Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattentraeumer - Roman

Schattentraeumer - Roman

Titel: Schattentraeumer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Busfield
Vom Netzwerk:
vor Übelkeit erst einmal an der
     Wand abstützen. Kyriakos hatte nicht versucht, den Schock abzumildern: Keryneia war gefallen. Und er hatte noch nichts von
     seinen Brüdern gehört. Mitten in der Nacht hatte Yianoulla mit ihren zwei jüngsten Söhnen vor seiner Tür gestanden. Sie waren
     mit dem Bus gekommen, während Christakis und die beiden älteren Jungs zurückgeblieben waren, um ihren Laden und ihre Insel
     zu verteidigen. Bei dieser Nachricht hatte Georgios mit der Faust auf den Esstisch geschlagen, und Dhespina war ganz still
     geworden. Sie hatte der Familie ihres ältesten Sohnes das letzte freie Bett im Haus von Michalakis und Maria bereitet und
     bis zum Tagesanbruch bei ihnen gewacht.
    »Die Jungs werden bald hier sein«, hatte Dhespina beim Frühstück trotzig behauptet, und niemand hatte es gewagt, ihr zu widersprechen.
    Nun aber musste Michalakis ihr erklären, dass Keryneia eingenommen worden war. Jemand legte ihm sanft die Hand auf die Schulter.
     Es war sein Herausgeber.
    »Komm, Michalakis, wir müssen eine Zeitung herausbringen.« Er zündete sich eine Zigarette an und ging die Treppe hinauf. Michalakis
     folgte ihm, da er nicht wusste, was er sonst tun sollte.
    In der Redaktion rissen die Reporter Blätter aus ihren Schreibmaschinen und übergaben sie dem Herausgeber. An Michalakis’
     Schreibtisch saß ein junger Volontär, der versuchte, dieSätze, die ein Mitarbeiter ihm durchs Telefon entgegenbrüllte, richtig aufzuschreiben. Der Jugendliche wurde immer nervöser,
     während er sich bemühte, seine Fehler zu korrigieren und sich gleichzeitig zu entschuldigen. Michalakis drängte den Jungen
     sacht, seinen Platz zu räumen, und nahm ihm den Telefonhörer aus der Hand.
    »Hier ist Michalakis«, informierte er den Reporter am anderen Ende der Leitung. »Fang noch mal von vorn an.«
    »Grüß dich, Michalakis. Hier ist Yiannakis. Bereit?«
    »Bereit.«
    »Zyprische Streitkräfte, unterstützt von zweihundert griechischen Kommandosoldaten, konnten bislang die Versuche der Türken
     abwehren, den Flughafen von Lefkosia einzunehmen. Punkt, neuer Absatz. Es kam zu heftigen Gefechten, und beide Seiten haben
     schwere Verluste gemeldet. Punkt, neuer Absatz. Unterdessen haben die Briten an diesem zweiten Tag der illegalen türkischen
     Invasion einen Waffenstillstand vereinbart, damit sie die viertausend in der Stadt festsitzenden Ausländer evakuieren können.
     Punkt, neuer Absatz. Sie haben die Stadt in Tausenden Lastwagen, Bussen und Autos verlassen, die mit dem Union Jack behängt
     waren. Punkt, neuer Absatz. Griechisch-zyprischen Zivilisten wurde keine solche Erlösung zuteil, und sie verlieren weiterhin
     ihr Leben unter dem Amoklauf der Türken. Punkt. Ende.«
    Michalakis dankte dem Reporter für seine Geduld und übergab den getippten Bericht an den Volontär, der ihn an den Nachrichtentisch
     bringen sollte. Hinter ihm übersetzte Sotiris dem Herausgeber gerade die letzte Bekanntmachung von Radio Bayrak.
    »Sie sagen, die Nationalgarde habe türkische Zyprer aus Dörfern und Stadtteilen von Larnaka, Pafos und Ammochostos vertrieben«,
     enthüllte Sotiris. »Sie behaupten, dass Flüchtlinge als Geiseln genommen und Frauen und Kinder erschossen wurden.«
    »Was ist mit unseren Frauen und Kindern?«, fragte Tassoswütend. Der Herausgeber schenkte dem Kriminalreporter keine Beachtung und bat Sotiris, fortzufahren.
    »Der türkische Premier verkündet: ›Dies ist keine Invasion, sondern die Maßnahme gegen eine Invasion. Dies ist kein militärischer
     Angriff, sondern die Reaktion auf einen Angriff. Dieser Friedenseinsatz wird einen Schlusspunkt unter das dunkelste Kapitel
     in der Geschichte Zyperns setzen.‹«
    »Blödsinn!«, schrie Tassos erneut. Neben ihm klingelte Michalakis’ Telefon. Kyriakos war am Apparat.
    »Ich habe ein paar Aufmacher für dich«, versprach er. Michalakis zückte seinen Bleistift. »Der erste ist Napalm. Es heißt,
     die Türken haben Napalm über Dörfern im Norden und auf Flüchtlinge abgeworfen. Zweitens hört man, die Türkei wolle ihre Angriffe
     fortsetzen, bis sie die Nordhälfte der Insel in ihre Gewalt gebracht hat, Keryneia, Teile von Lefkosia und Ammochostos eingeschlossen.«
    » Taksim «
, brachte Michalakis hervor.
    »Du sagst es. Du hörst von mir, sobald ich mehr weiß.«
    Michalakis bedankte sich ein weiteres Mal bei Kyriakos und tippte seinen Artikel. Als er nach Mitternacht zu Hause ankam,
     waren seine Eltern und Yianoulla noch wach und

Weitere Kostenlose Bücher