Schattentänzer
Ich würde annehmen, wir Zwerge sollten geschickt genug sein, um einen wirkungsvollen Hinterhalt zu legen.«
»Ich hatte Glück. Beim ersten Mal kamen mir Kain Kon-tamins Leute zu Hilfe. Beim zweiten Mal bin ich geflitzt, bevor sie mich erwischen konnten. Hoffentlich gibt es kein weiteres Mal. Und ich hoffe, daß sich die Übeltäter auf der Flucht vor den Leuten befinden, die ihr geheimes Versteck angegriffen haben.«
Er kicherte. Es war kein angenehmes Geräusch. Es klang fast, als kratzte jemand mit seinen Fingernägeln auf einer Tafel.
»Ich finde das nicht besonders komisch.«
»Kann ich mir denken, Mr. Garrett. Was machen Sie da?«
Ich trat an den Rand des Daches. »Jemand verfolgt mich. Ich dachte, ich könnte ihn vielleicht von hier oben aus sehen.«
Aber das klappte nicht. Es war so dunkel da unten, daß die Leute in den Straßen ein Volksfest hätten feiern können, ohne daß ich es gesehen hätte. »Das ist der Hauptgrund, warum ich hergekommen bin. Ich wollte Ihnen mitteilen, daß Sie einen Spion an Bord haben.«
Gnorst knurrte verärgert. Meiner Erfahrung nach waren Zwerge von Natur aus unleidlich. Gnorst war ein wahres Musterbeispiel an gutem Benehmen und Geduld. Vielleicht war er aus diesem Grund auch der Oberzwerg. »Sie haben mir keine Neuigkeiten gebracht, die ich gern höre. Und jetzt muß ich damit fertig werden.«
Es ist schwer, aus einem Wesen schlau zu werden, das in einer fremden Kultur großgeworden ist, aber trotzdem menschlich genug aussieht, daß man sich dazu verleitet fühlt, voreilige Schlüsse zu ziehen. Aber ich hatte den starken Verdacht, daß Gnorst wesentlich unglücklicher war, als er mich glauben machen wollte. Vielleicht dachte er ja, einen Abtrünnigen in seinen Reihen zu haben, wäre gar nicht so schlecht. Ich konnte mir durchaus ein Szenario vorstellen, in dem das stimmte.
»Ich weiß, was Sie meinen. Ich bin den ganzen Tag ein wahrer Springbrunnen an schlechten Nachrichten. Wo ich auch hinkomme, erzähle ich den Leuten Dinge, die sie nicht hören wollen.«
Wir warfen uns eine Weile Liebenwürdigkeiten an den Kopf. Er rückte nichts Nützliches heraus. Schließlich ergab ich mich dem Unausweichlichen und erzählte ihm, ich würde das alles dem Toten Mann berichten. Er verabschiedete mich ohne ein weiteres Wort und war weit weniger freundlich als zu Anfang. Dieses fragwürdige Verhalten steckte anscheinend auch meinen Führer an. Er riß sich jedenfalls keines seiner kurzen Beinchen aus, um mir den Rückweg bequem zu gestalten.
Als ich auf die Straße trat, blieb ich stehen und sah mich sorgfältig um. Garrett läßt sich nicht zweimal von derselben Schlange beißen. Aber ich sah nichts. Trotzdem war ich auf alles gefaßt, als ich weiterging.
Allerdings passiert nie was, wenn man damit rechnet.
Die Stille über mir verhieß nichts Gutes. Die morCartha hatten sich zurückgezogen, warum auch immer. Ich vermißte sie beinah. Sie waren mir richtig ans Herz gewachsen.
29. Kapitel
Die Nacht gehörte mir allein. Es sei denn, man zählt einen Schatten mit. Es war kein schönes Gefühl. Leere Straßen bedeuten immer Ärger.
Mein Verfolger war mir unheimlich. Ich kannte nur einen Kerl, der so gut gewesen war: Pokey Pigotta. Vielleicht war es ja Pokeys Geist.
Ich hatte Pokey einmal überlistet, als er hinter mir hergewesen war. Vielleicht konnte ich den Trick ja noch einmal anwenden. Wenn er allein arbeitete, hatte er ihm kaum etwas entgegenzusetzen. Ich hielt Ausschau nach einer gut besuchten Taverne, die – wie ich wußte – einen Hinterausgang hatte.
Aber es war nicht mein Tag. Die Sache klappte nicht. Ich erwischte keinen beim Betreten der Taverne, als ich vom Hinterausgang herangefegt kam. Es war fast, als existierte der Kerl nur in meiner Einbildung. Und jetzt hatte ich ihm nur klargemacht, daß ich von seiner Anwesenheit wußte. Wahrscheinlich würde ich selbst gegen einen Felsbrocken den kürzeren ziehen, was Schlauheit anging.
Wenn man verfolgt wird, beschäftigt einen das. Man fängt an nachzugrübeln, wer es sein könnte und warum er es tut. Sehr bald fragt man sich, was es ist, und wenn dann die Phantasie mit einem durchgeht, stellt man sich einen Vampir, einen Werwolf oder einen Geist vor, der nur darauf wartet, daß man blindlings in eine dunkle Gasse stolpert … In einer finsteren Nacht gibt es selten tröstliche Gedanken.
Zum Teufel mit dem Clown. Sollte er sich doch seine Stempel ablaufen. Er schien kein Interesse daran zu haben,
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