Schattenwende
eintrug. Die angespannte Stimmung im Technikraum rührte nicht zuletzt von Dwights sich stetig steigerndem Aggressionspotenzial.
„Es hat niemand an deinen Worten gezweifelt, Cayden. Aber die ganze Sache ist ziemlich kompliziert und es wäre deine Pflicht gewesen, sofort zu mir zu kommen. Wer weiß, wie lange Darragh noch gezögert hätte, mich anzurufen.“
Reagans Wangenknochen stachen aus seinem angespannten Gesicht heraus, waren ein Zeichen seiner unterdrückten Ungeduld und auch des Ärgers, den er wegen Caydens mangelnder Loyalität verspürte.
„So was darf nie wieder vorkommen, hast du mich verstanden? Wenn du mir noch mal was verschweigst, bist du raus. Endgültig. Vielleicht findest du ja eine andere Gruppe, der du dich anschließen könntest.“
Der blonde Vampir presste seine Kiefer aufeinander und nickte. Seine Gesichtsmuskeln zuckten kaum merklich. Von seiner üblichen Ausgelassenheit war nichts mehr übrig.
„Ich weiß“, gab er zu. „Es war ein Fehler und wenn ich es irgendwie kann, werde ich es wieder gut machen.“
„Darüber reden wir später unter vier Augen. Zuallererst müssen wir unsere Vorgehensweise besprechen. Darragh hat mir seinen neusten Kenntnisstand dargelegt und der ist alles andere als beruhigend. Es verschwinden mittlerweile beinahe jede Nacht Vampire. Sie tauchen zwar nach ein paar Tagen wieder auf, aber niemand von ihnen kann sich erinnern, was in dieser Zeit mit ihnen geschehen ist. London ist hochgradig gefährlich geworden. Um ihre Leute vor einer Massenpanik zu bewahren, haben Darragh und Phyrrus ihre Rückkehr bekannt gemacht. Das birgt natürlich ein hohes Risiko und macht sie verdammt schnell zur Zielscheibe, wenn die Solems davon Wind bekommen sollten. Was sie sicherlich auch bald werden. Schnüffeln können sie schließlich ausgezeichnet.“
Wut zeichnete sich auf seinen markanten Gesichtszügen ab.
„Sie haben heute sogar ein kleines Mädchen gefunden, das so schwach war, dass es fast gestorben wäre. Sie haben es mit in ihr neues Quartier, einen unterirdischen Bunker, genommen und von einer Liyanerin, welche die Gabe der Heilkunst besitzt, untersuchen lassen. Dabei ist ihr eine winzige, beinahe schon vernarbte Wunde am Hinterkopf aufgefallen. Darragh hat Fotos davon gemacht, die Damir gleich in seinem Posteingang haben müsste.“
Auf das Stichwort hin öffnete Damir seinen E-Mail-Account und durchsuchte den Posteingang nach neuen Nachrichten. Die Bilder waren schon da.
Die übrigen drei Vampire bildeten einen Kreis um den Monitor und gemeinsam betrachteten sie das Foto, dass die im Durchmesser einige Millimeter große Wunde zeigte.
„Es sieht beinahe so aus, als hätte man da ein Loch gebohrt“, mutmaßte Damir und konnte den Ekel in seinem Tonfall nicht verbergen.
„Sie benutzen die Vampire als Versuchskaninchen“, sagte Reagan, am ganzen Körper bebend vor Zorn.
„Öffne die anderen Bilder!“, befahl er.
„Darragh hat mir von sämtlichen anderen Einstichen berichtet, die sich überall am Körper abzeichnen sollen. Die Heilkundige hat dem MädchenBlut abgenommen und es untersuchen lassen. Das Ergebnis ist unfassbar widerwärtig. Das Mädchen hatte nur noch 50 Prozent Eigenanteil in ihren Venen. Der Rest war irgendein Gemisch aus menschlichem Blut. Sie haben ihr die Hälfte ihres Blutes abgezapft!“
Dwight knurrte tief. Das Knurren brachte den Boden zum vibrieren und die Möbel zitterten.
„Dafür werden sie büßen. Für jeden einzelnen Vampir, den sie angerührt haben, reiße ich ihnen die Eingeweide aus dem Leib. Langsam, Stück für Stück. Ihr Schreien wird wie Musik in meinen Ohren sein. Ich werde dieses Menschenpack lehren, was es bedeutet, zu leiden. Zu leiden bis in alle Ewigkeit!“
Holz splitterte, als Dwight brüllend auf den Tisch einschlug. Alles in ihm lechzte nach Rache, lechzte danach, zu töten, am besten mit bloßen Händen. Er wollte Blut fließen sehen, soviel, dass es ein ganzes Meer füllen könnte.
Niemand hielt ihn auf. Sie ließen ihn gewähren, bis er wieder zu Atem kam.
„Meinst du, diesem Junge, Jerome, der neulich hier verschwunden ist, könnte auch so etwas widerfahren sein?“, fragte Cayden nach einer Weile.
Reagan zuckte die Schultern.
„Es könnte durchaus möglich sein. Darragh ist der Ansicht, das Hauptaugenmerk der Organisation habe sich auf Europa gerichtet. Das schließt aber nicht aus, dass hier bei uns nicht dasselbe geschehen kann.“
„Vielleicht sollten wir ihn hierher holen und noch
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