Schattenspiel
blinzelte, geblendet von der Helligkeit. »Was ist los?«
»Was ist los? Das fragst du?«
»David...«
»Hör mal, glaubst du, ich bin ein Idiot? Ich merke nicht, daß sich zwischen uns etwas verändert hat? Es ist dir zutiefst unangenehm, wenn ich in deine Nähe komme, und du erwartest, daß ich das einfach so hinnehme, ohne Fragen zu stellen? Glaubst du nicht, daß du da zuviel verlangst?«
»Ich habe dir ja gesagt, es geht mir einfach nicht gut in der letzten Zeit.«
»Dafür würde ich gern den Grund wissen. Bist du krank? Brauchst du einen Arzt? Dann sag es, du weißt, ich verschaffe dir sofort den besten, den es gibt. Allerdings glaube ich nicht, daß deine zahlreichen neuen Leiden organische Ursachen haben. Das sieht eher nach seelischen Komplikationen aus.«
»Es ist nichts.«
»Und warum schläfst du dann seit Wochen nicht mehr mit mir?«
»Ich bin kein Automat. Keine Puppe, die du Nacht für Nacht bereitwillig in deinem Bett vorfindest. Ich habe doch auch ein eigenes Leben und...«
»Von deinem Leben spreche ich ja. Irgend etwas belastet dich.«
Laura schwieg eine Weile. Ihre Finger griffen in die Seide, mit der das Bett bezogen war. Unweigerlich kehrte die Erinnerung an die kalte, einsame Kammer zurück, in der sie früher geschlafen hatte. Es überraschte sie, wie deutlich ihr noch immer die Erinnerung im Nacken saß. Das war genau der Punkt, an dem David sie fest im Griff hatte. Ihre Angst vor dem früheren Leben. Sie fing an zu weinen, dachte an Ken und weinte noch heftiger. David seufzte. »Man kann mit dir kein vernünftiges Gespräch führen«, sagte er verärgert. »Jedesmal heulst du los. Was ist denn jetzt schon wieder?«
»Du würdest nie verstehen, was mich belastet«, schluchzte Laura. »Und es würde dich nicht einmal interessieren, wenn du nicht Angst hättest, es gäbe da etwas, was mich dir entfremden könnte. Du bist doch nur damit beschäftigt, mich immer mehr zu deiner Sklavin zu machen. Du würdest am liebsten noch meine Träume überwachen.«
»Was ist denn das für ein Unsinn? Tue ich nicht alles für dich? Ich glaube kaum, daß es irgendwo eine Frau gibt, die alle Wünsche so schnell und zu ihrer völligen Zufriedenheit erfüllt bekommt wie du. Ich möchte wirklich wissen, worüber du dich beklagst!«
»Ich weiß manchmal selber nicht mehr, was ich denken soll. Ich fühle mich so furchtbar eingesperrt. Und das alles, dieser unglaubliche Luxus, in dem du lebst, diese viel zu teuren Geschenke, die du mir machst...das bedrückt mich und macht mir Angst.«
David musterte sie kalt, aber hinter seiner eisigen Miene lauerte Furcht. »Angst hast du davor? Was du nicht sagst! Ausgerechnet du! Soll ich dir mal sagen, wovor du in Wahrheit Angst
hast? Vor der Armut! Davor hast du eine solche Angst, daß dein ganzes Denken und Sinnen damit beschäftigt ist. Und du weißt ganz genau, daß du mich brauchst...nicht wahr, du weißt, was aus dir wird, wenn ich dich fallenlasse?«
Laura hörte auf zu weinen. »Aber du besitzt mich nicht«, sagte sie leise.
David lächelte zynisch, seine Züge bekamen etwas Brutales, und wer ihn nicht sehr genau kannte, hätte nie geahnt, daß seine Grausamkeit seiner Unsicherheit entsprang. »Doch, mein Schatz«, sagte er. »Ich besitze dich, weil du leider käuflich bist, und wer sich kaufen läßt, ist nicht frei. Du weißt, wie erbärmlich das Leben sein kann, niemand weiß das besser als du. Wenn du klug bist, riskierst du es nicht, das noch einmal zu erleben.«
Lauras Stimme war leise geworden, während sie erzählte, sie ging am Ende über in ein Flüstern, so daß alle Anwesenden Mühe hatten, sie zu verstehen.
Eine Weile sagte niemand etwas, dann brach schließlich Gina das Schweigen. »Sie waren nicht glücklich mit David, weiß Gott nicht!« sagte sie.
Laura antwortete: »Ich war sehr unglücklich. Und ich hatte Angst. Ich wußte, daß David toben würde, wenn er von meinen regelmäßigen Besuchen bei Ken erführe, und davon, daß ich für ihn Geld gestohlen hatte.«
»Verständlich«, meinte Kelly, »davon wäre kein Mann sonderlich begeistert, oder?«
»David hat es verdient«, sagte Laura hart.
Kelly fixierte sie wie die Schlange das Kaninchen. »Hat er es auch verdient, erschossen zu werden?«
Laura brach in Tränen aus.
»Einspruch, Euer Ehren«, sagte Gina. »Sie schüchtern die Zeugin ein!«
Laura wischte sich die Tränen ab. »Irgendwie ist jetzt alles egal«, sagte sie. »Fragen Sie, was Sie fragen möchten, Inspektor.
Weitere Kostenlose Bücher