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Schattenspäher

Schattenspäher

Titel: Schattenspäher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Sturges
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liefern.«
    »Nicht nur Informationen«, sagte Estiane.
    »Auch Geld?« Silberdun war bestürzt.
    »Wir wollen doch ehrlich miteinander sein, oder nicht, Silberdun? Ihr lest nun mal nicht die Berichte, die ich zu lesen bekomme. Die Listen mit den Namen der Märtyrer, die tagtäglich auf meinem Schreibtisch landen. Die Unseelie haben ein abartiges Vergnügen daran, Arkadier zu jagen und zu töten. Was glaubt Ihr würde passieren, wenn sie Regina Titania zu Fall brächten? Die Kirche würde aufhören zu existieren. Abas Werk in den Faelanden würde enden!«
    Estiane lehnte sich vor, und Silberdun nahm den schwachen Geruch von Weinbrand in seinem Atem wahr. »Und ich werde nicht zulassen, dass das passiert.«
    Silberdun erhob sich und nahm sein Schwert vom Regalbrett. Er zog es aus der Scheide und stieß damit ein paarmal frustriert in die Luft. »Und was, wenn ich mich weigere? Was, wenn ich einfach nur ein Mönch bleiben will?«
    Auch Estiane stand auf. Er strich sich die Robe glatt. »Ihr wolltet doch nie ein Mönch sein, Perrin. Ihr brauchtet lediglich einen Ort, an den Ihr Euch eine Weile verkriechen konntet. Die Zeit des Rückzugs ist indes vorbei - ich schmeiße Euch raus.«
    »Das könnt Ihr nicht tun!«
    »Ich bin der Abt. Ich kann tun, was ich will.«
    Silberdun ließ das Schwert erneut durch die Luft sausen, erschlug einen imaginären Gegner.
    »Also gut«, meinte er. »So werft mich raus. Dann kehre ich eben zurück nach Oarsbridge, friste mein Dasein als exzentrischer Landedelmann und heirate die hübsche, dumme Tochter eines benachbarten Barons, die mich des Nachts wärmt. Wie klingt das?«
    Estiane lächelte, dann ging er zur Tür. »So einfach ist das nicht, Perrin. So einfach ist das Leben nicht.«
    »Könnte es aber sein.«
    »Hier.« Estiane reichte Silberdun den Briefumschlag. »Der wurde abgeliefert, gleich nachdem Everess von hier aufbrach. Es waren zwei Botschaften darin. Eine war an mich gerichtet, die andere an Euch. Meine Botschaft besagte lediglich, dass ich Euch die andere aushändigen solle, bevor ich Euch gestatte, das Kloster zu verlassen.«
    Silberdun nahm das Kuvert entgegen. Wieder fiel sein Blick auf das Siegel des Oberhofmeisters. Im Umschlag lag ein einzelner Bogen Papier, beschrieben mit fließenden, schön anzusehenden Zeilen. Es war nicht die Schrift des Oberhofmeisters Marcuse. Doch er erkannte sie sofort, wusste auf Anhieb, wer diese Botschaft verfasst hatte.
    Perrin Alt, Lord Silberdun:
    Als wir uns zuletzt trafen, sagte ich Euch, dass einst der Tag kommen würde, da ich nach Euch rufen lassen würde. Dieser Tag ist nun da. Prüft mit Bedacht das Ansinnen, das an Euch gestellt wird. Ihr seid jemand, der - ähnlich einem wertvollen Rennpferd - nur dann brilliert, wenn er an der Startlinie steht. So geht nun dorthin, wo ihr zu brillieren vermögt.
    Die Nachricht war nicht unterzeichnet, aber das war auch nicht nötig; sie war von der Königin höchstpersönlich verfasst worden.
    »Scheiße«, fluchte Silberdun. »Scheiße! Scheiße! Scheiße!«
    Er griff in das Regal über seiner Pritsche und schnappte sich seine Stiefel.

4. KAPITEL
    Ein noch ungeklärtes Problem ist folgendes:
    Die Standardformel für eine Elementar-Entfesselung über Entfernung erfordert einen tonalen Auslöser (zum Beispiel das Entfesselungswort), damit physisch mit der Bindung interagiert werden kann. Ist die Entfernung d, die Tongeschwindigkeit r, so kostet der Effekt des Entfesselungswortes Zeit = t. Es ergibt sich also die Formel: t = d/r. Bei Versuchen unter kontrollierten Bedingungen hat sich jedoch gezeigt, dass die Entfesselung zeitgleich mit dem Auslöser erfolgt. Die Thaumaturgen haben diesen Umstand seit Jahrhunderten erörtert, jedoch keine zufriedenstellende Erklärung anbieten können. Nachdem die reitischen Kräfte über Entfernung exponentiell abnehmen, ist dies in der Praxis indes kaum ein Problem. In den meisten Fällen wird dem Student daher empfohlen, auf die Standard-Entfesselungsbefehlskettenformel zurückzugreifen.
    - Dynamik, Kapitel 7: »Indirekte Auslösemechanismen in verteilten Systemen«
    Der Morgen dämmerte schon, und Eisenfuß war noch immer wach. In seinem Kopf pochte es, während er über der Landkarte grübelte. Das Ding war so groß, dass ein örtlicher Schreiner eigens einen Tisch für sie hatte anfertigen müssen, damit man sie ganz entrollen konnte. Es war eine topografische Karte, die vor etlichen Jahren von einem hiesigen Gouverneur angefertigt worden war. Der Mann

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