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Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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Rolle als genialer Hofnarr zu schlüpfen. Bereits eine Stunde später lachten gut einhundert Soldaten über ihre Scherze, Liedchen und Gedichte. Weitere zehn Minuten später wusste der ganze Zug von dem scharfzüngigen Kobold, der im vorderen Teil mitritt. Natürlich riefen die anderen fünfhundert Kli-Kli zu sich. Die kleine Nervensäge war hochzufrieden. Sie stand wieder im Mittelpunkt und unterhielt die Soldaten, bis wir bei Einbruch der Nacht ein Dorf erreichten.
    Die Einwohner hatten uns bereits erwartet. Da für eine solche Schar die Betten in den Häusern nicht ausreichten, hatte der hiesige Baron, der mit seinem kleinen Gefolge in einem naheliegenden Schloss residierte, Vorkehrungen getroffen, um die teuren Gäste und Sieger unterzubringen. Dank Egrassa wurde auch uns ein Haus zugewiesen, in dem wir übernachten konnten.
    Während Egrassa, Aal und ich auspackten, verschwand Kli-Kli irgendwohin. Hallas und Lämpler ließen sich fast auf Händen zur Dorfmitte tragen, wo die ruhmreichen Soldaten gefeiert werden sollten. Der Gnom dürfte hier Zuhörer zuhauf finden. Die Soldaten luden auch uns ein, aber ich lehnte sofort ab, und Aal schüttelte nach kurzer Überlegung ebenfalls den Kopf. Egrassa wurde von dem Baron an die Festtafel gebeten, und der Elf ließ Höflichkeit walten und nahm die Einladung an.
    »Wo sind eigentlich die Leute, die sonst hier wohnen?«
    »Weggegangen. Das Haus steht zu unserer freien Verfügung. Selbst wenn sich Hallas heute betrinkt und ein paar Töpfe zerschlägt, wird es daher keinen Ärger geben. Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen.«
    »Wie kommst du darauf, dass ich mir Sorgen mache? Ich bin nicht zum ersten Mal in einem fremden Haus, während die Hausherren nicht da sind.«
    »Glaub ich gern«, erwiderte er grinsend. »Was das Haus angeht … Die Bauern sind sogar froh, dass sie uns diesen Dienst erweisen können. Obendrein kommen sie nun auch zu einem Fest. Außerdem sorgt der Baron für unsere Verpflegung, nicht sie …«
    »Und wer sorgt für die Verpflegung des Barons?«, hielt ich dagegen, aber Aal ging gar nicht auf die Bemerkung ein.
    »Und es ist ja auch nur für eine Nacht«, fuhr Aal fort. »Im Übrigen hätten sie womöglich gar kein Haus mehr, wenn die Soldaten die Orks nicht besiegt hätten.«
    »Wollen wir vielleicht doch zu den anderen gehen?«
    Es war bereits dunkel, und ich atmete die kalte, winterliche Luft ein.
    »Es riecht nach Schnee«, meinte Aal, als habe er meine Gedanken gelesen.
    »Ganz schön eisig«, erwiderte ich. »Der November wird in diesem Jahr kalt werden.«
    »Das nennst du eisig? Das ist doch nur ein leichter Frost«, entgegnete Aal. »Siehst du, wie trüb die Sterne sind? Bei starkem Frost funkeln sie wie die Edelsteine in der Krone des Königs.«
    »Unser Stalkon hat aber nicht so viele Steine in seiner Krone.«
    »Ich habe vom König in Garrak gesprochen.«
    »Ach so!«, sagte ich bloß.
    Wir schwiegen eine Weile und lauschten auf das fröhliche Gelärm, das durch die Nacht wogte.
    »Sie feiern, als wäre überhaupt kein Krieg«, murmelte ich.
    »Gönn ihnen das Vergnügen. Morgen geht der Krieg weiter – lass sie heute einmal alles vergessen. Was soll schon schlecht daran sein?«
    »Nichts«, sagte ich verlegen. »Wahrscheinlich tun sie ganz recht.«
    »Was bedrückt dich, Garrett?«
    Ich suchte nach Worten, fand aber nicht die richtigen. »Das ist nicht so einfach zu erklären. Die Worte des Grauen gehen mir im Kopf herum, der Herr, das Horn des Regenbogens und das Gleichgewicht. Mich beunruhigt der Gedanke, dass ich – ohne es zu wollen – eine Giftschlange an meiner Brust nähre.«
    »Dann denk halt nicht daran.«
    »Bitte?«
    »Sieh mal her!« Er zog die »Schwester« aus der Scheide. »Was ist das?«
    »Eine Waffe«, antwortete ich verwundert.
    »Richtig, eine Waffe. Aber musst du sie fürchten?«
    »Nein«, antwortete ich.
    »Richtig. Denn die ›Schwester‹ liegt in meiner Hand. Alles hängt davon ab, wer die Waffe trägt und welches Ziel er verfolgt. Das Horn des Regenbogens ist genau wie die ›Schwester‹ eine Waffe. Gegenwärtig bist du derjenige, der sie in Händen hält. Und ich glaube nicht, dass du beabsichtigst, unsere Welt damit auszulöschen.«
    »Aber sie wird nicht immer bei mir sein.«
    »Dann wird der Orden sie an sich nehmen. Traust du den Magiern nicht?«
    »Doch schon, aber die Worte des Grauen …«
    »Die Worte des Grauen sind nur Worte, mehr nicht. Meine alte Großmutter, möge sie im Licht weilen,

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