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Schattensturm

Schattensturm

Titel: Schattensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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finden, doch er war glatt und extrem schwierig zu gehen. Veronika rutschte mehrmals aus und musste sich mit den Händen abfangen, so dass ihre Finger trotz der warmen Handschuhe bald eisig kalt gefroren waren. Gunnar ging es etwas besser, aber auch er fluchte.
    »Es muss einen besseren Weg geben, das zu regeln!«, murrte Veronika. »Man könnte hier oben eine Hütte bauen und sie mit zwei oder drei Mann besetzen, statt jedes Mal, wenn der Wachzauber aktiviert wird, wie ein Blöder hier hochklettern zu müssen!«
    »Das ist meines Wissens der erste Alarm, seitdem wir Norweger die Festung kontrollieren, so oft scheint das nicht zu passieren.Findet Ihr wirklich, dass wir deswegen ein paar arme Schweine hier draußen frieren lassen sollten?«
    »Dann lass mich wenigstens über das Pech lästern, dass ausgerechnet
uns
dieser Alarm trifft!«
    Gunnar brummte nur zur Antwort.
    Veronika sah sich immer wieder misstrauisch um – was war, wenn Schatten im gestreckten Galopp den Pass entlanggeritten kamen? Würden sie ihnen dann nicht den Rückweg abschneiden? Aber natürlich war ein gestreckter Galopp bei diesen Witterungsverhältnissen nicht möglich – der Weg weiter den Pass entlang versank im Tiefschnee, während das Stück zwischen der Festung und dem Pfad zum Aussichtspunkt alle paar Tage begangen oder beritten wurde. Trotzdem zog Veronika es vor, vorsichtig zu sein.
    Sie brauchten etwa zehn Minuten für den Anstieg, bis sie schließlich den Aussichtspunkt erreichten. Er war nicht besonders beeindruckend, nicht mehr als ein Felsvorsprung, der endlich den Blick um den Knick im Tal herum ermöglichte. Vorsichtig legte Veronika die letzten Meter zurück und sah nach unten. Sie kannte die Aussicht bereits, sie war nicht das erste Mal hier. Der Trollstigen-Pass verlief durch eine fantastische Kulisse aus Schnee, Fels und Einsamkeit. Der Fleck, auf dem sie sich befand, war ein guter Ort, um melancholisch zu werden.
    Heute brachte er Veronika jedoch keine Schwermut. Heute brachte er ihr nackte Angst.
    Eine Menschenkolonne wand sich den Pass entlang, auf die Entfernung kaum mehr als dunkle Punkte vor dem hellen Schnee. Veronika konnte kaum Einzelheiten erkennen, aber das, was sie sah, reichte aus, um ihr alles zu sagen, was sie wissen musste. Sie hatten lange Leitern bei sich. Sie waren bewaffnet. Und sie waren viele.
Verdammt
viele. Das, was sie dort unter sich sah, war ein Heer.
    »Was ist?«, fragte Gunnar hinter ihr.
    Sie antwortete nicht, sondern versuchte abzuschätzen, wie viele Leute es sein mochten. Es gelang ihr nicht. Der Heerwurm war solang, dass in der Ferne im Zwielicht des Morgens die einzelnen Menschen miteinander verschwammen. Es waren mindestens tausend, schätzte sie und korrigierte sich sogleich selbst.
Tausend sind Wunschdenken. Das sind fünf-, oder vielleicht sogar zehntausend!
    Gunnar trat neben sie und erstarrte. »Pferdeschwanz«, entfuhr es ihm.
    »Zeig mir das Pferd, das einen solchen Schwanz hat«, kommentierte Veronika. »Wie viele schätzt du?«
    Der Berserker winselte. »Tausende«, murmelte er schließlich. Er nahm die Mütze vom Kopf und raufte sich die Haare. »Heilige Scheiße«, murmelte er auf Deutsch.
    »Das kannst du laut sagen. Los, komm, wir müssen zurück. Je schneller wir diese Glocke schlagen, desto eher kommt unsere Verstärkung!«
     
    Wolfgang zuckte zusammen, als das Telefon klingelte. Er warf sich auf das Bett, um zu dem Gerät auf dem Nachttisch auf der anderen Seite zu reichen, und griff nach dem Hörer.
    »Wolf«, meldete er sich. Das war der Name, den er auch an der Rezeption angegeben hatte.
    »Köhler«, meldete sich Kollborn mit dem Rufcode, den sie abgesprochen hatten.
    Ein Stein fiel von Wolfgangs Brust.
Endlich
. Er hatte schon Schlimmstes befürchtet, sowohl Radio als auch Polizeifunk waren voll von Berichten über Schießereien und Krawalle. »Köhler, gut, dich zu hören. Wie sieht es aus?«
    »Beschissen«, kam die Antwort.
    Wolfgangs Erleichterung verflog so schnell, wie sie gekommen war. »Ihr habt ihn nicht?«
    »Nein. Ein paar dieser Rattenviecher waren vor uns da. Sie hatten Polizeiuniformen an. Wir haben versucht reinzukommen, aber sie haben uns ohne Vorwarnung angegriffen! Wir konnten sie abwehren und haben das Kommissariat gestürmt, aber sie haben ihn umgebracht, bevor wir bei ihm waren.«
    Wolfgang legte mit zusammengepressten Augen eine Hand über die Sprechmuschel und fluchte leise »Verdammt! Verdammt! Verdammt!« Dann stieß er einen Seufzer aus, nahm

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