Schattenwandler 03. Elijah
ihn immer heftiger an sich zog. Die Erfüllung, die dann folgte, war bittersüß. Siena kam mit einem Laut höchster Lust, und ihr zuckender Körper riss ihn kurz darauf mit.
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Elijah ließ seinen Blick über den kunstvoll behauenen Stein an der Decke über sich wandern, der durch den lockeren Baldachin aus durchsichtiger weißer Seide über dem Bett hindurchschien.
Siena lag neben ihm in seinem Arm und schlief tief und fest. Er hatte sie bis zum Äußersten beansprucht und seine Gefühle durch körperliche Leidenschaft ausgetrieben, bis sie ganz erschöpft war. Aber er konnte keine Ruhe finden. Während sie so dalag, in dem einzigen Zustand, in dem seine Gedanken sicher waren vor ihr, holte er diese hervor, um sich damit auseinanderzusetzen.
Er löste sich mühelos von ihr, zumindest körperlich, und setzte sich auf die Bettkante. Er spürte den kalten Boden an seinen nackten Füßen und fuhr sich durch das zerzauste Haar und über seinen sieben Stunden alten Stoppelbart.
Sieben Stunden. In dieser Zeit war seine ganze Welt aus den Fugen geraten.
Elijah stand vorsichtig auf und bewegte sich ganz langsam, damit sie nicht bemerkte, dass er nicht mehr neben ihr lag. Er hob seine Kleidung auf und zog sich rasch an. Er sollte sie eigentlich nicht verlassen. Er sollte nicht zulassen, dass sie aufwachte und er nicht mehr neben ihr lag. Aber er brauchte diese Zeit für sich. Möglicherweise wäre er schon wieder bei ihr, noch bevor sie bemerkt hatte, dass er weg war. Jedenfalls konnte er nicht mehr länger neben ihr liegen und sehen, wie verdammt schön und zufrieden sie dalag, während er so aufgewühlt war.
Er brauchte jetzt einen klugen Zuhörer, denn er wusste, dass er nicht allein damit fertig werden konnte. Er war zu verstrickt, er war zu nah dran. Und es schmerzte zu sehr, als dass er klar sehen könnte.
Und dieses Mal war es ein Schmerz, der nicht so leicht zu ertragen war wie der körperliche Schmerz von einer Wunde.
Nein.
Sterben war viel weniger qualvoll als ein wehes Herz.
13
Gideon öffnete die Augen, keine zwanzig Minuten nachdem er in den Schlaf geglitten war. Die Buntglasfenster im Schlafzimmer sperrten das Morgenlicht fast ganz aus und verwandelten es von einem aufdringlichen Weiß in einen Schauer warmer Farben, auf den seine Augen sich schnell einstellten.
Er und Legna hatten beschlossen, den Tag in seiner früheren Residenz zu verbringen. Anders als in ihrer Wohnung an Sienas Hof, wo während der Feiertage ein ständiges Kommen und Gehen herrschte, waren sie hier während ihrer Samhain-Nacht ganz ungestört. Sie hatten nicht lange an den üblichen Schlossfestlichkeiten mit Noah und mit ihren übrigen Freunden teilgenommen, da es sie in dieser Nacht, genau wie Noah, Bella und die anderen, die der Prägung unterlagen, und sogar die, für die das nicht galt, rasch ins Bett gedrängt hatte.
Gideon hatte sich genauso lange und gründlich ausschlafen wollen, wie er zuvor seine Frau geliebt hatte, die nun ebenfalls fest schlief. Legna lag ausgestreckt über ihm, genau wie immer, auf eine Art, die sein Herz heftiger schlagen ließ.
Doch irgendetwas hatte ihn geweckt, und während er ihr noch geistesabwesend über die weichen Haare strich, versuchte er, sich klar zu werden, was das war.
Als ihm bewusst wurde, wer sich seinem Haus näherte, schob Gideon Legna rasch und unsanft von seinem Körper hinunter. Er achtete nicht auf ihren verschlafenen Protest, warf die Bettdecke über sie und griff nach seinem Morgenmantel.
Der Heiler hielt einen Augenblick unschlüssig inne. Dann streckte er die Hand aus und legte sie Legna auf die Stirn. Er tauchte mental in ihren Körper ein, übertrug etwas von seiner Energie auf sie. Sobald sie ganz von der Welt abgetaucht war und ihr Geist, ihre Gedanken und ihre Lebenszeichen kaum mehr wahrnehmbar waren, hob er sie auf die Arme und trug sie zu einem Schieberegal, hinter dem der Raum lag, der ihm jahrhundertelang als Ort der Meditation gedient hatte. Nachdem er sie vorsichtig auf den Boden in der geheimen Kammer gelegt hatte, ließ er sie allein, ohne sie noch einmal zu küssen, obwohl er in diesem Moment nichts lieber getan hätte.
Dann verließ er die Kammer und eilte aus dem Schlafzimmer. Er schwang sich über das Treppengeländer und ließ sich drei Stockwerke tief durch den Treppenschacht der Wendeltreppe fallen.
Gideon landete auf den Füßen und ging in die Hocke, während er mit schräg gelegtem Kopf seine Sinne bis zum Äußersten schärfte. Er war
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