Schattenstunde
hatte den Vorschlag, es jeweils nur mit einem einzigen Wort zu versuchen, gehört, und genau das taten wir auch. So kamen wir besser voran, auch wenn mir das Ganze ein bisschen wie Pantomime vorkam: Er sagte ein Wort immer wieder, so lange, bis ich es aufgeregt wiederholte, wenn ich es endlich verstanden hatte.
Ich begann mit Fragen nach ihm selbst und erfuhr, dass er selbst ebenfalls ein Nekromant war. Er hatte sich im Krankenhaus aufgehalten, als ich eingeliefert wurde. Es hatte irgendetwas damit zu tun, Geister davon abzuhalten, dass sie die Patienten in der psychiatrischen Abteilung behelligten – diesen Teil verstand ich nicht recht, aber es war auch nicht weiter wichtig.
Geister erkennen Nekromanten. Er hatte also gewusst, was ich war. Als er durchschaut hatte, dass
ich
nicht wusste, was ich war, hatte er auch gewusst, dass ich Hilfe brauchte. Aber bevor er einen Kontakt zu mir herstellen konnte, war ich verlegt worden, und so war er mir nach Lyle House gefolgt. Das Problem war nur, dass Lyle House auf irgendeine Weise gegen Geister abgeschirmt war. Er glaubte, es handelte sich dabei um eine Zauberformel, aber als Derek dies anzweifelte, gab er zu, dass es alles Mögliche sein konnte – von den Baumaterialien bis zur Lage des Hauses. Mit Sicherheit wusste er nur, dass die einzigen Bereiche des Hauses, wo er wenigstens ein Stück weit eine Verbindung zu mir aufnehmen konnte, der Keller und der Dachboden waren.
Was die Leichen im Kriechkeller betraf, so wusste er zwei Dinge. Erstens, sie waren ermordet worden. Zweitens, sie waren Paranormale gewesen. Angesichts dieser beiden Umstände war er überzeugt, dass ihre Geschichten von Bedeutung waren. Er konnte sie nicht selbst in Erfahrung bringen, da er, seitdem er einer von ihnen geworden war, mit den Toten nicht mehr so leicht Kontakt aufnehmen konnte wie zu Lebzeiten.
»Aber sie waren nichts als Skelette und vertrocknetes Fleisch«, sagte Derek. »Wie Mumien. Was denen auch passiert ist, es hat mit uns, hier, jetzt nichts zu tun.«
»Vielleicht«, war alles, was der Geist dazu sagte.
»Vielleicht?« Derek warf die Hände in die Luft und begann auf und ab zu gehen. Er murmelte dabei vor sich hin, aber ich hörte keinen Ärger, nur Frustration. Er versuchte, aus der ganzen Sache schlau zu werden, einen Zusammenhang zu erkennen, während er eigentlich im Bett liegen und sein Fieber auskurieren sollte.
»Samuel Lyle«, teilte der Geist mir als Nächstes mit. »Ursprünglicher Besitzer. Kennt ihr ihn?«
Ich kannte ihn nicht. Ich fragte Derek.
»Woher soll ich den Typ kennen, der vor hundert Jahren das Haus hier gebaut hat?«
»Sechzig«, sagte der Geist, und ich gab es weiter.
»Und wennschon.« Derek verlegte sich wieder aufs Hinundherrennen. »Weiß er überhaupt, welches Jahr wir haben?«
Ich hätte darauf hinweisen können, dass der Geist sich offensichtlich über das aktuelle Jahr im Klaren sein musste, wenn er wusste, dass dieses Haus vor sechzig Jahren gebaut worden war, aber Derek maulte einfach nur. Das Fieber musste es ihm schwermachen, sich zu konzentrieren.
»Paranormaler«, sagte der Geist. »Lyle. Magier.«
Als ich das weitergab, blieb Derek immerhin stehen.
»Der Typ, der den Laden hier gebaut hat, war ein Magier?«
»Schwarze Magie. Alchemist. Experimentierte. An Paranormalen.«
Ein Schauer rann an meinen Armen hinauf, und ich verschränkte sie. »Glauben Sie, das war … dass die Leute im Keller so umgekommen sind? Dass dieser Magier, Lyle, mit ihnen rumexperimentiert hat?«
»Woher weiß er eigentlich so viel über den Typ?«, erkundigte sich Derek. »Er ist nur hier, weil er dir hierher gefolgt ist, oder?«
»Jeder hat es gewusst«, antwortete der Geist. »In Buffalo. Alle Paranormalen. Wussten, wo er gelebt hat. Haben sich ferngehalten. Oder nicht.«
Derek schüttelte den Kopf. »Ich wüsste immer noch nicht, wieso irgendwas davon uns betreffen sollte.«
»Vielleicht«, antwortete der Geist. »Vielleicht nicht. Müsst fragen.«
Derek zischte einen Fluch und rammte eine Hand gegen die Wand, so heftig, dass ich zusammenzuckte. Ich ging zu ihm hinüber.
»Geh ins Bett. Du hast wahrscheinlich recht. Ich bin mir sicher, es ist nichts.«
»Das sage ich nicht. Ich sage bloß … Ein Magier hat den Laden hier vor sechzig Jahren gebaut, im Keller sind Paranormale begraben, und jetzt sind wir hier. Drei paranormale Jugendliche. In einer Einrichtung, die nach ihm benannt ist. Bedeutet das irgendwas? Oder wurde das Haus einfach nur
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