Schattenspiel
willen der breiten Masse gefallen, dem allgemeinen Geschmack entsprechen! Nur keine Eigenheiten entwickeln, nur nicht so sein, wie man ist! Du ahnst nicht, wie ich das zum Kotzen finde. Ich glaube nicht, daß ich damit zurechtkommen könnte!«
»Ein bißchen wirst du es müssen!« John lachte ein wenig verkrampft. »Als Frau des zukünftigen Gouverneurs...Apropos«, er war sichtlich bemüht, das Thema zu wechseln, »ist es dir recht, wenn wir zu unserer Party auch deinen Freund David Bellino einladen?«
»David? Wieso den denn?«
»Bredow Industries ist eines der erfolgreichsten Unternehmen Amerikas, zudem eines der finanziell gesündesten. Ich will die Verbindung, die wir durch dich dorthin haben, unbedingt nützen. Ich brauche Finanziers, wenn ich tatsächlich einmal in den Wahlkampf trete.«
»Dann lade doch den Alten ein. Andreas Bredow, oder wie er heißt. Ihm gehört das alles schließlich.«
»Der alte, blinde Mann nützt mir nicht viel, so brutal das klingt. Er ist schwer herzkrank, sagt man, und im wesentlichen werden die Geschäfte ohnehin schon von seinem Nachfolger gelenkt. Nein, ich brauche David.« John legte die Zeitungen weg und stand auf. »Ich muß gehen, Schatz. Mach nicht so ein besorgtes Gesicht! Ich weiß, diese Party ist ein einziger Streß, aber denk an die schöne Zeit, die wir danach in Wien vor uns haben!« Er verschwand zwischen Hibiskus und Bougainvillea. Sie sah ihm nach und dachte, ich wollte David nie wiedersehen.
Am Tag der Verlobung war es fast zu heiß, um eine Party zu feiern. »Es wird ein furchtbares Gewitter geben«, sagte der Mann vom Delikatessengeschäft, der am Morgen zur Vorbereitung des kalten Buffets kam. »Sie sollten sich darauf einstellen, daß Sie mit allen Gästen plötzlich ins Haus fliehen müssen!«
»Der Himmel ist strahlend blau!« protestierte Gina.
»Aber merken Sie nicht, wie schwül es ist? Sie sehen übrigens auch ein bißchen elend aus!«
Man merkte es also tatsächlich. Schon den ganzen Tag über hatte sie sich elend gefühlt, zuerst sogar geglaubt, sie brüte womöglich eine Erkältung aus. Sie lächelte etwas mühsam. »Wahrscheinlich liegt es wirklich am Wetter.«
Gegen Mittag bekam sie Kopfschmerzen, und obwohl sie zwei Aspirin nahm, klangen sie bis zum frühen Abend nicht ab. John musterte sie besorgt. »Du bist so blaß, Gina. Als wäre das heute dein Begräbnis, nicht deine Verlobung.«
»Ich habe Lampenfieber. Irgendwie liegt mir dieses Fest im
Magen. Ich wünschte, wir könnten alles noch abblasen und den Abend allein verbringen.«
»Das geht wirklich nicht.« John fühlte sich ein wenig unbehaglich. So hatte er Gina noch nie erlebt. Sie standen gerade im Schlafzimmer und zogen sich um, Gina war noch im weißseidenen Unterrock und sprühte sich gerade Festiger in die Haare. »Es ist vielleicht wegen David«, sagte sie, »ich wollte nicht, daß er kommt.«
»Aber du mußt doch einsehen, daß ...«
»Ja!« Ihre Stimme klang gereizt. »Ich sehe ja ein, daß er für deine Karriere wichtig ist!«
Gleich darauf tat ihr der schroffe Ton leid. Sie schlüpfte in das kurze Cocktailkleid aus nachtblauer Seide, zupfte die gebauschten Ärmel zurecht, eilte zu John hin und legte beide Arme um ihn. »Tut mir leid, John. Ich bin nervös heute, aber ich sollte das wirklich nicht an dir auslassen. Entschuldige!«
»Schon gut. Kein Problem, Schätzchen. Wir haben alle einmal einen schlechten Tag.«
An der Tür wurde geklopft. Es war eines der Hausmädchen. »Die ersten Gäste sind da. Mr. Bellino und Begleiterin.«
»David? Er ist eine halbe Stunde zu früh!«
Das Hausmädchen zuckte hilflos mit den Schultern.
»Na gut«, sagte Gina, »wir müssen ihn dann wohl begrüßen. Mach dich in Ruhe fertig, John, ich gehe schon hinunter.«
David stand in der Halle, er trug einen goldfarbenen Anzug — wie geschmacklos, dachte Gina — und hielt einen prächtigen Rosenstrauß in den Händen. Neben ihm stand eine sehr große, schlanke Frau mit etwas einfältigem Gesicht und zuviel Schmuck an Armen und Händen. David lächelte. »Hallo, Gina!« Er sprach mit schwerer Zunge.
Gina erwiderte sein Lächeln nicht. Sie sah ihn und dachte: Mein Gott, der Kerl ist besoffen wie ein alter Seemann!
3
Es hätte David gekränkt, wäre er nicht zu der Verlobungsparty eingeladen worden, aber nun, da das Ereignis tatsächlich bevorstand, fühlte er sich sehr unbehaglich. Seine Begleiterin, die etwas dümmliche Lorraine, hatte er im Hotelzimmer in Verwirrung
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