Schattenstürmer
hier vor?« Miralissa kam zu uns.
»Miralissa, ich habe einen Fisch gefangen! Ehrenwort! Einen Riesenfisch! Alle haben mir geholfen, ihn rauszuziehen, aber gefangen hab ich ihn ganz allein!«, brüstete sich Kli-Kli.
»Und was willst du damit machen?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete Kli-Kli. »Mitnehmen!«
»Willst du dieses Dreckvieh etwa essen?«, fragte Hallas entsetzt. »Der ist doch mindestens schon achtzig Jahre alt! Zähes, altes Fleisch, das nach Sumpf stinkt! Lass ihn lieber wieder frei!«
»Freilassen?«, fragte Kli-Kli zurück, entschloss sich dann aber, den großherzigen Sieger zu mimen und nickte gewichtig. »Ja, vielleicht sollten wir das tun. Schwimm, Fischlein, und vergiss nie, dass dir tote Katzen Unglück bringen. Dann schubst … diese Kreatur … mal zurück ins Wasser!«
Der Fisch, der sein Welsglück gar nicht fassen konnte, ließ das Wasser hoch aufspritzen und verschwand in der schwarzen Tiefe des Flusses.
»Du schuldest mir übrigens ein Goldstück«, erinnerte Bass Hallas.
Der Gnom schnaubte verärgert und kramte in seinem Beutel.
»Hast du gesehen, was ich für einen Fisch gefangen habe, Garrett?! Einen Riesenfisch, was?«
»Du bist wirklich der geborene Angler, Kli-Kli!« Ich ging dem selbstherrlichen Kobold um den Bart.
»Wirklich?« Er blieb sogar kurz stehen, um meine Antwort zu hören.
»Aber sicher«, antwortete ich seufzend. »Und jetzt nage deine Mohrrübe an und beruhige dich wieder.«
»Ich habe aber keine Rüben mehr«, erwiderte Kli-Kli traurig. »Die sind schon seit vorgestern Abend alle.«
»Tut mir leid.«
»He, Kli-Kli! Hilf Marmotte Brennholz sammeln!«, verlangte Ohm.
»Sofort! Komme schon!« Der Kobold hatte den Fisch bereits vergessen und rannte zu Marmotte, um ihm zu helfen.
Während das Lagerfeuer entfacht wurde, während Ohm das Essen vorbereitete und während wir anderen packten, zog der Morgen herauf. Die Sonne vertrieb die Sterne, nur das bleiche Gespenst des Mondes hing noch mit einer schmalen Sichel überm Horizont. Der Fährmann kam wieder, begleitet von sechs kräftigen, sehr jungen Arbeitern, und sagte, wir könnten ablegen. »Aber, werte Herren, Ihr werdet nicht alle auf einmal übersetzen können. Ihr seid schon so viele, und dann sind da auch noch die Pferde. Ich bringe Euch in zwei Fuhren rüber.«
»Auf gar keinen Fall«, antwortete Alistan, der dem Fährmann sechs Silberlinge abzählte. »Euer Nachbar ist auch schon da, also werden die Übrigen von uns mit ihm übersetzen.«
»Daraus wird aber nichts werden, Mylord. Wir haben schließlich auch unsere Berufsehre. Er setzt meine Kunden nicht über, ich nicht die seinen. Ihr müsst Euch schon mit zwei Fuhren abfinden, so leid es mir auch tut.«
Der andere Fährmann und seine Helfer blickten finster und unfreundlich zu ihrem Konkurrenten herüber.
»Gut, dann also in zwei Fuhren«, willigte Alistan ein. »Ohm, verteil deine Leute auf die beiden Fähren.«
»Kähne!«, knurrte Hallas, der ängstlich zur Fähre hinüberspähte. »Ich hasse Kähne!«
Das Gesicht des Gnoms zeigte die Farbe von zartem Frühlingsgrün.
»Keine Sorge, Hallas«, lachte Arnch. »Der Fluss ist ruhig, das Wasser glatt, und eh du dichs versiehst, bist du drüben.«
»Wenn der Kahn allerdings erst mal anfängt zu schaukeln, dann, mein lieber Arnch, wirst du den Magen eines Hackers kennenlernen«, mischte sich Deler lachend ein.
»Halt den Mund, du Kürbis!«, brüllte Hallas, der nach wie vor ängstlich auf den Fluss blickte. »Mir ist ohnehin schon schlecht!«
»Dann geh in die Büsche, um uns den Anblick zu ersparen, wenn du dich ausreiherst!«, riet ihm der Zwerg.
Hallas griff nach der Streithacke.
»Du musst singen«, empfahl Kli-Kli. »Mir hilft das immer.«
»Wirklich?« In den Augen des Gnoms mischten sich Unglaube und Hoffnung. »Und was soll ich singen?«
»Wie wär’s mit dem Lied vom Hammerschlag gegen das Beil ? Oder das Lied der wahnsinnigen Bergleute ?«, schlug Deler vor. »Und jetzt ab an Bord!«
Der Gnom schluckte, wurde noch grüner und erklärte zum wiederholten Male, er hasse doch Kähne. Dann betrat er die Fähre.
»Rauf mit dir, Kli-Kli!« Ohm schüttelte den grauen Kopf.
»Och nein! Ich fahr mit Garrett!«
»Wie du willst! Dann du, Lämpler! Das war’s! Legt ab!«
»Und los, Jungs!«, kommandierte der Fährmann von seinem Platz aus.
Die Jungs drehten die Trommel, das Stahlseil rasselte, und die Fähre setzte sich in Bewegung.
Nur Kli-Kli, Ohm, Arnch, Aal und ich sowie
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