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Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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Frage aufwarf, seit wann ein Reiseumhang als angemessener Schutz galt.
    »Warum hast du mich da reingezwungen, wenn du selbst ohne reitest, Kli-Kli?«, zischte ich und zeigte auf mein Kettenhemd.
    »Es gibt halt keins, was mir passt«, antwortete der Kobold sorglos. »Abgesehen davon ist es recht schwierig, mich zu treffen.«
    »Ruhe jetzt!«, fuhr uns Schandmaul an.
    Über eine kleine, sehr solide Holzbrücke – die hatten tüchtige Bauern gebaut, keine Frage – überquerten wir einen breiten Bach oder kleinen Fluss, je nach Belieben. Das Wasser unter der Brücke kroch mit der Geschwindigkeit einer fetten Schnecke dahin und war ganz mit Sumpfgras überwuchert.
    Hinter einer Biegung hielten wir jäh an.
    »Bei meiner fetten Tante!« Deler stieß einen leisen Pfiff aus.
    Hallas äußerte sich sowohl wortreicher als auch aussagekräftiger, flocht dabei recht blumenreiche Beschreibungen aus der Gnomensprache ein, verstummte jedoch, als ihm Deler eins über den Helm zog. Uns versperrten Baumstämme den Weg. Und das waren nicht schlicht entwurzelte Bäume. Man hatte den geraden Kiefern sorgsam die Äste abgehackt und sie eigens hier hergebracht (denn in dieser Gegend wuchsen keine Kiefern), um sie eine über der anderen zu einem formidablen Hindernis aufzuschichten. Hinter dieser Barrikade flatterten Fahnen. Eine in den grauen und blauen Farben des Königs. Allein beim Anblick der zweiten sträubten sich mir jedoch die Nackenhaare. Ein gelbes Banner mit der schwarzen Silhouette einer Sanduhr. Ein Todesbanner. Das Banner der schrecklichsten Krankheit, die es auf der Welt gibt: der Pest.
    Neben den beiden Fahnen standen Soldaten Posten, etwa dreißig Mann, alle im weißen Kaftan und himbeerroten Hosen. Die Seelenlosen Chasseure. Strenge Jungs. Alle hatten sich ein Tuch vor Mund und Nase gebunden, was recht … seltsam ausgesehen hätte – wären da nicht die Waffen und ihre Entschlossenheit gewesen.
    Kaum hatten uns die Männer hinter der Barrikade bemerkt, spannten sie auch schon ihre Bögen. Hinter uns sprangen flink und geschäftig wie die Ameisen Pikeniere auf den Weg und formierten sich. Im Nu erinnerte der Weg an einen wütenden Igel. Der Rückweg war uns abgeschnitten. Doch wer hätte schon eine Flucht gewagt – bei den zahllosen Pfeilen, die da auf uns gerichtet waren? Bei einem Pfeilhagel hat ein Panzer nämlich die unangenehme Eigenschaft, sich in ein löchriges Etwas zu verwandeln, mochten sich die Waffenmeister bei der Anfertigung auch noch so angestrengt haben.
    »Stehen geblieben!«, verlangte jemand hinter der Barrikade in scharfem Ton. »Wer seid Ihr?!«
    »Leute des Königs!«, rief Miralissa und winkte zur Bestätigung ihrer Worte mit einem Schriftstück, auf dem in Grau und Blau das Siegel des Königshauses der Stalkonen prangte.
    Selbst aus einer Entfernung von dreißig Yard, die uns von der Absperrung trennten, konnten die Seelenlosen Chasseure das Siegel klar erkennen. Die Bögen in den Händen der Soldaten senkten sich ein wenig.
    Der erste Schrecken, den ich nach dieser überraschenden Begegnung davongetragen hatte, legte sich. Das waren keine Räuber, sie würden uns anhören, aber nicht bis über beide Ohren mit Pfeilen spicken. Und was das Todesbanner betraf … Dahinter konnte alles Mögliche stecken. Vielleicht waren die Dörfler aufständisch geworden. Vielleicht hatte man kein anderes Banner gefunden und das genommen, obwohl die Pest gar nicht im Dorf wütete.
    »Und woher soll ich wissen, dass dieses Königssiegel keine Fälschung ist?«, erklang dieselbe Stimme noch einmal.
    »Genau! Davon mache ich dir doch ein Dutzend!«, schrie einer der Pikeniere in unserem Rücken.
    Niemand machte Anstalten, hinter der Barrikade hervorzukommen und sich das Siegel genauer anzusehen.
    »Siehst du dies hier?«, brüllte Ohm. »Oder soll ich näher kommen?«
    Trotz des Kettenhemdes hatte er bereits den rechten Arm bis zum Ellbogen entblößt. Die Tätowierung war deutlich zu erkennen.
    »Oder will einer von euch Weißhimbeeren vielleicht behaupten, die Wilden Herzen seien den Stalkonen nicht treu?«
    Niemand sagte ein Wort. Eine solche Anschuldigung wollte keinem über die Lippen. Wenn jetzt auch schon die Wilden Herzen Verräter sein sollten, wem sollte man dann noch trauen? An der Echtheit der Tätowierung zweifelte niemand. Wie bereits an früherer Stelle erwähnt: Diejenigen, die sich ein Wildes Herz auf den Arm tätowieren, ohne zu diesen Truppen zu gehören, gehen des Bildes in der Regel samt Arm

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