Schattentänzer
sie den auch auf dem Gewissen?«
Er zuckte mit den Schultern. »Was ist mit der blonden Frau?«
»Vielleicht. Was machen wir jetzt mit all den Informationen?«
Carla Lindo verbesserte Dean nicht. Also war sie auch eine von den Frauen, die ihm alles durchgehen ließen.
Sie unterbrach meine selbstmitleidigen Grübeleien. »Werden Sie mir helfen, Mr. Garrett?«
Ich hätte ihr gern gesagt, daß ich sie nicht aus den Augen lassen würde. Das wäre zu schmerzhaft, so, als würde ich mein Augenlicht verlieren. Meine Augen könnten die Finsternis nicht ertragen, die herrschte, wenn sie gegangen war. Aber ich blieb geschäftlich. Mit Ach und Krach. »Ja. Ich glaube, unsere Interessen laufen parallel.« Wäre nicht das erste Mal, daß ich auf eine Klientin hereingefallen wäre, die sich als faules Ei herausstellte.
Mein Kommentar verwirrte Carla Lindo. Ich sah Dean an, und der zuckte mit den Schultern. Er hatte ihr weder von Tinnie noch von dieser Doppelgängerin erzählt, die mich engagiert hatte.
»Miss Ramada … Ich bin gestern sehr persönlich in diese Angelegenheit hineingezogen worden. Eine gute Freundin wollte mich besuchen. Sie hat ungefähr Ihre Größe und ebenfalls rotes Haar. Ein Mann hat sie direkt vor meiner Tür zu töten versucht. Ganz offensichtlich ein Handlanger der Schlange. Ich nehme an, daß er sie mit Ihnen verwechselt hat. Also habe ich wohl noch eine Rechnung zu begleichen.«
Der Tote Mann berührte meinen Geist. Er hatte anscheinend etwas, was er mir mitteilen wollte, und zwar sozusagen unter vier Augen. »Entschuldigen Sie mich, ich muß mal für eine Minute vor die Tür. Erklär es zu Ende, Dean.«
Der alte Mann nickte. Er wirkte mitgenommen, als wäre Tinnie gerade erst niedergestochen worden. Vermutlich konnte er es besser erklären als ich. Er tat jedenfalls nicht so, als wäre er ein harter Bursche.
Dabei fühlte ich mich weder hart noch unverwundbar.
18. Kapitel
Ich betrat das Zimmer des Toten Mannes und begann langsam, mich selbst zu bedauern. Bisher war ich noch gar nicht dazu gekommen, mich gehörig in Selbstmitleid zu wälzen. Ich glaube, es wurde langsam fällig. Das gehört zur Natur des Menschen.
»Was gibt’s? Ist sie auch eine Fälschung?«
Diese ist echt. Sie ist wie ein offenes Buch … leicht zu lesen, obwohl, ehrlich gesagt, nicht viel drin steht. Sie ist nicht besonders helle. Sei nett zu ihr, Garrett.
»Ach, Mist. Das ist nicht fair.«
Er lachte in meinem Kopf. Es gibt so eine Nettigkeit und so eine, Garrett. Ich verlange nicht von dir, aufzuhören, menschlich zu sein.
»Großartig.« Aber es fehlte nicht viel daran. »Was liegt an?« Beim Anblick dieser Masse toten Fleisches und dem Gedanken an Carla Lindo im anderen Zimmer bekam ich Entzugserscheinungen.
Ein wichtiger Faktor ist dir entgangen. Nein, nein, du brauchst dich nicht zu genieren. Wie nachsichtig. Ich selbst bin nicht darauf gestoßen, bis du Miss Ramada erzählt hast, wie knapp Miss Tate dem Tod entronnen ist.
So ist er. Nie rückt er eine Information direkt heraus, sondern versucht mich immer dazu zu bringen, selbst darauf zu kommen. »Also?«
Diesmal spielte er nicht lange mit mir herum. Du hast der angeblichen Miss Ramada vorher denselben Bericht gegeben. Sollte diese Frau tatsächlich die Schlange gewesen sein, wovon ich mittlerweile überzeugt bin, wußte sie da bereits, daß nicht Miss Ramada bei dem Attentat verletzt worden war und folglich noch gar keine Ahnung von dieser Bedrohung hatte. Also gab es nichts, wovor die Schlange hätte Angst haben müssen. Vermutlich hatte sie auch etwas mit deinem Abenteuer vor dem Zwergenhaus zu tun. Nehmen wir an, daß dieses Haus hier nicht beobachtet wurde, während du weg warst, weil niemand erwartete, daß du zurückkehren würdest…
»Verstehe. Du glaubst, sie hat deine Anwesenheit bemerkt.«
Das hat nichts zu bedeuten. Es ist allgemein bekannt, daß du bei einem Loghyr wohnst. Sie dürfte es erfahren haben, sobald sie anfing, Fragen zu stellen.
Ich verzichtete auf einen Streit, wer hier bei wem wohnte, sondern dachte darüber nach, was wir über die Schlange wußten. Es war nicht viel, aber wenn sie genug Macht hatte, ein Buch zu erschaffen, das soviel Aufregung verursachte, dann war sie vielleicht auch einflußreich genug, uns Ärger machen zu können. Der Tote Mann bewerkstelligt unglaubliche Dinge, aber Stärke ist nicht alles. Manchmal muß man hüpfen und sich durchschlängeln, und er ist einfach nicht flink genug auf den
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