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Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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bewußt.«
    »Was heißt das?« Der Tote Mann hatte mich gewarnt. »Sie haben praktisch Tür an Tür gelebt und sie nie gesehen? Sie muß Sie jedenfalls kennen, wenn sie eine Seite in ihrem Buch erschaffen hat, durch die sie sich in Sie verwandeln kann.« Und sie mußte sie verdammt genau gesehen haben. Das einzige, was sie übersehen hatte, waren die Sommersprossen.
    »Sie ist immer in ihrem Turm geblieben und hat nur diejenigen hereingelassen, die sie sehen wollte. Die Zwerge, die Riesen und die unheimlichen Rattenmänner. Sollte ich sie zu Gesicht bekommen haben, wußte ich nicht, daß sie es war. Ich bin sicher, daß ich sie nie bewußt gesehen habe.«
    Das Schloß des Barons mußte ein seltsamer Ort gewesen sein. Ich hätte mich dort nicht länger als unbedingt nötig aufgehalten, es sei denn, Carla Lindo hatte noch vier oder fünf Schwestern. Vielleicht lohnte es sich ja, herauszufinden, ob noch mehr wie sie dort wohnten.
    Anscheinend zeigten sich meine Gedanken deutlich auf meinem Gesicht. Jedenfalls sah sie mich an, als könnte sie meine Gedanken lesen. Ich stammelte etwas herum. »Sie können mir nichts erzählen, womit ich etwas anfangen kann?« brachte ich schließlich hervor.
    »Nein. Ja. Sie trägt einen Ring, den ich allerdings auch nie gesehen habe. Am Mittelfinger der rechten Hand. Sie nimmt ihn niemals ab. Es ist eine Schlange, die sich dreimal um den Finger wickelt. Mit dem Kopf einer Kobra. Angeblich befindet sich ein Gift in dem Ring, das einen augenblicklich töten kann.«
    »Gut zu wissen.« Ich dachte nach. »Die Frau, die hier war, trug keinen Ring. Glaube ich jedenfalls.« Die Erinnerung daran war immer noch verschwommen. »Hast du einen bemerkt, Dean?«
    »Nein.« Guter Mann. Er unterließ es, die andere Rothaarige zu erwähnen.
    »Das bedeutet, unter bestimmten Bedingungen nimmt sie ihn doch ab. Gibt es noch ein anderes Merkmal?«
    Carla Lindo errötete, was bei ihrer Haarfarbe besonders entzückend wirkte. Aber ich konnte mir sowieso nichts vorstellen, was bei ihr nicht entzückend aussehen würde. Es genügte schon, wenn sie einfach nur atmete.
    »Sie hat eine Tätowierung«, sagte sie. »Angeblich. Daher hat sie ihren Namen. Die Schlange.«
    »Wie?« Ich erinnerte mich undeutlich an einen Kameraden meiner Kompanie bei den Marines, den wir hartnäckig Affenschwanz nannten. Der Name haftete ihm so lange an, bis er eines Nachts so besoffen war, daß er zu einem Tätowierer ging. Danach nannten wir ihn den Schlangenschwanz. Sollte er noch am Leben sein, wird er es bestimmt bereuen. Es sei denn, er hat daraus eine Varietenummer gemacht.
    Das Mädchen stand auf. »Angeblich ist auf ihrer ganzen Vorderseite das Gesicht einer Schlange eintätowiert.« Sie machte eine Handbewegung. »Ihre Brüste sollen die Augen der Schlange sein.«
    Junge, Junge. Was für eine Idee. Ich stellte mir vor, morgens aufzuwachen und einen Blick neben mich zu werfen. Das würde die Leidenschaft ganz schnell abkühlen. Kein Wunder, daß sich der alte Steinziffer mit einem Zimmermädchen eingelassen hatte. »Das ist ein sehr … lebhaftes Bild. Noch etwas?« Ich stellte mir vor, wie ich herumlief und Verdächtigen die Blusen aufriß.
    Sie schüttelte den Kopf. Das fliegende Kupferrot brachte mich auf eine andere Idee. Aber die verblaßte gegen das Bild von rotem Haar auf Pflastersteinen.
    Ob Tinnie mich verfolgte? Vielleicht sollte ich sie besuchen und nachsehen, wie es ihr ging. Morgen.
    »Ich muß weg, Dean. Ich geh rüber zu Morpheus.«
    Seine Miene legte sich in Sorgenfalten. »Ist das klug?«
    »Es ist nötig. Bring Miss Ramada in das vordere Gästezimmer. Dort dürfte sie in Sicherheit sein.«
    Sein Blick sagte mir, daß sie so lange in Sicherheit war, wie ich aus dem Haus war. Ich widersprach ihm nicht. Das mache ich selten. Es gibt keine Möglichkeit, Deans Urteil zu revidieren. Er würde einen großartigen Priester abgeben. Mit Tatsachen konnte man ihn jedenfalls nicht erschüttern.
    Als alte Lady wäre er ebenfalls eine Wucht.
    Das kommt vermutlich daher, daß er mit all diesen Nichten zusammenlebt. Ich würde sie ungern jemandem auf den Hals hetzen, aber ich wünsche mir trotzdem, daß sie Ehemänner finden und Dean endlich in Ruhe lassen.
    Dean nickte. Ich verließ das Zimmer und verschloß mich gegen die stillen Rufe des Mädchens. Im Obergeschoß bewaffnete ich mich, ging dann wieder hinunter und sah noch kurz im Arbeitszimmer vorbei, um mich von Eleanor zu verabschieden. »Wünsch mir Glück, Mylady.

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