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Schattenwandler 05. Noah

Schattenwandler 05. Noah

Titel: Schattenwandler 05. Noah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacquelyn Frank
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gehalten hatte. Sarah hatte Ariel einen Sohn geschenkt. Ariel hatte Sarah den zukünftigen König geschenkt. Kestra sah sie beide in Noah. Aggression, Verlangen und Gefühle, in Schach gehalten von Mäßigung und Diplomatie. Gelehrt wie seine Mutter, ein Krieger wie sein Vater. Das dunkle, gute Aussehen von Ariel; das sanfte, liebende Herz von Sarah.
    Dann sah sie ihren tragischen Tod, eine offene Wunde wie ihr eigener Schmerz, so schrecklich wie das, was sie erlitten hatte.
    »Oh Gott …«, keuchte sie und schlang ihre Arme um seinen Kopf und hielt ihn fest an sich gepresst. »Oh Noah …«
    Der König drängte den Schmerz zurück, als sie in die Erinnerung an diesen Tag hineinglitt, diesen Tag, an dem er und Gideon Sarah gefunden hatten, gehäutet, missbraucht und getötet von einem ihrer eigenen Leute. Der gleiche Albtraum, den Kestra durchlitten hatte. Nur dass es ein zufälliger, völlig willkürlicher Akt gewesen war und nicht eine geplante Tat. Die kleine Magdelegna, erst ein paar Jahre alt, hatte nach ihrer Mutter gesucht und sie gesehen, bevor sie den Ort des Verbrechens absperren konnte. Wie soll man den Ausdruck des Kindes verkraften? Welche Entscheidungen soll man treffen? Und plötzlich das Oberhaupt der Familie zu sein, als Sarahs Gatte in Verzweiflung stürzte. Wie sollte Ariel leben ohne Sarah? Er hatte jeden Gedanken, jeden Augenblick der Qual und des Schmerzes mitbekommen, bevor sie gestorben war. Er war zu weit weg … zu weit weg, um einzugreifen. Er hatte versagt, ihr gegenüber, den Kindern gegenüber. Sein Herz und seine Seele zerbrachen, als sie nicht mehr war. Zu weit weg, um zu verhindern, dass sein Sohn sie so fand. Zu weit weg, um Legna den Anblick von etwas zu ersparen, was kein kleines Kind sehen sollte.
    Sie hatten in dieser Nacht beide Eltern verloren. Ariel war untröstlich in seiner Verzweiflung. Kein geprägter Gemahl konnte die Trauer über einen solchen Verlust überleben. Sie wussten, dass er innerhalb eines Jahres von ihnen gehen würde, auf die eine oder andere Weise, und sie konnten nichts dagegen tun. Sie wollten es auch nicht. Sie wollten Erbarmen mit ihm haben, damit er bei ihrer Mutter sein konnte. Doch auch ihm, Ariel, sollte ein würdevoller Tod versagt bleiben. Er wurde kurz darauf verurteilt, nachdem schwarze Magie ihn auf Abwege geführt und in ein schreckliches Monster verwandelt hatte. Und Noah, bereits zum König ernannt und der ganze Stolz seiner Eltern, musste seinen Vollstrecker aussenden, damit der die Totenglocke läutete und die Welt vor seinem zerstörten Vater rettete. Jacob. Jacob, der nie erfahren hatte, wie viel Dankbarkeit und Liebe Noah empfand, weil er dies getan und seinen Vater von Folter und Qual befreit hatte.
    Und so endete das Märchen. Eine unzerstörbare Liebe.
    »Nein …«, flüsterte Noah an ihrem Ohr, als er die Bitterkeit des Gedankens wahrnahm. »Du musst verstehen, dass das Ende der Geschichte nicht wichtig ist, Kestra. Alle Geschichten sind irgendwann zu Ende. Alles Leben endet. Die Natur hat es so vorgesehen. Und du weißt, dass es friedlich, gewaltsam oder grausam sein kann, aber das Ende selbst zählt nicht. Das, was bis dahin, bis zur allerletzten Minute, passiert, nur das zählt.« Er strich ihr mit den Fingern durch das Haar und wusste, dass sie ihm zuhörte, während sie ihn festhielt und gegen seinen Hals atmete. »Ich weiß, dass du diese Vorstellung wahrscheinlich besser verstehst als irgendjemand sonst, den ich kenne. Du hattest zwei Möglichkeiten, als diese furchtbare Sache mit dir passiert ist.« Wie zum Schutz schlangen sie die Arme enger umeinander. »Für immer Opfer zu sein, oder genau das zu sein, was dieses Scheusal glaubte, in dir zerstören zu können. Oh, ich verstehe dich jetzt so viel besser«, hauchte er und brachte sie dazu, unter Tränen zu lachen.
    »Werd nicht übermütig. Du weißt nicht einmal halb so viel über mich, wie du denkst«, neckte sie ihn matt.
    »Ich lebe in deinem Geist«, brachte er ihr leise flüsternd in Erinnerung. »Ich sehe das Feuer. Ich weiß, was Feuer ist, Kestra. Ich sehe deinen Zorn, dem du mit Bomben Luft machst. Ich spüre das Verlangen nach tiefer, brennender Leidenschaft, die du durch Gefahr ersetzt. Bist du verrufen? Eine Söldnerin? Sollte mich das schockieren oder beeindrucken? Ich möchte dir gefallen, also lass es mich wissen.«
    »Du bist total verrückt, das weißt du doch, oder?« Sie seufzte, jedoch ohne Groll und ohne Nachdruck; entspannt lag sie in seinen Armen.

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