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Schattenspäher

Schattenspäher

Titel: Schattenspäher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Sturges
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dass er darüber nachdenke, Friedbrück und Connach den Arkadiern zu vermachen. Bresun hört ihm geduldig lächelnd zu und lässt Perrin dann unmissverständlich wissen, was für eine dumme Idee das ist. Er ist dabei charmant und überzeugend, und nach kaum mehr als einer Stunde trinken er und Perrin wohlgelaunt ein Glas miteinander und lachen herzlich über den Einfall.
    »Deine Mutter ist eine wundervolle Frau«, sagt Bresun. »Aber sie zählt nicht gerade zu den nüchternsten Geistern in den Faelanden.«
    Silberdun lächelt wissend. Am nächsten Tag kehrt er zurück an die Schule und beschließt das Semester als einer der besten seines Jahrgangs.
    Silberdun wurde durch einen Gesang geweckt; es waren die ätherischen Klänge einer chthonischen Chorals. Das Lied war sehr alt und seine Melodie ihm wohlbekannt. Nur die Worte waren anders. Die arkadischen Bauern seiner Jugend in Friedbrück hatten es immer auf den Feldern gesungen. Seine Mutter hatte ihm einmal erzählt, dass es die Gesänge waren, die sie zuerst für Aba eingenommen hatten. Silberdun konnte den Text dieses Liedes nicht verstehen, das in der vokallosen glottalen Sprache der Annwni gesungen wurde, doch er nahm an, dass es auch darin um die Erlösung von allen Leiden und die Errettung der Seele ging.
    In Crere Sulace, dem Gefängnis, in dem Silberdun mit Mauritane und den anderen gesessen hatte, hatte es auch ein paar Arkadier gegeben. Und auch sie hatten diese Art von Liedern gesungen. Damals hatte er es ihnen übel genommen, und das tat er auch heute. Diese hehre Vorstellung von Freiheit in Gefangenschaft, davon, alle weltlichen Fesseln abzulegen. Wie lange sollte man denn trällern, bis einen jemand erhörte? Silberdun hatte das Kloster verlassen, insofern hatte er wohl, auch ohne zu singen, sein persönliches Maß an Duldsamkeit erreicht. Und doch war es schöne Musik.
    Er öffnete die Augen und richtete sich mühsam auf. Neben ihm saß Eisenfuß und aß. Als er sah, dass Silberdun wach war, schob er ihm einen Blechnapf mit Brot und Gemüse herüber. Silberdun hatte keinen großen Hunger, doch er aß trotzdem - mit nur einem Arm.
    »Tut's weh?«, fragte Eisenfuß und deutete auf den bandagierten Stumpf.
    »Nein, eigentlich nicht«, sagte Silberdun. »Es sticht und juckt nur grausam.«
    Eisenfuß nickte. Falls er aus seiner Militärzeit die ein oder andere Geschichte über Amputierte kannte, so behielt er sie dankenswerterweise für sich. Silberdun wusste, dass er sich auf ihre gegenwärtige missliche Lage konzentrieren sollte, doch immer wieder kehrten seine Gedanken zu seiner fehlenden Hand und der Tatsache zurück, dass sein Leben nun so gut wie zerstört war. So konnte er jedenfalls nicht als Schatten weitermachen; wenn man sie nicht hängte oder lebenslänglich einsperrte, dann war seine Karriere beendet. In diesem Fall konnte er genauso gut als einer dieser verarmten Edelleute nach Friedbrück zurückkehren, die »unter eingeschränkten Bedingungen« ihr Dasein fristeten und nur dadurch überlebten, dass sie ihr ererbtes Land Stück für Stück verkauften, bis nichts mehr da war.
    »Ich muss schon sagen«, bemerkte Silberdun, »unsere erste Mission war ja ein durchschlagender Erfolg, was meint Ihr?«
    Eisenfuß antwortete nicht sofort, doch dann: »O ja. Man wird uns dafür höchstwahrscheinlich als Helden feiern.«
    »Ich war schon mal ein Held«, sagte Silberdun. »Eine großartige Gelegenheit, Frauen kennen zu lernen.«
    In dem Gang vor ihrer Zelle erschienen zwei Wachen. Der eine Mann war schon älter und grau, der andere kaum seinen Jugendjahren entwachsen. Der Alte öffnete die Tür, der andere betrat die Zelle und scheuchte die beiden Gefangenen auf.
    »Kommt mit«, sagte er und zerrte Silberdun auf die Füße.
    »Wohin geht's?«, fragte Eisenfuß.
    »Ihr werdet vor den Magister gebracht«, sagte der Alte.
    Als Silberdun endlich stand, packte der jüngere seinen Arm und rammte den Stumpf hart in die Wand. Silberdun jaulte vor Schmerz auf.
    »Du hast zwei meiner Freunde getötet«, zischte ihm der Junge ins Ohr.
    »Aber, aber.« Der Alte stapfte in die Zelle. »Schluss damit.«
    Eingeschüchtert ließ der junge Wachmann zu, dass der ältere Silberdun und Eisenfuß aus der Zelle in den Gang geleitete.
    »Ich muss mich für das Benehmen des jungen Bryno entschuldigen«, sagte der Alte. »Aber ihr müsst zugeben, dass er allen Grund zur Klage hat.«
    Sie wurden an einer Reihe Zellen vorbeigeführt, fast alle waren belegt. Viele der Gefangenen

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