Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattensturm

Schattensturm

Titel: Schattensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
Vom Netzwerk:
von ihnen ein steiler Geröllhang hinab zur Wasseroberfläche des Fjordes führte, die durch den Dunst bereits nicht mehr zu erkennen war. In der Stille des Nebels war das rhythmische Rauschen der Brandung das einzige Geräusch, das nicht durch die Reiter verursacht wurde.
    »Herr Derrien?«, fragte einer von Baturix’ Helvetiern hinter ihm nach einer Weile.
    »Ja?«
    Als ob sein Ja eine Erlaubnis oder gar eine Aufforderung gewesen war, lenkte der Mann sein Pferd nach vorne. Derriens Stute schnaubte unruhig und spannte sich an.
    »Herr Derrien?« Es war ein großgewachsener Mann von hagerem Wuchs und einem pockennarbigen Gesicht, der zusammengesunken im Sattel saß, die Kapuze eines mehrfach geflickten Umhangs über den Kopf gezogen. Sein Pferd war ein braunweiß gescheckter Wallach, der ebenso nervös wirkte wie Derriens Stute.
    »Was ist?«, fragte ihn Derrien. Doch der Mann ließ sich mit einer Antwort Zeit, so lange, dass er ungeduldig hinzufügte: »Los, heraus mit der Sprache!«
    »Herr«, setzte der Helvetier von neuem an, »glaubt Ihr denn …« Sein Blick ging nach unten, zur Seite, in den Himmel, überall hin, nur nicht in Derriens Gesicht. »Meint Ihr«, fasste sich der Helvetier schließlich ein Herz, »wir können den Krieg noch gewinnen?«
    »
Was
?« Ruckartig starrte Derrien ihn an.
    Der Helvetier senkte den Blick. »Ich weiß, ich sollte Euch das nicht fragen –«
    »Du hast recht!«, blaffte Derrien. »Du solltest das nicht fragen! Wir haben gerade erst eine Schlacht
gewonnen
, was fällt dir ein?!«
    Seine Stute tänzelte irritiert zur Seite, hob den Kopf, um den Wallach neben ihr besser anstarren zu können. Derrien ignorierte ihre Unruhe, so erbost war er über den Mann. Eine so vorlaute Frage musste bestraft werden, es fragte sich nur noch, wie …
    Der Helvetier ließ immer noch nicht locker. »Ich stamme aus der Außenwelt, müsst Ihr wissen, und ich bin nicht dumm. Ich kann eins und eins zusammenzählen –«
    »Ach«, unterbrach ihn Derrien, »scher dich nach hinten!«
    Die Stimme des Helvetiers nahm einen verzweifelten Ton an. »Ich will doch bloß wissen –«
    Diesen Moment suchte sich Derriens Stute aus, um den Wallach zu beißen. Das Tier sprang erschrocken zur Seite, verlor den Halt auf dem schlüpfrigen Fels und stürzte den Geröllhang hinab. Schmerzensschreie von Pferd und Reiter drangen durch den Nebel. Derriens Stute stieg mit einem wilden Wiehern auf die Hinterbeine und warf ihn um ein Haar aus dem Sattel. Das Pferd trampelte panisch, Matsch und Kies spritzten unter ihren Hufen nach allen Seiten. Irgendwo im Nebel unter ihnen hörte er ein räudiges Knurren und schmerzerfülltes, schrilles Wiehern.
    Murdoch kam heran und griff nach den Zügeln, die Derrien im Schreck hatte schießen lassen. Derrien glitt aus dem Sattel, ließ den Schotten mit dem Pferd zurück und rutschte auf dem Geröll schlitternd den Abhang hinab. Das Geschrei des Helvetiers wurde lauter, bis sich schließlich kurz vor der Wasseroberfläche die Umrisse des gescheckten Pferdes aus dem Nebel schälten, unter dem der Mann begraben lag. Von oben hörte Derrien das Prasseln von Kies, als seine Männer ihm den Abhang hinab folgten.
    »Vorsicht!«, stöhnte dieser auf, im selben Moment, in dem Derrien hinter sich erneut jenes kehlige Knurren vernahm.
    Er wirbelte herum. Ihm gegenüber, nur drei Schritt entfernt, kauerte ein großer schwarzer Wolf sprungbereit im Gebüsch, die Ohren zum Kampf nach hinten an den Kopf gelegt, die Nackenhaare zu Berge gestellt, die Zähne gefletscht. Und er war nicht allein, aus den Augenwinkeln erkannte Derrien weitere dunkle Umrisse im Nebel. Einen Moment lang starrte er in die ölig-irisierenden Augen des Tiers.
Geisteraugen, und was für ein Geist wird es schon sein, so tief im Schattennebel wie hier?
    »PHANTOM!«, brüllte er und riss das Schwert aus der Scheide.
    Der Wolf sprang im selben Augenblick. Derrien drehte sich zur Seite, schwang die Waffe mit einem Rückhandschlag in die Flanke des Geistes.
Wasserklinge
schnitt durch den Geisterkörper wie durch Butter. Ein Sturzbach aus Rauch floss aus der Wunde und verwandelte den Wolf, noch ehe er auf den Boden schlagen konnte, in eine graue Wolke.
    Derrien wirbelte herum, das Schwert hoch zum Schlag erhoben. »Na, kommt doch!«, keifte er, während das Blut in seinen Ohren rauschte und die Stimmen seiner Ahnen nach mehr Blut lechzten. »Wer will noch mal? Kommt und schmeckt meine Waffe! Das ist eine magische Klinge,

Weitere Kostenlose Bücher