Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenwandler 05. Noah

Schattenwandler 05. Noah

Titel: Schattenwandler 05. Noah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacquelyn Frank
Vom Netzwerk:
Gideon zu sein. Und er hatte recht gehabt, sich zu fürchten. Nicht um sich selbst. Nein. Er hatte nie wirklich an sich gedacht. Er dachte an die anderen. Die Unschuldigen. Er war sicher, dass er jeden, den er liebte, vernichten würde, wenn er die Kontrolle verlor. Er hatte durchgehalten, und das war ihm von Jahr zu Jahr schwerer gefallen. Doch er hatte die anderen seine Qualen nie merken lassen, um für diejenigen da zu sein, die ihn brauchten.
    Die letzten Jahre waren die Hölle gewesen. Ohne Legnas beruhigenden Einfluss hatte er gelitten und getobt und sich gequält. Er hatte gewartet, bis er wusste, dass er allein sein würde, und war dann in eine Höhle ein paar Kilometer entfernt gegangen. Die ganze Höhle war verbrannt und geschwärzt von der Befreiung, die er sich verschafft hatte. Er hatte alles versengt. Explosionen und hohe Flammen – den Körper voller Schweiß, Ruß und Rauch, hatte er sich bis zur Bewusstlosigkeit verausgabt. Kurz darauf erwachte er wieder, weil er voller Energie war und sein Körper sich schnell erholte. Dann kehrte er in den Salon zurück, um zu lesen, oder er sank in tiefen Schlaf.
    Und dann, während des letzten Beltane, hatte er von ihr geträumt. Er hatte in der Höhle gelegen, erschöpft und um einen klaren Kopf ringend, und er hatte von ihr geträumt. Von ihrem Feuer und von ihrem Kampf, und ihre Leidenschaft hatte ihn für immer geprägt, denn die Flamme zwischen ihnen war größer als alles, was er selbst schaffen konnte. Immer und immer wieder hatte er es sich ins Gedächtnis gerufen, voller Verlangen, bis er es kaum noch ertragen konnte. So leer, wie sie sich gefühlt hatte, so unerfüllt war er gewesen.
    Und dann …
    Verschwunden.
    Eine Sekunde lang hatte er sie gesehen, und in der nächsten war sie wieder verschwunden. Kestra sah, was er gesehen hatte; sah den Tod, dem sie begegnet war. Zorn und blinde Zerstörungswut waren die Folge gewesen. Doch er hatte sie gerettet. Er hatte einen Weg gefunden. Den Weg durch die Hölle. Ein Bruch mit allem, woran er glaubte und was er tief in seiner Seele wertschätzte.
    Und noch etwas hatte er verloren. Kontrolle, Freunde, Respekt. Liebe und Vertrauen vielleicht unwiederbringlich verloren. Und weil Samhain bevorstand, verlor er zudem kostbare Zeit, während der er verzweifelt versuchte, sie so sachte wie möglich in seine Welt zu holen. Während der er versuchte, sie kennenzulernen und ihr die Möglichkeit zu geben, ihn kennenzulernen. Das Aufeinandertreffen im Salon war nicht einmal annähernd befriedigend gewesen, weder für ihn noch für sie. Das Körperliche war ein Impuls gewesen; das Emotionale war die Essenz. Er brauchte ihre Seele und ihr Herz, um den Feuerteufel in sich zu bändigen. Es war ihre weibliche Kraft, ihr Gegenfeuer, das ihn zähmen und davor bewahren konnte, Schaden oder unkontrollierte Zerstörung anzurichten. Die körperliche Leidenschaft war nur eine symbolische Explosion ihrer Symbiose gewesen, vielleicht ein Tag der Liebe, doch ganz sicher ein Ventil für das Feuer in ihnen.
    Kestra rappelte sich hoch und bemerkte, dass er jeder ihrer Bewegungen folgte, doch er berührte sie nicht, denn er wusste, dass sie nichts sagen konnte und einfach nachdenken musste. Sie setzte sich aufs Bett und holte ein paarmal tief Atem, sah ihn dabei nicht an, doch sie spürte, dass er sie vom Fußende des Bettes aus beobachtete und wahrscheinlich ihre Gedanken las. Es war eine so große Verantwortung! Sie wäre verantwortlich für das Wohlergehen eines Königs, das Wohlergehen eines Wesens mit solchen Kräften, Kräften, die von ihrer parasitenhaften Anwesenheit im Zaum gehalten werden mussten.
    Doch so einschüchternd das auch war, sie hatte keine Angst, sich dem zu stellen. Sie spürte in sich ein ähnliches Kraftfeld wachsen. Sie begriff auf einmal, dass sie Fähigkeiten eines alten und mächtigen Wesens entdeckt hatte. Sie hatte ihm einen Weg gezeigt, den er seit Jahrhunderten gesucht hatte und den er trotz seines großen Wissens nicht hatte finden können.
    Ihr Körper gewann seine Kräfte zurück. Sie war dazu in der Lage, schnell zu genesen. Sie trug eine große Stärke in sich, nahm die unbekannte Herausforderung der Zukunft an, die sie als Wesen mit besonderen Fähigkeiten hatte, samt der Verantwortung, die damit einherging.
    Sie blickte Noah an und verstand, dass es eine ihrer wichtigsten Aufgaben war, sein Feuer in Schach zu halten. Das ließ ihr Herz schneller schlagen, jedoch ganz ohne Furcht. Es war Appetit. Nein,

Weitere Kostenlose Bücher