Schattenwende
einem angenehmeren Anlass wiedergesehen, Bruder. Auch wenn ich gestehen muss, dass es eine Erleichterung für mich war, zu hören, dass ihr den Anschlag überlebt habt.“
Ein Schatten huschte über die Gesichter der beiden.
„Nun, mit eurer Hilfe sollte es uns gelingen, eine Rache zu vollbringen, welche in die Geschichte der Menschen eingehen wird.“
Damir löste sich von Rias Seite und stellte sich neben Reagan.
„Wir müssen vorsichtig sein“, gab er zu bedenken. „Ihr solltet uns erst einmal einen detaillierten Überblick über die Lage verschaffen. Die wenigen Informationen, die wir über die Distanz erhalten haben, reichen nicht aus, um mit der Arbeit zu beginnen.“
Darragh neigte den Kopf und lächelte.
„Ich sehe, du bist immer noch der kluge Kopf der Gruppe, Damir. Manche Dinge ändern sich auch nach Jahrhunderten nicht.“
Damir erwiderte das Lächeln breit, ehe Cayden plötzlich zu ihm vordrang und ihm das Kind in die Arme drückte, das er beim Aussteigen aus dem Flugzeug getragen hatte. Dann wirbelte er herum und stürzte nach vorne, stürzte an Darragh vorbei, nicht ohne ihm einen derben Schlag aufdie Schulter zu versetzen, in dem zweifelsohne so viel Freundschaft steckte, dass niemand sie übersehen konnte. Sekundenbruchteile später lag er in Phyrrus’ Armen.
Daphne, die noch nie gesehen hatte, wie zwei männliche Vampire sich umarmten, sah weg, denn der Moment gehörte zwei sehr alten Freunden und es war ihr unangenehm, eine so intimen Geste anzustarren.
„Mann, dein Schnarchen hat mir gefehlt.“
„Konntest ohne bestimmt nicht pennen, oder? Sag mal, bist du gewachsen?“ Phyrrus schob Cayden grinsend von sich weg, aber die Heiserkeit seiner Stimme verriet, wie bewegt er war.
„Höchstens in die Breite. Du glaubst gar nicht, wie Ria uns mit ihrem köstlichen Essen vollstopft.“
Die kleine Gruppe lachte schallend und die angespannte Stimmung löste sich augenblicklich.
„Na, kommt mit. Ihr habt eine lange Reise hinter euch und ihr solltet euch ausruhen. Wir haben leider nur vier freie Zimmer, die müsst ihr unter euch aufteilen.“
Darragh bedeutete den Vampiren und den Frauen, ihm zu folgen, und die kleine Prozession setzte sich in Gang.
Zu Daphnes Überraschung führte er sie durch einen Schacht unterhalb des winzigen Fluglandeplatzes in einen Bunker. Er schien ein Überbleibsel eines vergangenen Krieges zu sein. Man hatte versucht, ihn so wohnlich wie möglich herzurichten. Lampen flimmerten an den Wänden und Teppiche dämpften die Geräusche der schweren Stiefel. Je tiefer sie in das unterirdische Gefilde vordrangen, desto wärmer wurde es. Von irgendwoher wehte ein verlockender Duft nach Essen, der nicht nur Daphnes Magen zu einem verräterischen Knurren verführte.
„Meine Gefährtin hat es sich nicht nehmen lassen, ein Willkommensessen zu bereiten.“
Zum ersten Mal wandte der britische Vampir sich direkt an Daphne und Ria. „Sie freut sich vor allem auf euch. Die Gesellschaft zweier dauerhaft gereizter Männer scheint allmählich sogar ihre Geduld an ihre Grenzen zu bringen.“
Ria lächelte charmant. „Das ist sehr rücksichtsvoll von ihr. Ich glaube, nach der langen Reise können wir alle eine Kleinigkeit für den Magen gebrauchen.“
Darragh erwiderte ihr Lächeln galant und deutete der Gruppe an, ihm durch die weit verzweigten Schächte zu folgen.
Dabei wich Dwight keinen Zentimeter von Niamhs Seite, als befürchtete er, sie würde die nächstbeste Gelegenheit zur Flucht nutzen. In Anbetracht seiner Halsstarrigkeit, die als unfreundlich zu beschreiben noch harmlos ausgedrückt gewesen wäre, war diese Befürchtung nicht einmal so abwegig.
Für einen unterirdischen Bunker aus Beton und Stahl war das neue Hauptquartier von Darragh und Phyrrus mehr als weitläufig. Die verschachtelten Gänge ähnelten einem komplizierten Labyrinth und boten Platz genug für die amerikanischen Gäste.
Während die meisten noch damit beschäftigt waren, ihre Koffer auszupacken und sich auszuruhen, oder bereits erste Erkundungstouren durch dieses Relikt des Zweiten Weltkriegs zu unternehmen, traf Reagan sich zur Mitternachtsstunde mit dem Anführer der britischen Vampire am Knotenpunkt eines entlegenen Teils des Gangsystems vor einer in die Tiefe reichenden Eisentreppe, die unter den schweren Stiefelabsätzen der Krieger schwankte, als sie den Weg nach unten antraten.
„Wohin gehen wir?“, wollte Reagan wissen und warf dem jüngeren Vampir einen aufmerksamen Seitenblick
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