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Schattenspiel

Schattenspiel

Titel: Schattenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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wegen seiner wunderbaren Peking-Ente weit über den Big-Apple-Bereich hinaus berühmt war. Dazu tranken sie heißen Sakewein. Claudine erzählte von ihrem neuen Film und brachte es fertig, daß sich Natalie im Laufe des Abends ein wenig entspannte.

    Arm in Arm gingen sie schließlich durch die warme Augustnacht nach Hause. Im Central Park leuchteten die Laternen, und es hielten sich viele Menschen in den Straßen auf. Claudine sah sich mit erwartungsvollen Augen um, so, als erwarte sie hinter jeder Ecke ein neues Ereignis, und Natalie merkte, daß ihre Nerven vibrierten. Zum erstenmal gestand sie sich ein: Amerika war nichts für sie. Zu laut, zu groß, zu geschäftig. Wäre sie gesund, hätte sie die Herausforderung beherzt angenommen und bewältigt, aber in ihrem Zustand schmetterte dieses Land sie wieder und wieder zu Boden. Wenn es für sie irgendeine Chance gab, gesund zu werden, dann nur in Europa. Sie blickte die belebte Fifth Avenue hinauf und hinunter, und die alte Panik regte sich in ihr. Weg, nichts wie weg!
    In dieser Nacht schmiegte sie sich an Claudine, als wolle sie sich an ihr festhalten. Die unendliche Zärtlichkeit ihrer ersten Zeit kam für Stunden noch einmal zurück. Als sie einschliefen, lagen sie ineinander verschlungen, und dort, wo sich ihre Haut berührte, brach der Schweiß aus, denn die Nacht brachte keine Abkühlung, und die Hitze des Tages lag noch im Zimmer.
    Johnny Carson sah sie erwartungsvoll an. »Es belastet Sie nicht, in aller Öffentlichkeit als Lesbierin hingestellt zu werden? «
    Ihre Stimme klang überraschend fest und klar, als sie vor laufenden Kameras ihre Antwort gab: »Es belastet mich nicht, nein. Denn sehen Sie, es stimmt ja!«
     
    Als sie nach Hause kam, flatterte ihr Claudine schon aufgeregt entgegen. »Du warst großartig« rief sie und umarmte die Freundin. »Aber...findest du nicht, daß ...«
    »Ich weiß«, unterbrach Natalie, »ich war etwas offenherzig.«
    »Es gibt viele Menschen, die Vorurteile haben«, sagte Claudine vorsichtig. »Und wenn man eine Karriere aufbauen will ...«
    Das Telefon klingelte. Natalie hob ab. Es war der Produzent ihrer eigenen Show. »Nat, bist du von allen guten Geistern verlassen? « rief er. »Wieso hast du nicht deinen Mund gehalten?«

    »Es ist nach Mitternacht«, entgegnete Natalie müde. »Können wir morgen reden?«
    »Bei uns hier laufen die Telefone heiß! Alle deine Fans — deine ehemaligen Fans — alle, die Natalie Quint als kühle, elegante Dame kennen, als ...«
    »Als Frau ohne Unterleib, ich weiß.«
    »Mein Gott, Nat, es ist nun mal dein Image. Du hast diese unterkühlte Ausstrahlung, bei der man glaubt, von der Taille an abwärts habest du keine Gefühle. Du weißt, das ist Quatsch, ich weiß es auch, aber man will dich nun einmal so sehen, und das Publikum verzeiht es dir nicht, wenn du ihm seine Illusionen nimmst. Tut mir leid, wenn ich dir das so hart sage, aber du hast heute abend die größte Scheiße gebaut.«
    »Ich habe die Wahrheit gesagt.«
    »Die Wahrheit! Wer ist schon interessiert an der Wahrheit? Hör zu, Nat, mir ist es vollkommen egal, ob du mit Männern oder Frauen vögelst, ich mach’ das auch so, wie es gerade kommt, aber du mußt es nicht jedem unter die Nase reiben. Schon gar nicht in Amerika! Sie sind hier viel rückständiger und prüder, als du dir das vorstellen kannst, in mancher Beziehung sind die hier sogar konservativer als ihr Engländer! Oh, Mann!«
    Der Produzent war ihr Freund, das wußte Natalie, vermutlich regte er sich deshalb so auf. »Da hättest du besser aufpassen müssen, Nat, wirklich!«
    »Kein Problem«, sagte Natalie ruhig. »Ich gehe sowieso nach Europa zurück.«
    »Was?« kam es ungläubig aus dem Telefon und gleichzeitig von Claudine.
    »England oder Frankreich. Das überlege ich mir noch.«
    Nun redeten sie von zwei Seiten auf sie ein, aber Natalie erwiderte nichts als: »Ich bin müde. Ich will jetzt schlafen.« Sie beendete das Gespräch mit einem kurzen »Gute Nacht« und legte auf.
    »Du meinst das nicht im Ernst!« sagte Claudine schockiert.
    »Doch.« Natalie sah rasch die Post durch, die Claudine ihr auf den Wohnzimmertisch gelegt hatte. »Oh! Ein Brief von Mary!«

    »Nat, hast du dir das wirklich überlegt?«
    Natalie antwortete nicht, sondern öffnete Marys Brief und las. Sie schrie leise auf. »Oh, nein! Steve ist schon wieder im Gefängnis! Für eineinhalb Jahre ohne Bewährung. Wegen Unterschlagung!«
    »Der Bruder von dem Attentäter,

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