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Schattentraeumer - Roman

Schattentraeumer - Roman

Titel: Schattentraeumer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Busfield
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gebunden hatte,
     erschöpft. Die Fassade von Mann und Frau hielten sie im Privaten schon lange nicht mehr aufrecht, sie waren inzwischen nichts
     weiter als zwei Menschen, die zufällig unter einem Dachlebten und zusammen ein beliebtes Café führten. Doch Yiannis schien fest entschlossen, diese Farce bis an sein seliges Ende
     fortzuführen. Es machte Praxi krank, wenn er in aller Öffentlichkeit seine Liebe zu ihr bekundete oder sie vor seinen Freunden
     aus der griechischen Armee unbeholfen um die Hüfte fasste. Und auch wenn sie ihm dankbar war, dass er auf Distanz ging, sobald
     sich die Tür ihres Kaffeehauses hinter dem letzten Gast geschlossen hatte, stand außer Zweifel, dass sie ihr Schicksal ändern
     musste. Ein Leben ohne Loukis war kein Leben, und es gab nur einen Weg, um von dem falschen Ehemann loszukommen. Der Schlüssel
     zu ihrer Freiheit lag in einer Schüssel, die sie im Schrank hinter den Gewürzen versteckte. So sicher, wie Zypern wieder zu
     Griechenland gehören würde, dachte Praxi grimmig, würde sie wieder in Loukis’ Armen liegen.
    Und so zog es ihr den Boden unter den Füßen weg, als sie eines Tages beim Einkaufen in Keryneia zufällig Maria begegnete.
     Mit einem dünnen Lächeln und unverhohlener Genugtuung ließ Maria sie wissen, dass sie gerade auf der Suche nach einem Brautkleid
     sei – Loukis habe ihr einen Antrag gemacht, und Maria werde ihn heiraten.
     
    Michalakis nippte an seinem Kaffee, schaute auf die Uhr, trank einen Schluck Wasser, zündete sich eine Zigarette an und hatte
     große Mühe, seine Verärgerung im Zaum zu halten. Kyriakos kam zu spät. Er kam immer zu spät. Und gerade weil Michalakis das
     wusste, ärgerte er sich ganz allein über sich selbst und seine idiotische Pünktlichkeit. Sie waren in einer der beliebtesten
     Bars von Lefkosia verabredet, und Michalakis hatte bereits etliche Male verhindern müssen, dass sich einer der anderen Gäste
     den freien Stuhl an seinem Tisch schnappte. Allmählich kam er sich vor wie ein verschmähter Verehrer, der störrisch den leeren
     Platz seiner Liebsten verteidigt.
    Er saß bereits bei seiner zweiten Tasse Kaffee – ein Bier wäre ihm lieber gewesen, doch er hatte der Versuchung widerstanden
     –, als seine Verabredung endlich eintraf und sich schwerfälligauf den Stuhl gegenüber fallen ließ. Auf seinem kahlen Kopf glänzten Schweißperlen, und das kurzärmelige Hemd, das er trug,
     brachte seine dicken, behaarten Arme äußerst unvorteilhaft zur Geltung. Man konnte also sagen, dass Kyriakos nicht gerade
     der Typ Mann war, der Frauenherzen höherschlagen ließ, dennoch war ihm gelungen, was Michalakis bislang nicht fertig gebracht
     hatte: Er hatte vor kurzem geheiratet.
    »Na, hast du dich von der Hochzeit erholt?«, fragte Michalakis und winkte dem
kafetzi
.
    »Die Ehe, so stelle ich gerade fest, ist eine einzige Suche nach Erholung«, erwiderte Kyriakos lachend.
» Sketto «
, bestellte er, und Michalakis zog fragend eine Augenbraue hoch.
    »Frauen!«, erklärte Kyriakos. »Nach zwei Monaten Ehe findet sie plötzlich, dass ich zu dick bin! Sie kann von Glück sagen,
     dass ich von ihrer Nacktheit nach wie vor geblendet bin … Ich habe mich tatsächlich bereit erklärt, auf den Zucker im Kaffee
     zu verzichten. Hör auf meinen Rat, mein Freund, heirate niemals ein dünnes Mädchen, und schon gar keins, das tolle Brüste
     hat. Das macht dich schier verrückt.«
    Michalakis musste schmunzeln, doch der Rat war für ihn ohne Belang. Seit seiner Beförderung zum Politikredakteur waren die
     einzigen Menschen, die ihm Gesellschaft leisteten, solche mit langen Bärten, unterschiedlich starker Körperbehaarung und immer
     tiefer werdenden Falten auf der Stirn.
    Seit drei Jahren teilten sich Präsident Makarios und Vizepräsident Küçük nun die politische Macht auf der Insel, doch die
     Arbeit ihrer Regierung glich einem einzigen Kräftemessen. Die Verfassung gewährte einer 18-Prozent-Minderheit unverhältnismäßig
     viele Rechte, darunter das Vetorecht des Vizepräsidenten – und die türkischen Zyprer hatten ein wachsameres Auge auf diese
     Sonderrechte als auf die Jungfräulichkeit ihrer Töchter. Griechen und Türken blockierten sich permanent gegenseitig und brachten
     den Regierungsapparat somit fast vollständig zum Erliegen.
    »Wir sind keine Regierungspartner, sondern Leidensgefährten«,hatte Kyriakos bei ihrem ersten Treffen vor über einem Jahr gesagt. Michalakis hatte damals Verbindung zu dem

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