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Schattenspäher

Schattenspäher

Titel: Schattenspäher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Sturges
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erobert, um dem Himmel näher zu sein, sondern um der Erde zu entfliehen.
    - Stil-Eret, »Geheime Reisen in den Norden«, aus Reisen daheim und unterwegs
    Die Unionsportale - eigentlich lautete ihre korrekte Bezeichnung »Portale von Mabs glorreicher Union« - befanden sich auf einer riesigen schwebenden Plattform im Herzen des Unseelie-Territoriums. Im Zentrum der Plattform lag die Station selbst mit ihren zahlreichen Läden und Cafés und dem großen Kartenschalter aus Marmor. Rund um die Station standen die Portale; sie waren in hohen Gewölben untergebracht, damit sie sich harmonisch in die Arkaden und Rundbögen der Station einpassten. Dahinter, auf einer anderen Ebene, befanden sich die Lufthäfen, in denen die Handelstransporter und Privatflieger anlegten. Die Portale waren Tag und Nacht in Betrieb und flackerten in einem fort silbern auf, während ringsum Luftschiffe aller Formen und Größen kamen und gingen.
    Etliche Etagen tiefer trat Timha aus einem kleineren Privatportal in ein Atrium, das sich auf dem untersten Level der Zentralplattform befand. Hier gab es insgesamt drei Portale, doch nur das, welches in die Geheime Stadt führte, war aktiv. Niemals hatte Timha erfahren, wohin die anderen führten, und sein Takt verbot es ihm, danach zu fragen. Die gesamte Ebene war der Öffentlichkeit nicht zugänglich; vielmehr war ihre Existenz ein wohl gehütetes Staatsgeheimnis.
    Die Wachen auf dieser Seite des Portals prüften Timhas Papiere sorgfältig, insbesondere die von Meister Valmin unterzeichnete Reiseerlaubnis. Ihre Echtheit wurde sogar mit einem Lügenstab untersucht. Nach dem langwierigen Prozedere riefen die Wachen zu allem Überfluss auch noch einen Vorgesetzten aus einer der unteren Ebenen, der sämtliche Dokumente noch einmal überprüfte.
    Nach außen hin übte Timha sich in Geduld, doch innerlich stand er kurz vorm Zerplatzen. Wurde sein unsichtbares Bündel hier entdeckt, würde er die Unionsportale nicht mehr lebend verlassen. Es würde auch keine öffentliche Verhandlung geben. Sie würden ihm an Ort und Stelle die Kehle durchschneiden und ihn auf eine der Abfallrutschen schmeißen, auf dass die Raubvögel und Arami-Nomaden sich seiner annahmen. Vermutlich würden sie danach den armen Meister Valmin foltern, um herauszufinden, ob Timhas Verrat nicht doch Teil einer größeren Verschwörung sei.
    Der Offizier befahl seinen Wachen, Timha und dessen Gepäck noch einmal gründlich zu untersuchen, wobei der Lügenstab diesmal bei wirklich jedem einzelnen Stück zum Einsatz kam. Während seine Habseligkeiten ein weiteres Mal auf dem Boden ausgebreitet wurden, trat einer der Wachmänner langsam, aber sicher immer näher an das unsichtbare Bündel heran. Noch einen Schritt weiter, und er würde im wahrsten Sinne des Wortes über die Dokumente stolpern. Einer der Lügenstäbe kam dem Packen gefährlich nah, und Timha hatte alle Mühe, nicht erschrocken aufzukeuchen, als bei der Untersuchung ein kleines Stück des Seils bloßgelegt wurde. Da lag es nun auf dem Pflaster, der sichtbare Beweis seines Verrats. Er wandte den Blick ab. Atmen, tief durchatmen ...
    Endlich kamen die Wachen zu dem Schluss, dass Timha passieren durfte.
    So nonchalant wie möglich bückte er sich und hob das bloßgelegte Stück Seil auf, vollführte sodann eine lässige Handbewegung, auf dass er das Bündel in einem weiten Bogen an den Wachen vorbeiziehen konnte.
    Die Männer winkten ihn aus dem Atrium hinaus, und Timha nahm den kleinen Aufzug, der ihn auf die Hauptplattform brachte. Fast rannte er sodann auf die öffentliche Bedürfnisanstalt zu, wo er es gerade noch rechtzeitig zu einem der Urinale schaffte, ehe er sich in die Hosen machte. Bevor er die Latrinen wieder verließ, schlang er sich das Bündel um seine Taille und zurrte es fest. Solange ihn niemand einer weiteren Leibesvisitation unterzog, sollte das Schmuggelgut dort sicher sein.
    In diesem Moment schallte eine künstlich verstärkte Durchsage durch die Station, welche die Abfahrtszeit seines Transporters bekannt gab. Timha hetzte durch das Gebäude und hatte dabei kaum einen Blick für das lebhafte Treiben jenen Ortes, der ihm bei dem Zwischenstopp auf seinen Weg in die Geheime Stadt einst so begeistert hatte. So viel hatte sich seit diesem Tag ereignet. Sein Leben, so kam es ihm nun vor, hatte sich unbemerkt in einen Albtraum verwandelt. Unaufhaltsam war er hineingedrängt worden in eine fremde, feindselige Umgebung, hinweggetrieben über die Grenzen der ihm

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