Schattenwende
geschlagen von der Schnelligkeit der Ereignisse und sie nickte wie in Trance.
„Super! Dann telefoniere ich mal ein bisschen herum und wir können uns gleich auf den Weg machen.“
Mark schnappte sich unter dem strafenden Blick seiner Frau ein Stück von dem noch warmen Kuchen, den sie vorhin gebacken hatte, und verschwand frech grinsend.
„Bis gleich dann, liebe Schwägerin“, tönte es aus dem Flur, ehe die Tür ins Schloss fiel.
Janet schüttelte tadelnd den Kopf, aber ihr Blick sprach eine andere Sprache, als sie ihrem Mann hinterher schaute.
„Nun ja, ich würde sagen, während ihr umzieht, passe ich auf meine Nichte auf. Oder willst du sie lieber mitnehmen?“
„Nein, lass mal. Mir soll es nur recht sein, wenn sie nie wieder in diese Wohnung zurückkehren muss.“
Daphne stand auf.
„Du entschuldigst mich? Ich möchte schon mal fahren und alles fertig machen. Mit meinem Vermieter muss ich auch noch sprechen. Vielleicht entlässt er mich gar nicht aus dem Vertrag vor der Kündigungsfrist.“
Sie stockte kurz und überlegte.
„Aber ich werde mal eine Arbeitskollegin anrufen. Die sucht eine kleine Singlewohnung. Vielleicht hat sie ja Interesse.“
Mehr würde ihre Kollegin Lea sich auch nicht leisten können, denn finanziell war sie ebenso wenig betucht wie Daphne.
„Aber sicher. Lass dir Zeit, Mark wird gewiss ein paar Stunden brauchen, bis er den Bus und ein, zwei Kumpels zum Möbel tragen zusammengetrommelt hat.“
„In Ordnung. Dann sehen wir uns später.“
Daphne drückte ihrer Schwester einen Kuss auf die Wange und machte sich ein letztes Mal auf den Weg in das Loch, in dem sie einige Zeit ihres Lebens verbracht hatte.
Reagan und Dwight standen sich kampfbereit gegenüber.
Der Vampirälteste hielt das Kinn stolz in die Höhe gereckt und seine pechschwarzen Augen blitzen wild auf.
„Ich hätte dich leider töten müssen, wenn sie durch deine Hand gestorben wäre. Ich hoffe, das ist dir bewusst.“
Reagans dunkle Stimme hallte in dem Kellergewölbe unnatürlich tief wider.
Dwight senkte den Kopf, doch der ungebärdige Glanz in seinen Augen war ungebrochen.
„Ich weiß.“
Kein Wort der Erklärung, keine Entschuldigung. Der Anführer näherte sich dem Krieger, der ihn um einige Zentimeter überragte.
„Sag mir, was hat dir die Frau, die in unserer Rasse zutiefst verehrt wird, getan, dass du solchen Hass für sie empfindest?“
Der Vampir ballte seine Hände, bis die Venen seines Arms hervortraten, doch er gab keinen Laut von sich.
Reagan kniff die Augen zusammen. Der Schlag des Anführers kam überraschend und war so kraftvoll, dass Dwight gegen die Wand taumelte. Blut sickerte aus seinem Mundwinkel, rann über seinen Hals und die nackte Haut seines breiten Oberkörpers.
„Also?“
Er wehrte sich nicht einmal, als Reagan ihn an der Kehle packte und an die Wand drückte.
„Warum siehst du nicht selbst nach?“, wisperte er und entblößte mit einem bösen Grinsen seine eindrucksvollen Reißzähne.
„Na los, sieh in meinen Kopf, dann erfährst du, was du unbedingt wissen willst.“
„Nein. Ich will, dass du es mir von dir aus sagst“, entgegnete Reagan ohne mit der Wimper zu zucken und verstärkte seinen Griff um den Hals des Vampirs.
„Warum? Hast du Angst, du könntest es nicht ertragen, zu sehen, was ich mit deiner Kleinen angestellt habe?“
Dwights Augen funkelten diabolisch, bevor er röchelnd nach Luft rang.
Reagan brüllte bei seinen Worten auf und holte weit aus, ehe er seine Faust krachend in Dwights Rippen rammte. Es knackte unangenehm und Dwight stieß zischend Luft hervor, obgleich er nicht kapitulierte. Der Krieger hob den Kopf und begegnete Reagans Blick mit Gleichgültigkeit. Das eisige Blau seiner Iris zeigte keine Gefühlsregung, doch Reagan spürte die starre Anspannung seines Bruders. Der Anführer wusste genau, was Dwight zu seinem Handeln bewogen hatte. Er hatte nicht mit Daphnes Gabe gerechnet. Er hatte sich schließlich nicht die Mühe gemacht, einen Blick in ihre Augen zu werfen. Und die Konsequenz seiner Unachtsamkeit war, dass sie ihm verdammt nahe gekommen war. Ihm, der sein gesamtes Wesen auf seine Rachegelüste ausgerichtet hatte und niemals jemandem gestattete, in die unergründlichen Schluchten seiner Seele zu schauen, ausgerechnet er hatte sich unfreiwillig einer Menschenfrau offenbart. Sie wusste nun Dinge über ihn, die ganz allein ihm gehörten und die niemand wissen sollte. Dennoch hatte Dwight gegen die Gesetze seiner Rasse
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