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Schattenstunde

Schattenstunde

Titel: Schattenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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hast«, sagte ich. »Soll ich dir irgendwas besorgen?«
    Ihr Gesicht hellte sich auf. »Danke. Aber ich nehm mir vor dem Unterricht einfach einen Apfel. Ich nutze jede Entschuldigung, wenn ich nicht mit Königin Victoria essen muss. Du hast ja gesehen, wie sie ist. Bei mir ist es das Essen. Wenn ich mir viel auf den Teller lade oder noch mal nachnehme oder Nachtisch esse, bringt sie ihre kleinen Sticheleien an.«
    Ich muss verwirrt ausgesehen haben, denn sie fuchtelte mit einer Hand an ihrem Körper entlang.
    »Ja, es könnte sicher nicht schaden, wenn ich ein paar Kilo loswürde, aber ich brauche keine persönliche Ernährungsberaterin.« Sie ging zu einem Berg unsortierter Wäsche hinüber. »Kleiner Tipp? Geh der aus dem Weg. Sie ist wie eins von diesen Monstern, die ich mal in einem alten Film gesehen habe,
Vampire aus dem All,
bloß dass sie kein Blut getrunken, sondern einem die gesamte Energie ausgesaugt haben.«
    »Lifeforce – Die tödliche Bedrohung.
Tobe Hooper. Psychovampire.«
    Sie grinste und ließ dabei einen schiefen Eckzahn sehen. »Psychovampire. Das muss ich mir merken.«
    Bis jetzt hatte ich geglaubt, nicht hierher zu gehören, weil ich mir nicht verrückt vorkam. Aber ich wette, die anderen taten es auch nicht. Vielleicht war eine Geisteskrankheit mit Stottern vergleichbar. Ich hatte mein Leben mit dem Versuch verbracht, die Leute davon zu überzeugen, dass ich vielleicht stotterte, dies aber nicht bedeutete, dass sonst noch etwas mit mir nicht stimmte. Ich hatte ganz einfach ein Problem und gab mir alle Mühe, mit ihm fertigzuwerden.
    Leute zu sehen, die nicht da waren, zum Beispiel.
    Oder von Feuer fasziniert zu sein.
    Das bedeutete ja nicht, dass man ein Schizo war oder irgend so was.
    Je schneller ich die Situation akzeptierte, desto besser würde ich in Lyle House klarkommen. Desto schneller würde es mir bessergehen und desto schneller würde ich hier rauskommen.
    Ich sah mir die Wäscheberge an. »Kann ich helfen?«
    Sie zeigte mir, wie es ging. Noch so etwas, das ich noch nie getan hatte. Sogar im Sommerlager hatte es Leute gegeben, die die Wäsche für uns machten.
    Nach ein paar Minuten der Arbeit fragte sie: »Ergibt das für dich einen Sinn?«
    »Was?«
    »Jemanden an so einen Ort zu schicken, weil sie Feuer mag.«
    »Na ja, wenn das alles ist …«
    »Es gibt da noch mehr, aber es ist Kleinkram und hatte alles mit der Feuergeschichte zu tun. Nichts Gefährliches. Ich schade mir nicht und auch sonst niemandem.«
    Sie widmete sich wieder dem Wäschesortieren.
    »Magst du Mangas?«, fragte sie eine Minute später. »Anime?«
    »Anime ist cool. Ich bin jetzt nicht verrückt danach, aber ich mag japanische Filme, die animierten und die anderen.«
    »Na ja, ich steh drauf. Ich seh mir die Serien an, lese die Bücher, chatte in den Foren und so weiter. Aber ich kenne ein Mädchen, die steht
total
drauf. Gibt fast ihr ganzes Taschengeld für Bücher und DVD s aus. Sie kann ganze Dialoge auswendig.« Sie fing meinen Blick auf. »Würdest du sagen,
sie
gehört hierher?«
    »Nein. Die meisten Leute stehen auf irgendetwas, oder? Bei mir sind’s Filme. Ich weiß zum Beispiel, wer bei einem Film, der älter ist als ich, Regie geführt hat.«
    »Aber kein Mensch würde sagen, dass dich das zu einer Verrückten macht. Einfach nur verrückt nach Filmen. Fasziniert davon. Genau wie …«, sie holte die Streichholzschachtel aus der Tasche und ließ sie in ihrer Hand hin und her wandern, »… mit mir und dem Feuer.«
    Die Tür am oberen Ende der Treppe klickte.
    »Mädchen?«, rief Mrs. Talbots Stimme. »Seid ihr noch da unten?«
    Ihre Schritte kamen näher, bevor wir antworten konnten. Als ihr Schatten um die Ecke bog, riss ich Rae die Streichholzschachtel aus der Hand und schob sie unter das T-Shirt, das ich gerade zusammenlegte.
    »Rae?«, sagte Mrs. Talbot. »Unterricht fängt gleich an. Chloe …«
    »Ich mache das hier fertig und komme dann rauf.«
    Mrs. Talbot ging. Ich gab Rae ihre Streichholzschachtel zurück, sie formte mit den Lippen ein lautloses Danke und folgte der Schwester die Treppe hinauf. Und ich war allein im Keller.

7
    I ch warf ein rosa Wäscheset mit Liz’ Namen auf ihren Stapel und hielt dann inne. Wuschen wir auch die Unterwäsche der Jungen? Hoffentlich nicht. Ich wühlte in dem Haufen herum, fand aber nur Sachen, die Rae, Liz und Tori gehörten, und stieß einen erleichterten Seufzer aus.
    »Mädchen …«
    Eine Männerstimme über meinem Kopf. Ich verspannte mich,

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