Schattenstürmer
ließ mich auf der anderen Seite hinunter, löste die Hände und landete im Gras. Ich hätte auch hinunterspringen können wie Ell – aber wozu? Um mir die Beine zu brechen? Kli-Kli stand allerdings noch immer auf der Mauer.
»Kli-Kli!«
»Achtung!«, fiepte er und kam mir entgegengeflogen.
Ich schaffte es gerade noch, die Arme auszubreiten und den Kobold aufzufangen.
»Und jetzt erklär mir, was du hier tust!«, fragte Ell.
»Ich helfe Garrett. Und sieh mich nicht so an!«
»Er rückt dir also auf die Pelle?«, fragte Ell nun mich, musterte dabei jedoch Kli-Kli.
»Ich begleite ihn nur zum Haus«, beeilte sich der Kobold zu versichern.
»Ich sollte dich fesseln.«
»Ich bin der königliche Narr und lasse es nicht zu, dass irgendwelche Fangzähne mich fesseln!«
»Ich vergeude doch nur meine Zeit mit euch«, stellte ich ärgerlich klar. »Entscheidet ohne mich, was ihr tut!«
»Gut, soll er dich begleiten.« Was blieb dem Elfen denn anderes übrig? Entweder er schnitt dem Kobold die Kehle durch, oder er ließ ihn gehen. Einen dritten Weg gab es nicht. »Wenn du irgendwas anstellst, Kli-Kli, zieh ich dir eigenhändig die Haut vom Leib.«
»Immer diese Drohungen. Als ob ich das nicht auch so wüsste!«
»Viel Glück, Garrett, wir sind in der Nähe.«
»Was ist mit den Patrouillen, Ell?«
Hier, unter den Bäumen im nächtlichen Park, war es sehr dunkel. Trotzdem hatte ich den Eindruck, Ell grinse.
»Drei haben wir umgebracht, der Westflügel ist frei.« Ell hob seinen asymmetrischen Bogen aus dem Gras auf.
Sicher. Je weniger Wachtposten, desto weniger Schwierigkeiten. Jetzt musste ich nur das Anwesen umrunden und zum Westflügel gelangen. Besser gesagt, zu den Fenstern, denn der Haupteingang war heute für mich versperrt. Wie auch alle anderen Ein- und Ausgänge. Deler hatte bei dem kleinen Umtrunk mit den Leuten des Grafen nämlich erfahren, dass an jeder Tür ein Posten stand, eine übliche Maßnahme aller, die ungebetene Gäste fürchteten. Folglich blieben nur die Fenster, und zwar die auf der Rückseite, denn dort gab es lediglich eine Patrouille, was die Gefahr, entdeckt zu werden, entschieden verringerte. Außerdem waren die Fenster im Ostflügel ja vergittert. Vom Westflügel musste ich mich zur Galerie und dann weiter durch den Gang mit den Porträts bis zum Schlafzimmer des Grafen durchschlagen.
»Beeil dich, Kli-Kli, bleib nicht zurück!«
Bei Sagoth! Wen hatte ich mir da nur aufgehalst?!
In dem dunklen Park erhoben sich die mächtigen Stämme der Bäume wie schwarze Silhouetten vor uns. Weiter hinten schimmerten die Lichter, die Fackeln am Haupteingang. Dort standen auch vier Wachtposten. Genauer: Nur einer stand, die anderen drei saßen auf den Treppen und unterhielten sich. Worüber, das konnte ich nicht hören, dazu war die Entfernung zu groß.
»Die schlafen nicht, diese Dreckskerle«, zischte Kli-Kli enttäuscht.
»Es ist ihre Pflicht, wach zu sein.«
»Ich meine die Kerle im Haus.«
In den Fenstern im ersten Stock brannte Licht. Das machte die Sache für mich schwieriger. Soll der Unaussprechliche diese Nachteulen doch holen!
»Wohin jetzt, Garrett?«
»Siehst du diese Bäume da?«
»Ja. Und?«
»Da laufen wir hin. Danach weiter zum Haus. Ich klettere dann zum Fenster hoch.«
»Aber man wird uns sehen!«
»Rede weniger und tu alles, was ich auch tue, dann wird man dich auch nicht sehen. Du kannst natürlich auch hier auf mich warten, dagegen hätte ich gar nichts.«
»Ich glaube, ich bin imstande, keine unnötige Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen«, erwiderte der Narr.
Zwischen dem Park und dem Haus lag eine Freifläche von vierzig Yard. Sie bestand aus Rasen und Rosenbeeten (besser gesagt: ganzen Rosenfeldern). Ich versuchte, die Strecke so schnell wie möglich hinter mich zu bringen.
Um uns herum herrschte Stille, nur der Wind rauschte in den Baumkronen. Kein Vogelschrei, kein Grillengezirpe. Kli-Kli und ich mussten mitten durch die Rosen rennen, wobei wir die weißen und gelben Blüten erbarmungslos zertraten. Der Gärtner würde uns morgen gewaltig verfluchen! Die Rosen rächten sich freilich sofort, indem sie mich mit dem betäubenden Aroma weiblicher Duftwässer verfolgten.
Ich hasse Rosen!
Als wir das Haus erreichten, schmiegte ich mich erleichtert gegen die Mauer und rang nach Luft. Kli-Kli schnaufte neben mir. »Ich habe nicht gewusst, dass die Arbeit eines Diebes so anstrengend ist.«
»Und so nervenaufreibend. Folge mir!«
Ich pirschte mich an der Wand
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