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Schattenwesen

Schattenwesen

Titel: Schattenwesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Rauchhaus
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wahr sein?
    »… genau deshalb sollten wir jetzt sofort anfangen«, sagte er schnell und wandte sich ab. Er stellte die Chemikalien von dem Tablett, das er mitgebracht hatte, neben seinen Versuchsaufbau und reichte mir Handschuhe und Mundschutz. Zögernd nahm ich sie. Ich wusste, dass er etwas anderes hatte sagen wollen … und ich würde eine Gelegenheit finden, um diesen Satz aus ihm herauszubekommen. Später.
    »Hast du eine Idee, was ich beim ersten Mal falsch gemacht haben könnte?«, fragte ich ihn stattdessen. »Ich dachte, ich hätte mich genau an die Formel gehalten.«
    Cyriel füllte das Nickelsulfat in eine Reibschale.
    »Meistens liegt eine Kleinigkeit zwischen Erfolg und Misserfolg. Hast du die Kristalle ganz klein gerieben?«
    Er nahm das Pistill in die Hand und stieß die grüne Substanz mit Kraft und Geduld kleiner und kleiner, bis schließlich die Kristalle eher nach grünem Sand aussahen.
    »Ja. Zumindest glaube ich es.«
    Cyriel nickte. »Ich habe dein Schwarz untersucht – wie du richtig vermutet hast. Und ich denke, du warst wirklich dicht dran, das war gute Arbeit. Aus irgendeinem Grund haben sich die Stoffe aber nicht richtig verbunden.«
    Er entzündete ein Streichholz und hielt es über den Bunsenbrenner, dann öffnete er die Luftzufuhr.
    »Oha!«, entfuhr es mir. »Von Erhitzen stand nichts in der Anleitung meines Vaters.«
    Er hob die Augenbrauen und lächelte. »Bingo! Da haben wir die Kleinigkeit vielleicht schon gefunden.«
    Er füllte das Nickelsulfat in einen Glaskolben und stellte ihn auf einen Ständer über den Bunsenbrenner. Wenig später fügte er das Phosphorsalz hinzu, während ich mit einem Glasspatel vorsichtig umrührte.
    Für eine Weile war ich völlig vertieft, blickte in die Flamme und hörte das Zischen des Brenners. Auf einmal bemerkte ich, dass Cyriel mich beobachtete.
    »Was ist?«, fragte ich neugierig.
    »Ich frage mich immer noch, warum ich dich anfangs so falsch eingeschätzt habe.«
    »Du warst allerdings sehr abweisend. Und deshalb war ich es auch.« Ich sah ihn forschend an.
    »Ich musste abweisend sein!«, murmelte er. »Ich wollte, dass du freiwillig gehst! Schließlich hatte Ruben dich nur hergeholt, um die Formel zu bekommen. Anfangs ging es mir – zugegeben – einzig darum, dass er das Schwarz nicht von dir bekam. Später wollte ich auch nicht, dass er dich bekam. Denn mit seiner Vertrau-mir-Nummer hat er das ja recht gut angefangen.«
    Seine Worte fühlten sich ganz warm in meinem Innern an. Er hat sich Sorgen um mich gemacht?
    »Aber hast du tatsächlich geglaubt, dass ich mich nur für das Geld interessiere?«
    Er zuckte mit den Schultern, nicht ganz überzeugend. »Tut mir leid, was ich alles über dich gesagt habe.«
    Ich wich seinem Blick aus. »Das war … nicht ganz falsch. Ich hatte mir fest vorgenommen, meine Vorgeschichte im Sand zu vergraben und BWL zu studieren.«
    »Und dabei ging es dir wirklich um Geld?«
    »Nein, um … Sicherheit. Mein Leben lang wusste ich, dass ich später Restauratorin werden würde. Kunst undKunstgeschichte haben mich schon als Kind fasziniert. Paps konnte zu jedem Bild so viel erzählen, dass eine ganze Welt darum herum entstand, eine Welt voller Gefühle, voller Geschichten. Manche Menschen mögen das stinklangweilig finden, aber Paps hat mir so durch seine Augen die Kunst lebendig werden lassen. Ich hätte ihm stundenlang zuhören können. Niemals wollte ich etwas anderes machen. Bis er mit dieser Erfindung anfing. Der Traum, den er sich erfüllen wollte, wurde sehr schnell zum Albtraum! Ich dachte immer … Ich war ganz sicher, dass mein Vater den Verstand verlor. Er sprach manchmal von Schatten in den Bildern und Schatten in seiner Seele.«
    Cyriel sah mich nachdenklich an.
    »Und du wolltest ihm nicht folgen, im wahrsten Sinne. Das kann ich verstehen.«
    Ich nickte zögernd. »Einen Bürojob kann man abends und am Wochenende ausblenden. Paps hatte sich so sehr der Kunst verschrieben, dass er kein Privatleben mehr hatte. Obwohl … seine Arbeit war für ihn zutiefst privat.«
    Ich spürte, dass eine Träne über meine Wange lief, aber ich wischte sie nicht weg, weil ich Cyriel nicht darauf aufmerksam machen wollte. Verdammt, warum konnte ich bei diesem Thema nicht langsam mal ruhig bleiben?
    »Ich glaube eher, sein Privatleben warst du. Warum hätte er dir sonst alles beibringen sollen? Bestimmt nicht nur, weil er Hilfe brauchte. So war er nie allein – und du auch nicht.«
    Erstaunt forschte ich in seinem

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