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Schattenwende

Schattenwende

Titel: Schattenwende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Seck
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Vorgesetzten zu verbergen. Ebenso erstaunlich war es, dass seine Arbeit darunter nicht litt. Im Gegenteil. Jones war zufrieden mit seinen Resultaten, selbst wenn er ihn regelmäßig daran erinnerte, dass das Projekt höchste Priorität habe und Smith sich beeilen müsse, damit ihnen die Zeit nicht davonliefe.
    Smith war unterwürfig genug, um sich keine ausschweifenden Gedanken über das „Projekt“ zu machen. Seine wissenschaftliche Neugier freute sich über dieses seltsame Experiment, aber sein gesunder Menschenverstand versagte auf ganzer Linie. Natürlich wusste er tief im Inneren seines Herzens und seines Hirns, dass das Genmaterial, das er erforschte, nie und nimmer von einem normalen Menschen stammen konnte, doch Jones hatte ihm keine Antwort auf seine diesbezüglichen Fragen gegeben, also hielt er es für unwichtig.
    Bis zu jenem Tag, als ihm durch ein Versehen Unterlagen in die Hände fielen, die eigentlich nicht für ihn bestimmt waren. Es war ein ganzer Ordner voll mit Steckbriefen von verschiedensten Personen, von denen ihm keine einzige bekannt war. Smith geriet in Panik, als klar wurde, dass es sich bei diesen Menschen um jene handeln musste, von denen die Blutproben stammten. Die Blutwerte waren dieselben. Mit dieser Erkenntnis befiel ihn Furcht und legte sich wie eine eiserne Fessel um seinen Brustkorb. Er hatte etwas gesehen, das nicht in seinen Zuständigkeitsbereich fiel, etwas, auf dessen Geheimhaltung diese Firma strengstens bedacht war. Niemand durfte unerlaubt und ohne direkte Anweisung der oberen Etage in die Aufgaben anderer Mitarbeiter Einblick nehmen. Verstöße wurden meistens mit sofortiger Kündigung geahndet.
    Er hatte natürlich erwogen, die Dokumente unverzüglich in der Chefetage abzugeben und zu behaupten, sie niemals eingesehen zu haben. Vielleicht würde man ihm das sogar glauben, denn er war immerhin einer der renommiertesten Professoren und galt offenbar als vertrauenswürdig.
    Doch aus irgendeinem Grunde zögerte er, als er die Fotos betrachtete. So unterschiedlich die darauf abgebildeten Personen aussahen, bei genauerer Beobachtung stellte sich eine verblüffende Ähnlichkeit heraus. Keine optische Ähnlichkeit wie sie zum Beispiel unter Verwandten bestand. Es war eher das geheimnisvolle Glitzern in ihren Augen und die ausgeprägten und ebenmäßig schönen Gesichtszüge.
    Noch während er darüber sinnierte, hatte er sich unbemerkt in die Abteilung der Biologen eingeschleust, für welche die Unterlagen ursprünglich bestimmt waren, sich in das Forschungsbüro geschlichen und den Ordner ins Fach gelegt.
    Dennoch hatte dieses Ereignis ihn nachdenklich gemacht und er hatte sich immer öfter dazu erdreistet, Jones nach der Herkunft der Blutproben zu fragen – von sich selber und seiner Forschheit selbst wohl am meisten erschrocken.
    Nun fragte er sich, ob der Anruf seines Vorgesetzten unter Umständen mit der Antwort auf diese Fragen verbunden sein könnte. Diese Idee machte ihn umso gehetzter, als er die Treppen zum Keller hinabstieg. Er befeuchtete seine trockenen Lippen mit der Zunge und stopfte seine Hände in die Kitteltaschen, um das fahrige Zittern zu verbergen.
    Am Ende des nur schwach beleuchteten Kellergangs stand Jones und erwartete ihn bereits mit einem höflichen Lächeln.
    „Schön, dass Sie so kurzfristig Zeit gefunden haben, Mr. Smith.“
    Smith wusste nicht, welche Antwort der schmallippig lächelnde Jones darauf wünschte, daher nickte er nur.
    Jones zückte aus der Jacke seines Anzugs einen Schlüssel und deutete auf die breite Stahltür, die den Gang vor ihnen versperrte. Im ersten Moment hatte er dahinter einen Heizungsraum vermutet. Erst bei genauerem Hinsehen erkannte er nun eine Codeschaltung und mehrere Überwachungskameras, welche die Tür absicherten.
    Sein Vorgesetzter gab eine mehrstellige Zahlenkombination ein, ehe die Tür sich wie von Geisterhand ratternd öffnete und einen langen, grün gefliesten Gang preisgab. Jones trat zur Seite und gewährte ihm mit einer spöttisch einladenden Geste den Vortritt.
    „Kommen Sie. Die Tür schließt sich nach zehn Sekunden automatisch, von daher rate ich zu ein wenig Eile.“
    Smith schaute sich verstohlen um, als sie dem langen Flur folgten. Es gab keine Tür, kein Fenster, keine Möblierung. Nichts außer grüner Fliesen.
    Auch die Temperatur war ungewöhnlich. Es war so kalt, dass sein Atem kleine Wölkchen vor ihm bildete.
    „Wo sind wir hier?“, erkundigte er sich.
    „Im Untergeschoss des

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