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Schattenstürmer

Schattenstürmer

Titel: Schattenstürmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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ganz wie eine Herde jener Wappentiere meines neuen Herrn, also Aals. Kli-Kli zischte und fauchte inzwischen wie ein erboster Kater, sobald er mich nur sah, bläute mir aber im Wettstreit mit Alistan nach wie vor Tatsachen ein. Als letzte Folter hatte er den Stammbaum des Herzogs für mich ausgewählt. Angeblich musste jeder Dralan die Ahnen desjenigen kennen, der ihm den Adelstitel verliehen hatte.
    Und dieser Stammbaum war keineswegs ohne! Sich zu merken, wer auf wen folgte, wer mit wem, wie, warum und wozu verheiratet worden war und wie viele Kinderchen die beiden am Ende in die Welt gesetzt hatten, bei denen es dann wieder zu wissen galt, wer auf wen, mit wem, wie und warum – und so weiter bis in alle Ewigkeit. Am Ende brachte ich alle neuen Verwandten Aals durcheinander und bezeichnete seine Großtante, die grundgute Herzogin de Larandon, als Cousine zweiten Grades des Großneffen in der Linie der sechsten Stiefschwester, die den Onkel der zwölften Schwester der Mutter geheiratet hatte. Kli-Kli spuckte verärgert aus und sagte, ich sei ein hoffnungsloser Fall, wenn ich mir nicht einmal die einfachsten Dinge merken könne. Anschließend verschwand er in der Küche der Schenke und ließ mich in der Gesellschaft von Arnch und Lämpler zurück, die sich bis eben noch die Bäuche vor Lachen gehalten hatten.
    »Bei der Verwandtschaft wäre ich längst von zu Hause weggerannt!«, presste Arnch zwischen zwei Lachanfällen heraus.
    »Bist du doch auch«, rief ihm Mumr in Erinnerung.
    Das löste bei Arnch weiteres Gelächter aus, und dann wischte er sich die Tränen weg, wobei er sich sein Bier beinahe übers Kettenhemd gegossen hätte.
    Am Abend befiel mich ein nervöses Zittern. Wie ein Garrinch im Käfig lief ich von einer Ecke der Schenke in die andere. Ich war mir sicher, all unsere Tändeleien und Spielchen mit dem Schicksal würden kein gutes Ende nehmen. Ich war bereit, bei Sagoth zu schwören, dass wir untergehen müssten. Und all das nur Kli-Klis wegen! Sollen ihn doch die Orks holen!
    »Marmotte«, wand ich mich an den Soldaten, der Triumphator gerade etwas Neues beibrachte, »hast du zufällig Kli-Kli gesehen?«
    »Guck mal in dein Zimmer, ich glaube, da treibt er sich rum.«
    Ach ja, der fürsorgliche Kobold wollte sich ja um meine Kleidung für den Empfang kümmern. Bisher war es mir übrigens nicht gelungen, einen Blick auf die Garderobe zu werfen. Kli-Kli weigerte sich hartnäckig, sie mir zu zeigen, offenbar weil er um meine Nerven fürchtete. Alle anderen Teilnehmer der Maskerade hatten ihr Kostüm bereits erhalten: grüne Paradeuniformen für die Wilden Herzen, auf deren Brust ein grauer Igel vor violettem Hintergrund gestickt war. Aal trug ein teures Adelsgewand von sattbrauner Farbe mit einem hohen gestärkten Kragen und breiten Ärmeln, Egrassa hatte bereits ein blau-gelbes Wams angezogen, auf das ein schwarzer Mond gestickt war, das Zeichen seines Hauses.
    Aus dem Zimmer, das ich mit Lämpler und Kli-Kli teilte, klang eine unbekannte Stimme: »Angeklagter! Bekennst du dich schuldig?«
    »Nein, ich bekenne mich nicht schuldig!«, fiepte Kli-Kli.
    »Du hast Gelegenheit zu einem letzten Wort, bevor das endgültige und gerechte Urteil gefällt wird.«
    »Geht doch alle zum Arsch ab!«, verkündete der Narr feierlich.
    »Dann vernimm das Urteil, du Unglücklicher!«
    In das Gespräch mischte sich eine dritte Stimme ein: »Wegen Entwendung persönlichen Eigentums wirst du zu Vierteilung verurteilt. Das Urteil wird unverzüglich vollstreckt.«
    Ich öffnete verwundert die Tür und spähte ins Zimmer, wobei ich insgeheim hoffte, dort das königliche Gericht samt Henker vorzufinden. Aber nein, das Zimmer war leer, von dem am Tisch sitzenden Kli-Kli einmal abgesehen. Vor ihm stand ein riesiger Teller mit großen Süßkirschen. Die geballte Aufmerksamkeit des Kobolds galt allerdings wichtigeren Dingen: Er musste einer Fliege, die er gefangen hatte, Beine und Flügel ausreißen.
    »Reicht es dir nicht allmählich, den Dummkopf zu spielen?«, fragte ich, während ich ins Zimmer trat und mir eine Handvoll Kirschen nahm.
    »Das ist nun einmal mein Beruf, Garrett«, erklärte der Kobold seufzend und warf alles, was noch von der Fliege übrig geblieben war, zum Fenster hinaus. »Aber wenn ich nie den Dummkopf gespielt hätte, könnte ich jetzt zu Hause in Sagraba sitzen und mich in Schamanismus üben!«
    »Bedauerst du etwa, wie es gekommen ist?«, fragte ich und spuckte einen Kern aus
    »Eigentlich nicht.

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