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Schattenwende

Schattenwende

Titel: Schattenwende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Seck
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verdrängt.
    Kräftige Schritte näherten sich ihm und er roch Damirs schweren Geruch, bevor sein Gesicht in der offenen Tür erschien.
    „Hier steckst du also“, stellte er trocken fest.
    Dwight wies mit seinem kantigen Kinn auf die Waffe, die er locker auf seinen Knien balancierte.
    Damirs Augenbrauen hoben sich fragend.
    „Ist dir entgangen, dass wir heute nicht in den Nahkampf gehen, Kumpel?“
    Dwight verzog das Gesicht.
    „Nee, Kumpel “, äffte er Damir nach, dessen Miene sich unheilverkündend verfinsterte.
    „Ich meine es ernst“, wies Damir ihn scharf zurecht.
    „Jaja … Schieb mal nicht so einen Stress. Ich mach’ schon nix.“
    „Gut. Dann wird es dir sicher nichts ausmachen, mir das Ding zu überlassen. Zur Verwahrung sozusagen.“
    Dwights Körper spannte sich bei dieser Drohung unwillkürlich an und er bleckte die Zähne.
    „Dazu hast du kein Recht“, fauchte er.
    „Und ob ich das habe“, erwiderte Damir ruhig und bestimmt. „Ich lasse jedenfalls nicht zu, dass du unseren Plan versaust, nur weil du Lust auf eine Extravorstellung hast. Wir haben uns geeinigt, keinen unnötigen Verdacht zu erregen. Wer weiß, wie viele Menschen da arbeiten. Was meinst du, was ihre Polizei sagen wird, wenn du sie alle in Fetzen reißtund da zerfleischte Leichen rumliegen, als sei ein Rudel Wölfe über sie hergefallen?“
    „Oh, glaub mir, sie würden sie gar nicht mehr erkennen“, zischte Dwight genüsslich.
    Damir gab ein warnendes Knurren von sich, das Dwight nur noch mehr in seine Kampfposition stieß.
    „Pass auf … Wenn du nicht parierst, sperren wir dich irgendwo ein, bis es vorbei ist.“
    Dwights Muskeln zitterten unkontrolliert und es kostete ihn all seine Mühe, nicht mit einem wütenden Brüllen auf den älteren Vampir loszugehen. Die Tatsache, dass Damir sicherlich keine leeren Drohungen ausstieß, hielt ihn schließlich in Zaum. Hasserfüllt funkelte er den Stellvertreter an.
    „Als ob sie uns nicht auf die gleiche Weise behandeln würden, wenn sie es könnten“, schnaubte er und spuckte verächtlich auf den Boden.
    Tief in seinem Inneren wusste er, dass er mit seinen Worten Recht hatte. Er hatte es selbst gesehen, wie bestialisch sie seine Frau und seine neugeborene Tochter von ihm fortgerissen hatten.
    Vor langer Zeit.
    Wie sie von unerbittlichen, dreckigen Menschenpfoten angerührt und in die Höllenflammen ihrer Scheiterhaufen gestoßen worden waren und seine geliebte Frau immer wieder seinen Namen gerufen hatte, solange, bis sich ihre gequälte, verzweifelte Stimme und das schmerzerfüllte Wimmern des Säuglings in sein Gedächtnis eingebrannt hatten wie Salzsäure.
    Bevor er dieses Erlebnis aus seinen Erinnerungen verbannt hatte, bevor er sich gezwungen hatte, Liya und seine kleine Tochter zu vergessen, hatte er sich einen Eid geschworen:
    Niemals zu ruhen, niemals zu vergeben, niemals Gnade zu erweisen, bis nicht jedes einzelne Leben, das jenen angehörte, deren Hände vom unschuldigen Blut seiner Familie auf ewig besudelt waren, unwiderruflich erloschen war.
    Dieser Schwur ließ ihn am Leben festhalten und ermöglichte es ihm, den Schmerz und die Trauer, ja sogar die Existenz des glücklichen Lebens, das er einst geführt hatte, schlichtweg zu vergessen.
    Er hatte von einem Tag auf den anderen gelernt, dass er ohne Gefühle, ohne Gedanken besser dran war. Das Krachen, mit dem das Tor zu seinen Erinnerungen zugefallen war, hatte ihn von seinem alten Leben getrennt. Es gab nur noch die Gegenwart und die Zukunft.
    Sein altes Ich, seine Vergangenheit war mit Liya im Feuer gestorben.
    „Dwight?“ Damirs überraschend sanft klingende Stimme holte ihn zurück. Er wusste nicht, wo er mit seinen Gedanken gewesen war. Wusste es nicht mit seinem vollen Bewusstsein, auch wenn er es in den Tiefen seines Wesens ahnte.
    Er zuckte zurück und bedeutete Damir, der besorgt näher treten wollte, Abstand zu halten.
    Sein Atem ging schwer und stoßweise. Ein unerklärlicher Druck saß auf seiner Brust und schien mit einem boshaften Kichern darauf zu warten, dass die Last der Vergangenheit auf ihn einstürzte.
    „Raus … hier …“, brüllte er, selbst nicht wissend, ob er seinen Bruder oder den Schatten, der ihn selbst umflatterte, meinte.
    In einer einzigen geschmeidigen Bewegung hatte Damir den Langdolch an sich genommen und war damit verschwunden, ehe Dwight protestierte und ihm mit einem mächtigen Satz nachkommen wollte.
    Aber er war zu langsam. Sein Körper gehorchte ihm nicht mehr und

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