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Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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Wahnsinn! Ich war mir sicher, sie bräuchte dieses Stöckchen bloß zu zerbrechen, zu bespucken, zu belecken oder eine andere simple Handlung damit vorzunehmen – und schon würde der Schamanenzauber losbrechen. Ich drehte mich möglichst leichthin um. Die Pikeniere standen zwar noch am Wegrand, inzwischen wirkten sie jedoch entspannt, plauderten miteinander und lehnten die Piken gegen Baumstämme. Unsere Gruppe bedeutete keine Gefahr mehr für sie, zumal die beiden Magier sich unser angenommen hatten.
    »Ihr wollt also nach Ranneng?«, fragte Klena.
    »Ja«, antwortete Miralissa.
    »Warum?«
    »Wir haben einen Auftrag des Königs. Das ist alles, was Ihr wissen müsst.«
    »Und deshalb nehmt Ihr diesen menschenleeren Weg und nicht die gute Straße?«, fragte der Magier sarkastisch.
    Die Schneevampire sollten mich doch zerreißen, was wollte der eigentlich von uns? Der Geleitbrief war echt, davon hatten sie sich selbst überzeugt. Wenn uns dieser Magier Steine in den Weg legte, würde er sich nicht nur den Zorn des Königs zuziehen, sondern auch den des Ordens, der eine solche Anmaßung um keinen Preis duldete.
    »Man hat uns nicht darüber in Kenntnis gesetzt, dass wir diesen Weg nicht nehmen dürfen«, brummte Hallas.
    »Euer Pech«, erwiderte Balschin bloß.
    »Wir dürfen hier also nicht durch?«, hakte Miralissa nach.
    »Nicht nur das. Ihr dürft auch nicht umkehren. So leid es mir tut.« Der Magier breitete mit gespieltem Bedauern die Arme aus. »Wir müssen Euch so lange aufhalten, bis wir die Krankheit besiegt haben. Wir dürfen das Königreich nicht gefährden. Natürlich werden wir Euern Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten versuchen.«
    »Aber wir sind gesund!«, empörte sich Lämpler, der bisher geschwiegen hatte.
    »Das mag schon sein«, räumte die Magierin ein. »Aber wie gesagt, wir dürfen kein Risiko eingehen. Wir können Euch nicht wieder ziehen lassen.«
    »Ich nehme an, es wird nicht sehr lange dauern, bis Ihr die Krankheit besiegt habt?«, giftete Ell.
    »Völlig richtig! Höchstens drei, vier Monate! Dann heben wir die Quarantäne auf!«
    »Drei Monate?!«, platzte es aus Hallas heraus.
    Damit konnten wir all unsere Pläne vergessen. Dann träfen wir erst spät im Herbst in Hrad Spine ein und würden folglich nicht rechtzeitig zurück sein. Was tun? Die Linie hinter uns durchbrechen? Aber wie viele von uns würde ein solcher Schritt das Leben kosten? Wie viele würden unter den Pfeilen, Piken und der Magie der Zauberer fallen?
    Es blieb nur eine Hoffnung: der von Miralissa vorbereitete Schamanenzauber. Ich ließ das verkokelte Stöckchen zwischen ihren Fingern nicht mehr aus den Augen.
    »Schweig, Hallas!«, wies Miralissa den Gnom scharf zurecht. »Ihr wollt uns ungeachtet des königlichen Befehls aufhalten?«
    »Ja.«
    »Ihr könntet Schwierigkeiten mit dem Rat des Ordens bekommen, ich werde Magister Arziwus mit Sicherheit Mitteilung machen.« Damit unternahm die Elfin einen letzten Versuch, alles friedlich zu lösen.
    »Das liegt ganz bei Euch«, erwiderte Balschin mit einem höflichen Lächeln. »Macht ihm Mitteilung, aber erst wenn die Quarantäne aufgehoben ist, nicht vorher.«
    Mir kam es so vor, als sähe der Magier auf den Rat des Ordens mindestens von einer Kuppel in der Tempelanlage herab. Doch seine Gefährtin war nervös zusammengezuckt, als Miralissa ihn erwähnt hatte.
    »Was geschieht, wenn wir uns weigern zu gehorchen?«, fragte Ell gelassen.
    »Dann wären wir gezwungen, Gewalt anzuwenden«, antwortete Balschin.
    »Keine Sorge, K’lissang«, wandte sich Miralissa an Ell. »Wir werden kein Blut vergießen. Wir gehorchen.«
    Ell nickte widerwillig. Auf Delers Gesicht traten glutrote Flecken. Er wartete nur auf ein Zeichen, mit seiner Streitaxt links und rechts die Köpfe purzeln zu lassen, ungeachtet der Überzahl des Gegners und der beiden Magier als Dreingabe.
    »Ich habe gewusst, dass Ihr auf die Stimme der Vernunft hören werdet.« Der Magier verneigte sich respektvoll, wobei er versuchte, ein triumphierendes Lächeln zu verbergen.
    »Wo wollt Ihr uns unterbringen?« Mit einer beiläufigen Geste brach Miralissa das Stöckchen in zwei Teile, die sie dann zur Seite warf.
    Die Magier achteten nicht weiter darauf. Die Elfin hatte ein Stöckchen zerbrochen und fortgeworfen – ja und? Balschin und Klena genossen den Sieg über die hochmütige Elfin, die nicht nach ihrem S’kasch gegriffen hatte, viel zu sehr, um auf irgendein Stöckchen achtzugeben.
    Mir jedoch

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