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Schattentraeumer - Roman

Schattentraeumer - Roman

Titel: Schattentraeumer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Busfield
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eure Zeitung hat? Wohl kaum!«, blaffte Kyriakos. »Ihr wart in den vergangen Jahren nicht gerade die loyalsten
     Verbündeten.«
    »Das vielleicht nicht, aber wir haben stets versucht, unparteiisch zu sein.«
    »Da muss ich dir leider recht geben.« Der Politiker seufzte. »Gut, ich werde schauen, was sich machen lässt. Vielleicht hast
     du ja tatsächlich eine Chance, jetzt, wo der Präsident mehr auf die Hilfe der Kommunisten angewiesen ist.«
    Michalakis bedankte sich. Dann warf er einen raschen Blick auf die Uhr und stand auf. Er war spät dran.
    »Halte ich dich von irgendetwas ab?«, fragte Kyriakos.
    »Das tust du in der Tat«, erwiderte Michalakis. »War schön, dich zu sehen, alter Freund.«
    »Das Vergnügen war, wie immer, ganz meinerseits – genau wie die Rechnung, scheint mir.«
    Draußen hatte es inzwischen aufgeklart, Michalakis lief zu seinem Auto und fuhr ins Ledra Palace Hotel. Dort fand er seine
     Mutter und Maria bei einer Coca-Cola am neuen Swimmingpool. Mit ihrem schwarzen Kopftuch und der dicken Strumpfhose wirkte
     Dhespina fehl am Platz und fühlte sich sichtlich unwohl. Maria hingegen strahlte wie eine Göttin. Erfreut stellte Michalakis
     fest, dass sie das blaue Baumwollkleid trug, das er ihr eine Woche zuvor geschenkt hatte.
    »Na, wie geht es meinen beiden Lieblingsfrauen?«, fragte er, während er sich zu ihnen setzte. Liebevoll legte er seiner Mutter
     eine Hand aufs Knie. Dhespina wagte sich nur selten in dieHauptstadt – sie behauptete, sie bekäme dort Juckreiz –, daher wusste er es zu schätzen, dass sie auf seine Bitte hin gekommen
     war. Seit Marias Umzug nach Lefkosia versuchte Michalakis äußert behutsam, geradezu quälend behutsam, Maria für sich zu gewinnen.
     Nun war es an der Zeit, fand er, dass seine Familie, insbesondere seine Mutter, ihre Beziehungen zu dem Mädchen neu knüpfte.
    »Hast du bei deinem Freund von der Regierung erreicht, was du wolltest?«, fragte Dhespina.
    »Das wird sich zeigen, aber ich hoffe es. Habt ihr beide den ganzen Tag am Pool verbracht?«
    »Wohl kaum! Hast du nicht mitgekriegt, wie es geschüttet hat?«, rief Maria und zog an den Spitzen ihrer Haare, die durch den
     Regen ganz lockig geworden waren.
    »Wir waren einkaufen«, erklärte Dhespina ihrem Sohn.
    »Warum überrascht mich das nicht?«
    Maria versetzte Michalakis einen spielerischen Tritt unter dem Tisch, und Dhespina lächelte. Die ganze Situation war geradezu
     bizarr, und als Mutter gab sie ihr Bestes, das Bild von Maria aus dem Kopf zu bekommen, wie sie sehnsüchtig einen ihrer anderen
     Söhne anschmachtete. Was Michalakis betraf, so konnte selbst ein Blinder das Funkeln in seinen Augen sehen, und Dhespina betete,
     dass sich die gleiche Zuneigung eines Tages auch in Marias Gesicht spiegeln würde. Es war nicht ausgeschlossen. Nichts war
     ausgeschlossen. Ein kurzer Blick auf die Cocktail trinkenden Gäste am Pool bestätigte ihr das.
    Unwillkürlich kratzte sie sich an der Innenseite ihrer Oberarme.
     
    Praxi liebte die Unberechenbarkeit des Frühlings, wenn die Sonne von einer Sekunde auf die andere von Stürmen weggepeitscht
     wurde, um dann nach kürzester Zeit wieder durch die Wolken zu brechen und den Himmel zurückzuerobern. Als die letzten Tropfen
     gefallen waren, fühlte sie sich wie neugeboren und so aufgewirbelt wie die Luft. Zu lange war sie in der Dunkelheitdes Winters verkümmert, und nun brach ein neuer Tag an und mit ihm die verlockende Aussicht auf mehr. Loukis wusste endlich
     alles, was er wissen musste: dass sie ihre Liebe nicht aus Bosheit verraten hatte, sondern dazu gezwungen gewesen war, und
     dass die Tochter, die sie zur Welt gebracht hatte, sein Fleisch und Blut war. Und obwohl sie seinen Atem noch immer nicht
     auf ihrem Gesicht spüren konnte, da sie auf Schritt und Tritt von ihrer Mutter und den misstrauischen Blicken unbarmherziger
     Nachbarn beschattet wurde, wusste sie wenigstens, dass auch keine andere unter seinen Berührungen erschauerte. Maria hatte
     das Weite gesucht, nachdem sie von einem Mann zurückgewiesen worden war, bei dem sie – wenn überhaupt – an zweiter Stelle
     rangierte. Praxi würde lügen, wenn sie behauptete, dass sie diese Entwicklung nicht freute. Wäre Maria nicht gewesen, wäre
     sie vor acht Jahren mit Loukis vor den Altar getreten, und es wäre der glücklichste Tag ihres Lebens gewesen. Stattdessen
     waren sie den Launen des Schicksals zum Opfer gefallen. Doch Praxi hatte die Hoffnung noch nicht

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