Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenstunde

Schattenstunde

Titel: Schattenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
Vom Netzwerk:
»Konnte-keine-Verbindung-zum-Internet-herstellen«-Mitteilung. Stattdessen öffnete sich die Seite. Offenbar waren wir nicht ganz so vollständig von der Außenwelt abgeschnitten, wie ich befürchtet hatte.
    Ich klapperte meine Lieblings-Sites ab und schlug die Zeit tot, während ich darauf wartete, endlich den Mut zu haben, meine E-Mails abzurufen. Ein paar Minuten mit den Einspielergebnissen vom Wochenende, und ich hatte den Kopf hinreichend frei bekommen. Dann tippte ich die URL meines MSN -Kontos ein.
    Der Browser arbeitete eine Minute lang vor sich hin und präsentierte mir dann ein »Seite-kann-nicht-angezeigt-werden«-Fenster. Ich versuchte es mit Hotmail und bekam das gleiche Ergebnis.
    »Chloe, da bist du ja.«
    Mrs. Talbot war hereingekommen.
    »Ich habe gerade …« Ich zeigte auf den Bildschirm. »Ich wollte meine E-Mails lesen, aber ich kriege immer bloß das da.«
    Sie kam näher, warf einen Blick auf den Bildschirm und seufzte. »Das ist diese NetNanny-Software oder was sie da auch verwenden. Die sperrt nicht nur gewisse Websites, fürchte ich. Du kannst E-Mails aber über unser Konto verschicken und empfangen. Dafür musst du das E-Mail-Programm verwenden, das auf dem Computer vorinstalliert ist, und Miss Van Dop bitten, dass sie das Passwort eingibt, damit du sie verschicken kannst. Lästig, ich weiß, aber wir hatten letztes Jahr ein Problem mit einem jungen Mann, der sich immer die falschen Sites angesehen hat, und als der Vorstand dahintergekommen ist …« Sie schüttelte den Kopf. »Wir bestrafen wegen einem einzigen schwarzen Schaf alle anderen, fürchte ich. Aber jetzt ist erst mal Essenszeit.«
     
    Beim Mittagessen traf ich meinen letzten Mitbewohner, Peter. Er sagte hallo, fragte mich, wie es so ging, und beschäftigte sich dann während des gesamten Essens mit seiner Playstation. Wie alles andere in Lyle House verlief auch dies sehr normal. Zu normal. Wann immer jemand sich bewegte, verspannte ich mich und wartete darauf, dass derjenige anfangen würde, in Zungen zu sprechen, oder plötzlich zu schreien begann, dass Käfer über den Teller krabbelten oder Ähnliches. Doch niemand tat irgendetwas dergleichen.
    Das Essen war gar nicht schlecht. Ein hausgemachter Auflauf mit jeder Menge Fleisch und Gemüse. Gesund zweifellos, genau wie die Milch und die Weizenvollkornbrötchen, die es dazu gab. Als Dessert hatte man uns Wackelpudding versprochen. Freude über Freude.
    Die Sirenen und kreischenden Reifen in Peters Spiel lieferten den größten Teil der Geräuschkulisse beim Essen. Rae war nicht aufgetaucht. Tori und Liz zischelten miteinander, zu leise, als dass ich mich hätte beteiligen können. Derek war zu sehr damit beschäftigt, den Auflauf in sich hineinzuschaufeln, um zu reden.
    Also blieb es Simon überlassen, den Gastgeber zu spielen. Er fragte mich, aus welchem Teil der Stadt ich stammte. Als ich zugeben musste, nie besonders lang in irgendeinem Viertel gewohnt zu haben, erzählte er, dass auch er viel umgezogen war. Er und Derek. Woraufhin wir begannen, Geschichten von unseren übelsten Umzügen auszutauschen, und Tori sich einschaltete, um eine eigene Umzugshorror-Geschichte beizutragen: aus ihrem Zimmer im Dachgeschoss in ihr Zimmer im Souterrain. Simon ließ sie zwei Minuten lang schwafeln und fragte mich dann, in welcher Klasse und an welcher Schule ich war.
    Ich wusste genau, dass er einfach nur nett sein und die Neue in die Unterhaltung einbeziehen wollte, aber wenn Tori eine Comicfigur gewesen wäre, dann wäre ihr inzwischen Rauch aus den Ohren gequollen. Ich war Mädchen wie ihr schon früher begegnet. Auf Besitzansprüche bedacht, ob es jetzt um eine Haarbürste, eine beste Freundin oder einen Jungen ging, auf den sie ein Auge geworfen hatten.
    »Kunstzug«, hauchte sie. »Das ist so
faszinierend
. Erzähl doch mal, Chloe. Was lernt ihr da? Geisterfotografie? Automatisches Schreiben?«
    Ich verschluckte mich fast an einem Stück Fleisch.
    »Oh.« Tori schaute Simon mit Rehaugen an. »Hat Chloe dir nicht erzählt, warum sie hier ist? Sie sieht Verstorbene.«
    Peter hob den Blick von seinem Spiel. »Im Ernst? Cool.«
    Als ich aufsah, hing Dereks Gabel auf halber Strecke in der Luft, seine grünen Augen starrten mich durch den Vorhang aus Haaren hindurch an, seine Lippen waren verzogen, als wollte er sagen:
Wie irr muss man sein, um sich einzubilden, dass man Geister sieht?
    »So ist das nicht. Ich-ich-ich …«
    »Jetzt geht das wieder los.« Tori seufzte. »Liz, knall

Weitere Kostenlose Bücher