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Schattentraeumer - Roman

Schattentraeumer - Roman

Titel: Schattentraeumer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Busfield
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mit Vorhängen abgehängten Raum hinter dem Altar führte. Dort erwartete sie im Halbdunkel ein weitererGeistlicher mit drei Jugendlichen, deren Augen vor Eifer glühten, was nicht recht zu ihren ernsten Gesichtern passte. Auf
     einem Stuhl in der Ecke saß ein Mann in einer abgetragenen Jacke und schmutziger Hose. Er stand auf, als sie hereinkamen.
    »Na, endlich – fangen wir an«, knurrte er. Dann hielt er eine matte Rede, in der er kurz den Kampf um
enosis
sowie die Verbannung des Erzbischofs anriss, mit der weiteres Öl ins Feuer des Konflikts gegossen worden sei. Anschließend
     forderte er die Jungen auf, ihren Treueschwur zu leisten. Im Unterschied zu den drei anderen, die ihre Eidesformel sehr theatralisch
     nachsprachen, ging Loukis die Sache nüchtern und leidenschaftslos an.
    »Ich schwöre, keinerlei Geheimnisse preiszugeben, welche die Mitglieder, Waffen, Verstecke, Gelder oder Aktivitäten der Organisation
     betreffen, unter keinen Umständen, möge die Folter noch so grausam sein«, wiederholte er. »Ich schwöre, mich nicht finanziell
     an der Organisation zu bereichern, die Befehle meiner Vorgesetzten widerspruchslos zu befolgen, und letztens, mich mit all
     meiner Kraft und, wenn erforderlich, unter Einsatz meines Lebens der erfolgreichen Durchsetzung der heiligen Ziele der Organisation
     zu widmen.«
    Als er geendet hatte, segnete ihn der Priester, und die anderen Neulinge klopften ihm als Zeichen der Verbundenheit auf den
     Rücken, was Loukis jedoch vollkommen ungerührt ließ. Der Mann, der ihnen den Eid abgenommen hatte, schüttelte ihm die Hand
     und stellte sich als Bezirksoffizier der EOKA vor. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen, und seine Stirn war tief zerfurcht.
     Loukis vermutete, dass er jünger war, als er aussah – umgekehrt war der EOKA-Mann erstaunt, als Loukis ihm sein Alter verriet.
     Denn obwohl Loukis ein Jahr jünger war als die drei anderen Jungen, überragte er alle Anwesenden im Raum um Haupteslänge.
    »Schade, dass du noch so jung bist«, sagte der EOKA-Bezirksoffizier. »Du musst siebzehn sein, bevor wir dich zurWaffe greifen lassen können. Und ich vertraue auf Gott, dass dieser Kampf bis dahin beendet sein wird.«
    Die beiden Priester nickten einträchtig. Und so wurde Loukis – keine vierundzwanzig Stunden, nachdem er seinem Dorf den Rücken
     gekehrt hatte – Mitglied der zyprischen Widerstandsbewegung.
    Im Bedford-Bus auf dem Weg nach Lefkosia bot der Bezirksoffizier Loukis den Platz am Fenster an, verriet ihm aber weiterhin
     nicht seinen Namen. Die anderen Jungen hatten sie in Skylloura zurückgelassen. Loukis fragte nicht, warum, erfuhr es aber
     dennoch.
    »Ihr Eifer für die Sache ist unbestritten«, erklärte der Bezirksoffizier, »aber sie sind noch zu jung. Deshalb werden sie
     erst mal Flugblätter herstellen und verteilen und die Wände mit Parolen bemalen. Sollte sich herausstellen, dass sie ein Händchen
     dafür haben und sich nicht verhaften lassen, werden wir sie weiter ausbilden – auch militärisch. Das ist der normale Weg.
     Dein Fall liegt etwas anders, weil du darauf bestanden hast, deine Gegend zu verlassen, und auch weil es die gegenwärtige
     Lage der Dinge erfordert. Deshalb setzen wir dich in Troodos ein.«
    »Welche gegenwärtige Lage?« Loukis nahm die Zigarette, die ihm angeboten wurde, und zündete sie sich an.
    »Wir mussten in den letzten Monaten ganz schön einstecken.
    Die Suezkrise hat uns eine Verschnaufpause verschafft, aber jetzt kommen die Truppen zurück, und dann ist vor kurzem in Lemesos
     einer unserer Schmugglerringe aufgeflogen.«
    »Das habe ich mich sowieso schon immer gefragt: Woher kriegt ihr eure Waffen?«
    »Aus verschiedenen Quellen«, erklärte der Mann. »Per Paketpost oder per Kurier aus Griechenland, aus Überfällen auf Polizeiwachen
     oder auf Stützpunkte. Wir haben auch schon Munition aus Schiffen geborgen, die im Zweiten Weltkrieg vor der Küste gesunken
     sind. Und wir basteln selber welche aus Sprengstoff, der in unseren eigenen Läden verkauft wird. Aber all das ist zum jetzigen
     Zeitpunkt für dich ohne Belang. Ichnehme an, dass man dich als Kurier zwischen den Zellen in den Bergen einsetzen wird, du also Nachrichten, Lebensmittel und
     alles, was sonst benötigt wird, zu den einzelnen Punkten bringst.«
    Loukis hörte aufmerksam und fasziniert zu. Ihm wurde jetzt erst klar, wie organisiert der Widerstand war.
    »Und wie läuft das ab?«, fragte er.
    »Du meinst, wem du Bericht erstattest und

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