Schattenwandler 01. Jacob
dass er etwas so Offensichtliches übersehen hatte.
„Wer?“, fragte sie benommen.
„Kane. Mein jüngster Bruder. In der Nacht, als wir uns begegnet sind, musste ich ihn aufspüren und bestrafen, weil er versucht hatte, sich einer hübschen rothaarigen Frau zu nähern. Das war deine Schwester.“
„Meine Schwester … Kane … Oh Gott, Jacob … Sie ist meine Schwester . Sie ist eine Druidin .“
„Sieht so aus“, erwiderte er knapp. „Und verdammt, ich habe zugelassen, dass er sie berührt, um mir zu beweisen …“ Er schüttelte den Kopf. „Auch wenn der Kontakt mit Kane nur flüchtig war, es ist eindeutig. Sie wird ausgesaugt, sie verhungert.“
Isabella bekam einen Schwächeanfall. Ihre Knie gaben nach. Jacob musste sie auffangen und hinüber zu der Couch am Fenster tragen.
„Warum bringst du mich nicht zu ihr?“, schluchzte Bella kläglich. „Warum nicht?“
„Pst …“, wisperte er beruhigend, während das Haus um sie herum zu schwanken begann. Kleine Gegenstände gerieten ins Rutschen, und er hoffte, dass sich das Geschehen auf die eine Wohnung beschränkte oder dass die anderen Leute tief und fest schliefen. „Meine Liebste“, flüsterte er ihr ins Ohr. „Schau dich in diesem Raum um. Und dann sag mir, warum ich dich nicht zu ihr lassen kann.“
Damit lenkte er Isabellas Aufmerksamkeit auf etwas anderes als auf ihren Schmerz, und Jacob schaffte es, sich mit ihr auf die Couch zu setzen. Er spürte, wie sie zu verstehen begann. Trotzdem linderte das nicht ihre Qual, und sie weinte sich die Seele aus dem Leib.
„Ich kann nicht hineingehen“, keuchte sie unter Tränen. „Ich würde sie töten. Oh Gott! Jacob, was ist, wenn ich …“
„Nein, nein, nein, nein, nein“, murmelte er schnell. „Ich höre, wie sie atmet. Ich spüre, dass sie lebt. Einige meiner Fähigkeiten sind rein physischer Natur, Liebes, und du kannst sie mir nicht nehmen.“
„Du musst zu ihr gehen“, flehte Isabella verzweifelt, schob ihn weg und versuchte ihn dazu zu bringen, dass er hinüberging. „Lass sie nicht allein! Jacob, ich flehe dich an!“
„Bella, hör zu!“ Der Raum erbebte, als auch schwerere Gegenstände sich vom Boden hoben und dann wieder herunterkrachten. „Konzentrier dich! Wenn du so weitermachst, wird New York noch ins Meer sinken und dabei dich und mich und deine Schwester töten!“ Er klang barsch, aber er musste an ihren Verstand appellieren. Er hatte noch nie erlebt, dass sie ihren Gefühlen so ausgeliefert war.
Außer als sie mit ihm geschlafen hatte.
„Sieh mich an“, befahl er, packte ihren Kopf und zwang sie, ihn anzuschauen. „Ich brauche meine Kraft zurück, Bella, und ich weiß, du hast die Möglichkeit in dir, sie mir wiederzugeben. Ich muss Gideon rufen. Es würde zu lange dauern, wenn ich allein versuchte, meine Energie wieder aufzufüllen. Und es würde niemals über Ozeane und Kontinente hinweg reichen, um Corinne rechtzeitig zu helfen.“ Er holte Luft und sah in Isabellas tränenüberströmtes Gesicht.
„Ich weiß, du kannst es, kleine Blume. Erinnerst du dich noch daran, wie wir miteinander geschlafen haben?“ Sanft küsste er ihre Tränen weg und spürte, wie sie nickte. „Ich habe gefühlt, wie du dich zurückgehalten hast. Ich habe gefühlt, du hattest Angst, wenn du loslässt, würdest du vielleicht halb England in die Luft jagen.“
Sie umarmte ihn fest und ließ ihre Stirn an seine Schulter sinken.
„Ich habe nicht zugelassen, dass du das tust“, flüsterte er ihr ins Ohr. „Aber du hast es selbst gesagt. Die Erde hat nicht gebebt. Erinnerst du dich?“
„Ja“, erwiderte sie und nickte an seiner Schulter.
„Wo ist sie hin, kleine Blume?“
Sie zögerte kurz, dann hob sie den Kopf. „Wie meinst du das?“
„Ich meine es genau so, wie ich es sage. Während du mit mir geschlafen hast, was hast du da mit meiner Kraft gemacht? Ich weiß, dass sie nicht bei mir war. Du hast mir in diesem Moment so ziemlich alles genommen, was ich hatte“, frotzelte er liebevoll.
„Jacob!“, wies sie ihn zurecht und wurde rot.
„Du hast sie gestohlen, kleine Diebin, und in dir versteckt. Ich glaube, du erinnerst dich auch noch, wo. Denk daran, wie du gezögert hast, bevor ich diesen süßen Punkt berührt habe, der dich so erregt …“ Er strich mit dem Daumen über ihre hochrote Wange. „Du hast ganz bewusst entschieden, diese Kraft zu blockieren, damit du dich in aller Ruhe deinem Vergnügen hingeben konntest, Bella. Wo ist sie, Liebes? Wo hast du
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