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Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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schmatzend stopfte er sich Fleischbrocken in den Mund, die er aus dem in der Gasse liegenden Körper eines Menschen riss.
    Zumindest nahm ich an, es handle sich um einen Menschen, eine genaue Bestimmung ließen die wenigen Knochen, die zerrissenen Lumpen und die Fleischklumpen nämlich nicht zu. Daran, dass dieses Fleisch heute Morgen noch gelebt hatte, hegte ich im Übrigen keinen Zweifel. Bei lebendigem Leibe von diesen Monstern gefressen zu werden – das war nun wahrlich kein leichter Tod.
    Wie in einem guten Theaterstück darf man es mit dem Schweigen nicht übertreiben. Das sah der Untote, dem ich in die Arme gelaufen war, genauso. Er trat einen Schritt zurück, holte mit dem halb verfaulten Arm aus und schlug auf die Stelle ein, an der ich stand – genauer gesagt: gestanden hatte, denn unterdessen hatte ich mich mitten auf die Straße der Schlafenden Katze geflüchtet, wo ich fieberhaft versuchte, das Drokr zu entwirren und an das Fleisch zu gelangen. Der Zombie kam mir recht munter nach, den einzigen Arm vorgestreckt und aufgeregt röchelnd. Der andere löste sich ebenfalls von seinem Dessert, stopfte sich die letzten Bissen ins Maul und eilte seinem Artgenossen zu Hilfe. Immerhin ist ein Zombie kein lachender Quäker, hier gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren und ein paar Haken zu schlagen, dann hat man alle Aussichten auf Erfolg.
    »Fassen wir das als kleine Vorbereitung für Hrad Spine auf!«, murmelte ich, während ich mir alle Mühe gab, das formidable Stück frischen Fleisches zu übersehen, das zwischen den Zähnen des Untoten wabbelte, der uns hinterherstapfte.
    Die beiden Zombies näherten sich, ich rannte noch gut zehn Yard weiter und lockte sie damit aus der engen dunklen Gasse auf die breite Straße. Das würde mir die Möglichkeit für meine Haken geben, mit denen ich ihren Klauen zu entkommen gedachte. Endlich gab der vermaledeite Knoten nach. Ich wickelte das Fleisch aus dem Elfenstoff und schleuderte es dem Einarmigen entgegen. Der Zombie fing das Stück auf, verlor dann vorübergehend jedes Interesse an mir und machte sich begeistert über die Beute her, die förmlich vom Himmel gefallen war. Zombies sind unersättlich, das kürzlich genossene Nachtmahl hatte seinen Appetit in keiner Weise geschmälert.
    Mit der freien linken Hand zog ich hinterm Gürtel das magische Elfenseil heraus. Mit seiner Hilfe konnte ich fast jedes Hindernis nehmen. Selbst ohne Haken am Ende saß es an jeder Oberfläche fest. Die magische Eigenschaft, seinen Besitzer eigenständig nach oben zu befördern, steigerte die Beliebtheit dieses Seils noch zusätzlich. Gewiss, es kostete eine horrende Summe, denn es war nicht gerade einfach, an das Seil heranzukommen, das die Späher der dunklen Elfen benutzten.
    Ich holte mit dem Seil aus, und das freie Ende flog auf das Dach der Gnomenbank, als sei ein schweres Gewicht daran geknüpft. Nun brauchte ich bloß noch zu warten, dass mich das Wunder der Elfenmagie aus der Reichweite der hungrigen Kreaturen brachte. Der erste Zombie vertilgte genüsslich das Fleisch, und ich bedauerte schon, so wenig mitgenommen zu haben. Der zweite schloss auf, blieb aber nicht bei seinem Kumpan stehen, um am Mahl teilzuhaben, sondern setzte seinen Weg unverdrossen in meine Richtung fort. Obwohl er wie ein Betrunkener im Hafenviertel torkelte, fiel er nicht und hielt mit der Sturheit eines Gnoms auf mich zu.
    Kaum hatte ich einen jähen Ruck wahrgenommen, da beförderte mich das magische Seil nach oben. Der Zombie keuchte enttäuscht und versuchte, meine Beine zu packen. Dabei fiel er jedoch bloß mit dumpfem Knall hin und hätte beinahe noch den herbeigeeilten Einarmigen umgerissen. Ich achtete nicht weiter auf die beiden, sondern stemmte mich mit den Beinen gegen die Fassade der Bank, um dem Seil zu helfen, mich nach oben zu bringen.
    Schwer atmend schwang ich ein Bein auf das granitene Gesims und zog mich auf den Vorsprung. Ich drehte mich auf den Rücken und sah zum Sternenhimmel hinauf. Bis zur Morgendämmerung blieben mir etwas mehr als zwei Stunden, die Sterne verblassten bereits. Der Bogner verschwand hinterm Horizont, der Stein verlor sein zauberisches Leuchten, der Schweinehirt näherte sich dem Mond. Noch stand das Sternenbild am nächtlichen Himmel, hielt jedoch nachdrücklich zur Eile an.
    Die Untoten röchelten zornig unter mir und schlugen unablässig auf die Hauswand ein, in dem vergeblichen Versuch, den ihnen entkommenden Menschen zu fassen. Ich stieß ein ganz und gar

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