Schattenstürmer
Mission ins Grenzkönigreich geschickt worden.
»Aber du solltest nicht vergessen, Erodge, dass diese Barbaren eine Macht darstellen. Ohne die Menschen werden wir mit unseren herzensguten Verwandten nicht fertig.«
»Vielleicht stellen die Menschen eine Macht dar, Trash Endargassa, aber sie sind auch hinterhältig, wortbrüchig, grausam und sehr gefährlich. Wir werden mit den Orks auch ohne sie fertig.«
»Mehrere Tausend Jahre Krieg gegen die Ersten haben bewiesen, dass dem nicht so ist, Erodge, mein Freund. Wir sind den Orks ebenbürtig, daher wird keiner von uns jemals diesen Kampf gewinnen. Mit der Armee der Menschen aber können wir diesen Krieg zu unseren Gunsten entscheiden.«
»Die Menschen treten dem Feind in Reihen und mit einer Kavallerie gegenüber, sie sind gar nicht imstande, im Wald zu kämpfen. Zumindest die meisten von ihnen nicht.«
»Dann müssen wir die Orks eben aus den Wäldern heraustreiben«, erwiderte Endargassa ungerührt.
»Bevor Euer Vater uns hierher geschickt hat, hätte er sich an die Ballade vom weichen Gold erinnern sollen, Trash Endargassa«, sagte Erodge. »Sie hält uns Elfen mit gutem Grund dazu an, den Menschen nicht zu vertrauen.«
»Du meinst die Zeile, in der es heißt, man solle sein Haus lieber selbst schützen? Ich kenne diese Ballade sehr gut. Aber sie berichtet von Dingen, die sich nie zugetragen haben.«
»Gewiss, Trash Endargassa. Trotzdem enthält sie eine Weisheit, die besagt, dass wir den Menschen besser nicht vertrauen sollten, weil sie nämlich erst die Orks und dann uns bekämpfen würden.«
Endargassa grinste nur. Erodge war nun einmal kein Verfechter des Bündnisses mit den Menschen.
»Die Menschen sind treulos, und Ihr tragt nicht einmal eine Rüstung!«, stellte Erodge anklagend fest.
Endargassa trug in der Tat nur ein Seidenhemd, auf dessen Brust die schwarze Rose gestickt war. Inmitten der neunundvierzig Krieger seines Gefolges, die sich ausnahmslos mit funkelnden Panzern aus bläulichem Metall schützten, wirkte er verletzlich.
»Wenn du bei dieser Hitze in Eisen schmurgeln willst, ist das dein gutes Recht«, erwiderte Endargassa. »Außerdem bist du ja bei mir, was soll mir da zustoßen?«
Erodge erwiderte kein Wort, blickte nur noch finsterer drein und beobachtete mit einem aufmerksamen Blick aus seinen gelben Augen die Menschen, die sich am Rand der Straße aufgebaut hatte, um den Einzug der Elfen zu verfolgen.
»Da kommt die Delegation, die uns empfangen soll«, sagte Endargassa und deutete auf eine Einheit aus zwanzig Reitern in schweren Panzern, die ihnen entgegengeritten kam.
»Trash Endargassa, im Namen unseres ruhmreichen Königs Stalkon Zerrissenes Herz begrüßen wir Euch und Eure Gefährten in der Hauptstadt Vagliostriens!«, rief ein Reiter in weißer und grüner Rüstung. »Ich bin Graf Pelan Helmy, Hauptmann der Königsgarde, und soll Euch zum Königspalast geleiten.«
»Sehr schön«, sagte der Elf. »Wir werden Euch folgen, Mylord Helmy.«
Der Graf nickte, und sie ritten weiter. Helmys Männer hielten die feiernde Menge an, dem Ehrengast des Königs Platz zu machen. Mylord Helmy zügelte sein Pferd und wartete auf Endargassa. »Wie Ihr seht, Trash Endargassa, feiern wir in der Stadt ein Fest. Deshalb sind auch so viele Menschen in den Straßen.«
»Und ich habe schon gedacht, sie seien nur hier, um mich zu begrüßen«, gab der Elf zurück.
»Das natürlich auch«, antwortete Mylord Helmy verlegen. »Ihr wisst, dass heute das jährliche Königsturnier stattfindet? Seine Hoheit lädt Euch ein, den Wettkämpfen zusammen mit ihm in der Königsloge beizuwohnen.«
»Mit Vergnügen.«
»Am Ende findet der Wettstreit der Bogenschützen statt. Es heißt, Ihr seid ein vorzüglicher Schütze, Trash Endargassa. Wollt Ihr Euch nicht auch versuchen?«
»Nein, vielen Dank.« Ein angedeutetes Lächeln kräuselte die schwarzen Lippen des Prinzen. »Ich glaube nicht, dass das sonderlich ehr…«
In der Luft pfiff etwas, und in diesem Augenblick durchbohrte ein Pfeil Endargassas Hals. Der Elf schwankte, fasste sich an die Kehle, krächzte und fiel vom Pferd aufs Straßenpflaster. Entsetzte Schreie erklangen. Die dunklen Elfen griffen nach ihren S’kaschs, die Menschen nach ihren Schwertern, die Menge stob auseinander, rempelte sich an, die Pferde gingen durch, kaum dass sie das Blut gerochen hatten. Die Elfen schrien und heulten, jemand warf sich auf den Körper und trachtete, die Blutung zu stillen, doch es war schon zu spät.
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