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Schattentraeumer - Roman

Schattentraeumer - Roman

Titel: Schattentraeumer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Busfield
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Intervallen durchbrachen die Kampfflugzeuge den Himmel über ihnen, und
     Loukis witterte den Tod in der Luft. Er griff nach seinem Jagdgewehr und lief hinüber zu Mehmet.
    »Es ist so weit«, sagte der alte Mann betrübt. »Radio Bayrak nennt es einen Friedenseinsatz, aber ich weiß nicht, mein Sohn.
     Ich würde mich besser fühlen, wenn du fortliefest.«
    Loukis wollte nicht gehen, doch er wusste, dass die Überlebenschancen des alten Mannes weitaus besser waren als seine eigenen,
     wenn die Türken das Dorf erreichten. Und sie würden vermutlich steigen, wenn er nicht mehr da war. Er hatte das Gefühl, noch
     etwas sagen zu müssen, doch er brachte nicht mehr als ein geflüstertes »Danke« hervor und nahm den alten Mann kurz in den
     Arm.
    Dann rannte er zu Praxi. Als er bei ihr ankam, brannten seine Lungen. Sie zerrte gerade ihre Mutter aus der Haustür. Elena
     hatte die Arme voll mit Heiligenbildern, die sie von der Wand genommen hatte, und passte auf, dass sie keins davon fallen
     ließ.
    »Wir haben keine Zeit!«, rief Praxi.
    »Ich muss sie mitnehmen!«, beharrte Elena.
    Aufgebracht warf ihre Tochter die Arme in die Luft, als Loukis hinzukam. Er nahm Praxis Gesicht zwischen seine Hände und küsste
     sie innig, wenn auch eilig auf den Mund. Dann schritt er ins Haus, holte eine Ledertasche, die an einem Haken an der Tür hing,
     und packte Elenas Andenken hinein. Elpida tauchte mit einem kleinen Koffer und einem Bündel Briefe hinter ihm auf.
    »Briefe?«, schrie Praxi.
    »Die sind von Jason«, gab das Mädchen zurück.
    Loukis nahm sie ihr ab und steckte sie zu Elenas kostbaren Heiligenbildern in die Tasche.
    »Ich sollte die Tür abschließen«, murmelte Elena.
    »Das wird nicht viel bringen«, erwiderte Loukis geradeheraus.
    Yiannis’ Ford Torino fuhr mit quietschenden Reifen um die Kurve. Er hielt an, sprang aus dem Wagen, nahm seiner Tochter den
     Koffer ab, warf ihn in den Kofferraum und wies alle an, sich ins Auto zu setzen. Elena und Elpida kletterten sofort auf den
     Rücksitz. Es folgte ein Augenblick der Verwirrung, als Praxi Loukis ansah und dann beide zusammen ihren Ehemann anstarrten.
    »Herrgott, nun steigt schon ein!«, rief er.
    Praxi setzte sich zu ihrer Tochter und ihrer Mutter nach hinten, während Loukis den Beifahrersitz nahm. Er kurbelte das Fenster
     hinunter. Sein Hemd war schweißdurchtränkt. Er hielt sein Gewehr fest umklammert, weiß traten seine Fingerknöchel hervor.
    Sie bogen gerade auf die Hauptstraße ein, die durch das Dorf führte, als plötzlich die große Gestalt von Herrn Televantos’
     Tochter den Weg vor ihnen blockierte. Ihr Gesicht und ihre kräftigen Arme zitterten vor Angst und Unglauben. Verzweifelt schlug
     sie auf das Blech der vorbeifahrenden Autos und flehte die panisch fliehenden Nachbarn ihres Vaters um Hilfe an.
    »Bitte!«, schrie sie. »In Gottes Namen, so helfe uns doch bitte jemand!« In ihrer Not warf sie sich auf die Kühlerhaube von
     Yiannis’ Wagen und zwang ihn so zum Anhalten. Bevor jemand sie aufhalten konnte, war Praxi schon herausgesprungen.
    »Wo ist Ihr Vater?«, fragte sie.
    »Er ist im Haus. Lieber Gott, bitte, Sie müssen uns helfen.«
    »Natürlich helfen wir Ihnen.«
    Praxi wandte sich an Loukis, der ebenfalls ausgestiegen war. Auf nachdrücklichen Wunsch von Elpida trat auch Yiannis hinzu.
     Sie fanden den alten Televantos im ersten Stock des Steinhäuschens. Loukis schlug die Decke zurück.
    »Ich will nicht weg!«, rief der alte Mann unter Tränen. »Lasstmich in meinem Haus sterben! Bringt mich nicht fort. Das ist mein Zuhause! Ich will hier nicht weg! Ich flehe euch an, lasst
     mich hier!«
    Da ihnen keine Zeit blieb, ihn mit Argumenten und Erklärungen umzustimmen, weshalb er das Haus verlassen sollte, das sein
     Vater erbaut hatte und in dem er geboren worden war, trug Loukis den alten Herrn kurzerhand zum Auto. Er platzierte ihn vorsichtig
     auf dem Beifahrersitz und gurtete ihn an. Televantos’ Tochter hatte bereits ihren Platz auf dem Rücksitz beansprucht, so dass
     Elena neben ihrer Enkeltochter in der Mitte eingequetscht war. Loukis öffnete den Kofferraum und forderte Yiannis auf, sich
     hineinzulegen.
    »Du musst fahren«, erklärte er Praxi.
    »Was ist mit dir?«
    »Ich werde mich allein durchschlagen«, sagte er und ergriff das Gewehr, das zu Herrn Televantos’ Füßen lag.
    »Nein, Loukis«, flüsterte Praxi. »Ich werde nicht ohne dich fahren.«
    »Doch, das wirst du, Praxi«, beharrte Loukis.
    »Das werde ich

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