Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattentraeumer - Roman

Schattentraeumer - Roman

Titel: Schattentraeumer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Busfield
Vom Netzwerk:
sein, wenn er ihr verzieh und zu ihr
     zurückkam. Ihr blieb keine Zeit. Sie hatte ihn aus Kummer verführt, aus Angst zurückgewiesen, und nun war sie am Ende.
     
    Sie deponierten die Nachricht etwa zwei Kilometer vor Pano Platres unter einem Felsen am Fuß einer kleinen Gebetsstätte. Bevor
     sie den Rückweg antraten, nahm Stelios ein Streichholz und zündete eine Kerze an, deren Licht die EOKA-Männer vor Ort darauf
     aufmerksam machen sollte, dass sie Post erhalten hatten.
    Die beiden Jungen gingen denselben Weg zurück, die Straßensperrewar inzwischen aufgehoben. Als sich ihre Wege trennten und sie kurz verabredeten, sich bald wieder zu treffen, war es bereits
     Nacht. Loukis verließ die Straße und wurde von der Schwärze des Waldes verschluckt. Als er auf der anderen Seite wieder aus
     dem Wald heraustrat, sah er einen Austin Champ vor dem Haus der Thedosias stehen. Drinnen trank Demetris Tee mit einem uniformierten
     Fremden. Es war bitterkalt im Haus, dennoch brannte im Kamin kein Feuer. Ihr warmer Atem hüllte die Köpfe der beiden Männer
     in weiße Rauchwolken.
    »Ah, da kommt mein Neffe, wird aber auch Zeit …« Demetris stand auf und gab Loukis mit einem Wink zu verstehen, dass er vortreten
     solle. »Das hier ist Major Harvey vom britischen Geheimdienst. Er ist vorbeigekommen, um uns seine Weihnachtsgrüße zu überbringen
     … Keine Geschenke, wohlgemerkt.«
    Höflich lächelnd erhob sich nun auch der Uniformierte. Er war untersetzt, hatte volles braunes Haar und einen imposanten Schnurrbart.
    »Freut mich, dich kennenzulernen, Loukis.« Der Mann reichte ihm die Hand.
    »Mich auch, Major.«
    »Du sprichst Englisch, das ist ja hervorragend.«
    »Ich bin immerhin ein Produkt des englischen Schulsystems«, erklärte Loukis.
    »Ja, richtig«, erwiderte der Major und nahm wieder Platz. »Also, wie gefällt es dir hier? Ein bisschen langweilig, nehm ich
     an, so ohne deinen Cousin und nur den alten Herrn als Gesellschaft.«
    »Alter Herr?«, beschwerte sich Demetris gekränkt.
    »Na, als Jugendlicher gehst du nun nicht mehr durch, alter Knabe«, sagte der Major. »Und nach der ganzen Aufregung in Keryneia
     muss dein Neffe hier ja die Wände hochgehen. Wäre dein Junge noch zu Hause, hätte Loukis eine etwas altersgemäßere Ansprache,
     nicht wahr? Auch wenn dein Costas ein paar Jahre älter ist.«
    »Etliche Jahre«, korrigierte ihn Loukis und sah, wie Demetris das Lächeln gefror. »Ihr Gedächtnis ist aber scheinbar nicht
     das beste, Major. Mein Cousin heißt Kypros, nicht Costas.«
    »Ah, ja, Kypros«, wiederholte der Major und lachte. »Wie konnte ich das nur verwechseln.«
    »Liegt wohl am Alter«, warf Demetris ein. Er wirkte nun wieder entspannter.
    »Ja, das tut es wohl. Na dann, ich kann nicht die ganze Nacht bleiben. Da draußen laufen Terroristen herum, die wir schnappen
     müssen. Selbst an Heiligabend.« Der Brite stand auf und reichte Lella seine Tasse. »Danke für den Tee, Frau Thedosias. Demetris,
     wir hören bald voneinander, ja?«
    »Natürlich«, erwiderte Thedosias. »Wir freuen uns immer, wenn du uns besuchen kommst. Nächstes Mal könntest du allerdings
     einen Tropfen von dem Scotch mitbringen, den du unter deinem Armaturenbrett versteckt hast!«
    Demetris begleitete den Major zu seinem Wagen und wartete, bis er davongefahren war.
    »Verflucht, das war knapp«, sagte er, als er ins Haus zurückkam. Mit raschen Schritten ging er zum Kamin, entfernte das Gitter
     und zog den Rost heraus. Kaum eine Sekunde später kletterten zwei Männer aus dem Schacht und klopften sich den Ruß von den
     Kleidern. Auf ihren geschwärzten Gesichtern lag ein Lächeln, und über ihren Schultern hingen Gewehre.
    »Jetzt lasst uns endlich das verdammte Feuer anmachen«, befahl Demetris und klatschte in seine riesigen Hände. »Hier drinnen
     holt man sich ja Frostbeulen.«
    Unaufgefordert ging Loukis nach draußen, um ein paar Holzscheite zu holen. Als er zurückkam, wärmten sich die beiden Männer
     ihre Hände bereits an dampfenden Kaffeetassen. Während Lella Fleisch und Kartoffeln auf den Tisch stellte, klärte Demetris
     seine Gäste über den guten Major auf, und Loukis machte Feuer.
    »Es stimmt, was du zu dem Major gesagt hast, Loukis: Du bist ein Produkt des englischen Schulsystems«, begann Demetrisund tunkte ein Stück Brot in die Fleischsoße, die auf seinem Teller schwamm. »Für dich ist unser Kampf eine Mischung aus dem
     Wunsch, unser Volk von den Besatzern zu befreien, und

Weitere Kostenlose Bücher