Schattenwende
habe.“
Cayden hob eine Augenbraue und taxierte den Vampirkrieger.
„Warum ich?“, wollte er wissen. „Du bist doch ihr Lehrer.“
„Richtig. Ich bin ihr Lehrer. Nicht ihr Versuchskaninchen. Und nun mach schon“, sprach Dwight brüsk und Daphne warf dem Blonden einen Hilfe suchenden Blick zu.
„Immer ich“, jammerte Cayden vor sich hin, als er sich neben ihnen niederließ.
„Und nun?“, fragte Daphne, darum bemüht, die schwelende Atmosphäre zu entspannen.
„Jetzt nimmst du seine Hand. Du wirst auch mit Jerome auf dem intensiven Niveau der Berührung arbeiten müssen, um seine verborgenen Erinnerungen zu erreichen.“
„Ich wüsste etwas Besseres als meine Hand“, warf der blonde Vampir dazwischen und grinste sie unverschämt an.
Stirnrunzelnd ergriff sie demonstrativ seine Finger und schob ihre dazwischen.
Ein leises Prickeln stieg von seiner warmen Haut auf und hüllte ihre kühle Hand ein.
„Nun folgt der schwierigste Part: Du musst loslassen. Deine Barrieren fallen lassen und dich öffnen. Das ist kein einfaches Unterfangen, da der ureigene Schutzinstinkt sich dagegen wehrt, so völlig hilflos zu sein.“
Daphne schloss die Augen und konzentrierte sich auf ihren Herzschlag. Sie lauschte so lange, bis er im Einklang mit Caydens schlug, dessen Puls sie unter ihren Finger spüren konnte. Er drückte ihre Hand beruhigend und sie spürte, dass er sie damit ermutigen wollte, sich fallen zu lassen.
Doch sie konnte es nicht. Sie fühlte sich schläfrig und ruhig, doch ein winziger Teil ihres Selbst war wachsam und hellhörig und lauschte angespannt in ihr Umfeld.
Es war, als stünde sie vor dem Tor ihrer Mauer und der Riegel, der sie verschloss, klemmte. Und dahinter wartete jemand auf sie.
Das Prickeln zwischen ihr und dem Vampir blieb bestehen, wenn auch nur schwach und unscharf zu erkennen.
Plötzlich legten sich zwei schwere Hände auf ihre Schultern. Dwight stand hinter ihr und sein Atem strich kühl über die Haut ihres Nackens. Kälte strömte aus seinen Fingerspitzen.
„Du bist noch nicht völlig frei“, klang seine Stimme nüchtern und dicht an ihrem Ohr.
„Höre mir einfach zu. Atme ruhig ein, ganz tief. Fülle deine Lunge mit Sauerstoff und atme langsam, bedächtig aus …“
Daphne gehorchte. Die Schläfrigkeit nahm zu, auch wenn ihr Unterbewusstsein registrierte, dass der Vampir hinter ihr bebte vor unterdrückter Anstrengung.
Er berührt dich … ein Empath berührt eine Empathin … welche Kraft muss es ihn kosten, sich so von dir abzuschirmen?
„Spürst du seinen Herzschlag? Das stetige Pulsieren des Blutes in seinen Adern?“
Sie nickte schwach.
„Sein Blut ist nicht das Einzige, was so stark pulsiert. Kannst du es fühlen? Die gewaltige Kraft in ihm? Das pure Leben?“
Nun begriff sie, was er meinte. Ein unglaublich immenser Energiestrom floss durch Caydens Körper, wie ein wilder Fluss, toste wie majestätische Wasserfälle. Sie konnte es mit ihrem Bewusstsein sehen und erstarrte innerlich vor der gewaltigen Macht, die sich ihr offenbarte. Es war wirklich das reine Leben, das in dem Vampir pulsierte. Unbändig strömte es durch Caydens Körper und seinen Geist, unaufhaltsam. Sie traute sich nicht, darin einzutauchen, in diesen Kreislauf von unversiegbarer Energie.
„Na los.“ Dwights Stimme senkte sich zu einem beschwörenden Flüstern.
„Wenn deine Gabe nicht groß genug wäre, um ihm standzuhalten, hätte ich es dir nie gezeigt. Besieg ihn. Besiege den Schatten, der dich zurückhält.“
Seine Worte gaben den letzten Ausschlag.
Sie gab ihren Widerstand auf und sprang in die Flut, die ihr in allen Farben entgegenschillerte.
Smith kritzelte eifrig auf den Notizzettel, der vor ihm lag.
„Schnelle Wundheilung, Reaktionsgabe, welche die menschliche um das Zehnfache übersteigt, Muskeln, die sich durch ein besonderes Gen … die sich durch ein besonderes Gen selbst aufbauen?! Habe ich das richtig verstanden?“
„Haben Sie. Durchaus erstaunlich, da stimme ich Ihnen zu. Notieren Sie noch eine durchschnittliche Körpertemperatur von 41° Celsius.“
„Sie haben eine durchschnittliche Körpertemperatur von 41° Celsius?“, wiederholte er und riss seine Augen vor Überraschung weit auf.
„Unfassbar. Wirklich unfassbar.“ Er schüttelte ungläubig den Kopf und hörte der weiblichen Stimme zu, die aus dem Lautsprecher seines Telefons schallte.
„Bei diesen Geschöpfen ist es nicht ungewöhnlich. Bei jungen Vampiren ist die Temperatur zumeist noch
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