschnitzten Holzbahre, wie es schein seit hunderten von Jahren Familienbrauch ist.
    Perrin fühlt fast nichts, als er seinen toten Vater ansieht. Sorgfältig analysiert er seine Emotionen und stellt fest, dass er nichts weiter als eine leichte Verärgerung darüber verspürt, weil man ihn aus seinen Prüfungsvorbereitungen gerissen hat.
    Mutter steht im Durchgang und beobachtet ihn. »Was immer du fühlst, es ist in Ordnung«, sagt sie.
    »Ich fühle nichts«, sagt Perrin.
    »Auch das ist in Ordnung.«
    »Jedermann versichert mir ständig, was für ein großartiger Mann und Abgeordneter er doch war«, sagt er. »Dabei hat mich seine berufliche Laufbahn nie sonderlich interessiert.«
    »Für dich hat er sich auch nie sonderlich interessiert.«
    »Er war ein überaus herzlicher Mann.«
    Mutter lacht und schlägt sich die Hand vor den Mund. »Ja, das war er wohl.«
    Die Beisetzung ist gut besucht - wie es scheint, ist jedes Senatsmitglied erschienen, dazu die höchsten Zunft- und Adelsvertreter - und dauert Stunden. Es dämmert schon, als endlich der letzte Staatsmann seine Laudatio beendet hat und sich wieder hinsetzt. Perrin sieht, wie sein Vater unter die Erde getragen wird und empfindet plötzlich tiefe Trauer. Er drückt die Hand seiner Mutter, und sie erwidert die Geste. Sie sieht seine Tränen und scheint sie zu verstehen, auch wenn Perrin selbst sie nicht versteht.
    Nach der Trauerfeier wird Perrin von seinen Onkeln Bresun und Marin beiseitegenommen. Bresun ist Vaters Zwillingsbruder und zehn Minuten jünger. Marin dagegen ist viel jünger; er ist der Sohn von Großvaters zweiter Frau.
    »Mein Beileid ... Lord Silberdun«, sagte Bresun, wobei er den »Lord« ausdrücklich betont.
    »Danke«, sagte Perrin. Er hatte immer gewusst, dass ihm irgendwann der Titel gehört, doch nicht so bald. »Es ist alles ein bisschen viel. Ich muss gestehen, dass ich einigermaßen überwältigt bin.«
    »Das kann Euch niemand verdenken«, sagt Bresun. »Der Titel stellt eine große Verpflichtung dar. Das kann man nicht auf die leichte Schulter nehmen.«
    Perrin nickt. Er konnte Bresun noch nie leiden.
    »Nachdem Ihr noch nicht die Volljährigkeit erreicht habt, werdet Ihr einen Verwalter für die Ländereien brauchen«, fährt Bresun fort. »Ich würde mich mehr als glücklich schätzen, diese Aufgabe zu übernehmen.«
    Marin lächelt schwach. »Ein guter Vorschlag!«
    »Danke«, sagt Perrin. »Ich werde darüber nachdenken.«
    Es ist offenbar nicht die Antwort, die Bresun erwartet hat. »Ich kann Euch versichern, mein Sohn, dass sich niemand mit den Belangen Eures Vaters besser auskennt als ich.«
    »Also gut«, sagt Perrin. »Ich stimme zu.«
    In den nächsten Tagen verbringt Perrin viel Zeit mit dem Füllfederhalter in der Hand. Er unterschreibt Dankeskarten an die vielen Gäste bei der Beerdigung und eine nicht enden wollende Flut von Dokumenten für die Nachlassverwalter. Eines Abends schläft er erschöpft am

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