Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenstürmer

Schattenstürmer

Titel: Schattenstürmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
Vom Netzwerk:
ein kleines Fenster in der hohen, für mich nicht zu erreichenden Decke zu erkennen war. Ein Sonnenstrahl fiel auf mein Gesicht, unwillkürlich kniff ich die Augen zusammen. Der Wind, der zusammen mit der Sonne durch die Öffnung eindrang, brachte ein gleichmäßiges Heulen mit sich, als stöhne in meiner Nähe ein Riese, den vielleicht ein langer Arbeitstag ermüdet hatte. Das Meer musste in der Nähe sein, die Brandung war sehr gut zu hören.
    Das Meer? Wie konnte das sein? Wohin war ich bloß geraten? Und vor allem: Wie war ich hierhergekommen?
    Doch wenn ich nun Wurzeln schlug, würde ich die Antworten darauf bestimmt nicht finden. Deshalb verabschiedete ich mich von dem Licht und ging weiter, tauchte wieder in die unwirtliche Kälte ab. Meine Augen brauchten lange, um sich ans Dunkel zu gewöhnen. Einmal trat ich sogar ins Leere und wäre beinahe gestürzt. Sofort rührte ich mich nicht mehr vom Fleck und tastete mich behutsam mit dem rechten Fuß vor. Das hatte ich mir doch gedacht: eine Treppe. Und natürlich führte sie in die Tiefe, in eine noch finsterere und undurchdringlichere Düsternis (falls dergleichen überhaupt möglich war).
    Was tun?
    Der Weg, der weiter hinunter in die Tiefe dieses Gefängnisses führte (ich werde diesen Ort so nennen, solange ich nicht weiß, wo ich mich befinde), lockte mich wahrlich nicht. Sagoth weiß, auf was ich dort unten stoßen würde. Was gäbe ich nicht für eine Treppe nach oben, vorzugsweise zum Ausgang aus diesem schrecklichen und mysteriösen Gefängnis!
    Mir blieben also nur zwei Möglichkeiten: umkehren und zum Ausgangspunkt zurückgehen oder trotz allem weiter in die Tiefe hinabsteigen und dort eine Treppe suchen, die mich nach oben brachte. Die erste Variante erschien mir klüger als die zweite, aber diesen elend langen und ermüdenden Weg zurückzugehen – dazu fehlte mir die Kraft.
    Damit hieß es: nach unten. Nachdem diese Entscheidung getroffen war, stieg ich die Treppe vorsichtig hinunter. Ich hatte weder eine Öllampe noch eine Fackel, von einem magischen Feuer ganz zu schweigen, weshalb ich ständig mit einer Hand die Wand berührte und die Stufen zählte. Es waren vierundsechzig ausgetretene Stufen, die unter der Zeit oder unter den Tausenden von Füßen gelitten hatten.
    Der Gang ein Stockwerk tiefer war der eineiige Zwilling von dem, aus dem ich gerade kam. Auch hier tintenschwarze Finsternis und abgestandene, feucht-kalte Luft, die mir eine Gänsehaut verursachte, auch hier Wände aus rohem Stein, der mit Moos oder einer Flechte bedeckt war, auch hier Metalltüren mit Gitterfenstern. Der einzige Unterschied fiel mir auf, als ich meine Schritte zählte. Die Türen lagen nämlich hundert Schritt auseinander, nicht zwanzig wie bisher.
    Hier unten war es noch kälter. Nach einer Weile fing ich zu zittern an, ohne es zunächst selbst zu merken. Ich wagte mich nur langsam vorwärts, da ich fürchtete, irgendwo gegen etwas zu stoßen oder in einen Abgrund zu fallen. Nachdem ich auf meiner rechten Seite die siebente Tür ertastet hatte, veränderten sich die Wände des Ganges. Das rohe Steinmauerwerk und das Moos wichen Basaltfelsen. Die unbekannten Baumeister hatten den ganzen langen Gang direkt aus dem Gestein herausgehauen. Ich hatte den Verdacht, in die Kasematten von Gnomen oder Zwergen gelangt zu sein. Vermutlich waren es welche der Zwerge, denn wenn ich daran dachte, wie nah das Meer war und meine geografischen Kenntnisse bemühte, dann deutete alles auf die östlichen Ausläufer des Zwergengebirges. Im Osten grenzte es nämlich an das Meer der Stürme, von den Bewohnern des Grenzkönigreichs auch Östliches Meer genannt. Darüber nachzugrübeln, wie ich an einen Ort gekommen war, welcher derart weit von Ranneng entfernt lag, erschien mir sinnlos.
    Weit, weit vor mir flackerte in der Dunkelheit ein Licht. Ich blieb wie angewurzelt stehen und spähte in die Ferne. Das Licht flackerte noch einmal. Wahrscheinlich eine gerade erst entzündete Öllampe. Die Flamme bewegte sich im Takt desjenigen auf und ab, der sich langsam von mir entfernte.
    Was stand ich hier noch rum? Ein Licht – das bedeutete intelligente Wesen, selbst wenn diese auf ungebetene Gäste nicht allzu freundlich reagieren mochten. Da galt es eben, einen sicheren Abstand zum Lampenträger zu wahren, sich unauffällig zu bewegen und darauf zu hoffen, dass mich der Mann aus diesem grauenvollen und rätselhaften Gefängnis herausführte.
    Also eilte ich dem Licht hinterher, ohne mich weiter

Weitere Kostenlose Bücher