Schattenwandler 05. Noah
nur um sie beide und um das Vampirvolk kümmern musste.
Damien blickte hinauf zu der steinernen Decke, als könnte er durch diese hindurch in sein Schlafzimmer und zu seiner Gemahlin schauen. Sie schlief jetzt und erholte sich rasch unter der Pflege des Mönchs, den Siena geschickt hatte. Die Königin der Lykanthropen und ihr Gefährte, der Dämon Elijah, befanden sich ebenfalls oben in einem der Gästezimmer. Sie waren sofort gekommen, als sie von dem Angriff gehört hatten.
Das war jetzt seine Familie. Und sie bedeutete ihm viel mehr als eine Gesellschaft von herumstreunenden Schattenwandlern, die nichts übrig hatten füreinander und die nicht achtsam und respektvoll damit umgingen, dass er ihnen die Möglichkeit eröffnet hatte, ihren wahren Partner zu finden, zu lieben und zu heiraten. Doch sie waren mit ihrer Wankelmütigkeit und in ihrer Lasterhaftigkeit so immun, dass sie nicht erkennen konnten, was für ein Geschenk sie damit bekommen hatten.
Der Gerechtigkeit halber musste er allerdings sagen, dass sie nicht genug fühlen konnten, um es wichtig zu nehmen. Sein ganzes Volk war gequält und gelangweilt, ausgebrannt und ausgehungert, ohne zu wissen, warum. Sie begriffen nicht, dass sie sich verloren hatten und dass sie nur zu sich selbst finden konnten, wenn sie Geduld und Weisheit zeigten. Selbst Jasmine hatte sich die ganze Zeit mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, obwohl sie ihm gegenüber loyal war. In Wahrheit hatte sie Angst davor gehabt, dass seine tiefe Liebe zu Syreena sie aus seinem Leben ausschließen würde. Sie hatte Angst davor, dass sie selbst Gefallen daran finden und zu der Überzeugung kommen könnte, dass sie selbst einen Partner brauchte. Denn unter ihrer harten Schale hatte sie ein weiches Herz. Sie hatte ihr Leben lang, anders als die anderen, stets empfindsam reagiert, war immer wieder in Depressionen und in Kältestarre gefallen, weil sie die Einsamkeit in der oberirdischen Welt nicht ertragen konnte.
Sie hatte das alles verborgen hinter Wut, Stärke und hinter einer unerschütterlichen Haltung. Jetzt war einer ihrer zwei besten Freunde tot, aus der großen Menge Blut mit seinem Duftstoff zu schließen, die sie gefunden hatten. Der psychische Widerhall von Gewalt und Tod war von der Lichtung aufgestiegen, auf der Stephan vernichtet worden war. Damien und Jasmine konnten noch immer die Todesschreie des Kriegers hören, die der Erde und der Luft und seinem Blut entströmten. Vampire im Blutrausch waren zu allen möglichen Gräueltaten in der Lage, also wusste nur die Göttin, was diese kranken Mistkerle mit seiner Leiche gemacht hatten.
Alles, was Damien und seine Liebsten jetzt tun konnten, war, gemeinsam zu trauern.
Und abzuwarten, was die nächste Abenddämmerung bringen würde.
20
Kestra war nach ihrer Odyssee, bei der sie Blut, Schlamm, Rinde und alles Mögliche andere abbekommen hatte, völlig verdreckt, weshalb Noah nicht ihre Gedanken lesen musste, was ein Bad betraf. Er setzte sie auf den Wannenrand und ließ heißes Wasser einlaufen. Die Wanne war groß und rechteckig und in einer Ecke eingelassen, wo sich in einer Nische aus Buntglas mit Ziersteinen und Marmor auch eine Bank befand.
»Ist das die berühmte Badewanne, mit der du angegeben hast?«, zog sie ihn auf.
Noah hielt inne dabei, eine intensiv duftende Ölmischung ins Wasser zu gießen. Seine Augen blitzten belustigt, und er zog eine Braue hoch.
»So beeindruckend ist sie nun auch wieder nicht. Kein Whirlpool«, stellte sie fest.
»Kein Strom. Du wirst auch sonst keine Elektrogeräte in einem Dämonenhaushalt finden, wie du ja schon festgestellt hast. Sie vertragen sich nicht mit unserer Biochemie.«
»Mit meiner schon.« Sie schmollte, indem sie ihre volle Unterlippe vorschob und ihn damit verlockte.
Noah stellte sich vor sie hin und ging dann in die Hocke. Er berührte mit der Fingerspitze ihr Knie. »Ich fürchte, es gibt noch etwas, was sich für dich ändern wird. Natürlich gibt es Strom im Ort; wenn du also irgendetwas vermissen solltest, dann bekommst du es dort. Ich könnte eine kleine Hütte für dich einrichten lassen, wo du unserem primitiven Leben entfliehen kannst. Du bekommst Stromleitungen, einen Haartrockner und sogar eine schnelle Internetverbindung.«
»Wirklich?« Sie sah pflichtschuldig überrascht aus.
»Ja. Technik passt vielleicht nicht zu uns, aber sie ist heutzutage notwendig. Ich habe Partner unter den Menschen im Ort, die diese Dinge für mich erledigen.«
»Wissen Sie,
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