Schatz, schmeckts dir nicht
dabei diese Energiekonzentration ganz stark erfahren. Ich freue mich schon mächtig darauf, die Insel und einige meiner Freunde wiederzusehen.«
Auch dieses Thema musste abgehakt werden, und natürlich vergaß Diane nicht zu erwähnen, dass Jan sie auf diese Reise begleiten würde. An den forschenden Blicken, die man ihr zuwarf, konnte Helene sich ausmalen, welche Gedanken den anwesenden Damen durch die Köpfe geisterten. Wahrscheinlich puzzelten sie sich in den schönsten Farben eine Ménage à Trois zusammen.
Das Dessert ›Verschleiertes Bauernmädchen‹, eine Komposition aus gerösteten Schwarzbrotkrümeln, Mandel-Apfelmus und Schokoladensahne, barg zwar noch einen kleinen Triumph, den Helene aber gar nicht mehr so richtig wahrnahm. Die Essenden löffelten verzückt, Gerold sagte zum Glück nichts mehr, sein Alkoholpegel hatte ihn stumm und apathisch gemacht, und Diane nahm nur wenige Kostproben und legte dann kommentarlos den Löffel beiseite.
Endlich war man beim Abschluss angelangt, einem heißen Kaffeepunsch mit Sahnehaube, genannt Pharisäer, dazu etwas friesisches Buttergebäck. Helene nahm mit einem bescheidenen Lächeln Susannes Dank für ihre Kochkünste und die damit verbundene Arbeit entgegen. Normalerweise hätten sie die Ovationen, die von den übrigen Gästen folgten, sehr fröhlich gestimmt. Doch das unaufhaltsame Eindringen Dianes in ihre privaten Kreise fraß zu sehr an ihrem Wohlgefühl – wie Rost an einem Stück Eisen. Glücklicherweise war Susanne viel zu entrückt, um die Verkrampfung ihrer Freundin wahrzunehmen, als sie diese zum Abschied umarmte.
Der schreckliche Abend wurde damit gekrönt, dass sie Diane durch den jetzt strömenden Regen nach Hause fuhren. Denn Jan war der Meinung, es käme gar nicht in Frage, dass sie alleine in ein Taxi stieg, nachdem sie so nette Stunden miteinander verbracht hätten. Immer wieder fiel Helenes Blick in den Rückspiegel, wenn die Straßenbeleuchtung das Wageninnere erhellte, als suche sie in Dianes Gesichtszügen nach einer Erklärung für die Faszination dieser Frau, der um sie herum alle zu erliegen schienen.
»Helene, wovon träumst du, wenn du so versonnen in den Spiegel schaust?« Jovial und völlig entspannt ließ sich Diane vom Rücksitz vernehmen. Helene fühlte sich peinlich berührt, stellte aber erleichtert fest, dass ihre Blicke zum Glück in andere Richtung gedeutet wurden. Bevor sie antworten konnte, meinte Jan in neckischem Ton:
»Psst! Leise! Sie kocht wahrscheinlich in Gedanken noch einmal das heutige Menu!«
Das fehlte noch! Jetzt machte er sich gemeinsam mit dieser Frau über sie lustig! Es kostete sie größte Mühe, ihren Ärger zu verbergen. Glücklicherweise waren sie vor dem großen Gartentor angekommen und Diane schickte sich an, auszusteigen, die Begleitung mit Schirm durch Jan energisch ablehnend.
»Die paar Schritte!«
Sie strich Jan, und auch Helene, zärtlich, doch kräftig über die Schulter, da die zwischen ihnen befindliche Sitzbank eine innige Umarmung verhinderte, und bedankte sich für den schönen Abend, fürs Bringen und speziell bei Helene »für alles«. Dann eilte sie, den Mantel schützend über den Kopf gehoben, hinter das schmiedeeiserne Tor, winkte noch einmal kurz und war verschwunden. Sie traten die Heimfahrt an.
Zuhause angekommen, legte Jan zärtlich seinen Arm um Helenes Schulter und tupfte ihr ein Küsschen auf die Wange. Was normalerweise der Auftakt für einen ehelichen Liebesakt gewesen wäre, ließ Helene starr werden wie eine Marmorstatue. Zu gegenwärtig war ihr die Frau, die ihr Jan immer mehr entfremdete, als dass sie Sex jetzt hätte genießen können. Sie log etwas von wahnsinnigen Kopfschmerzen und jammerte, dass sie völlig kaputt sei, was auch stimmte nach dieser Seelenpein. Jan hatte natürlich wie immer vollstes Verständnis und schickte sie mit einem Gutenachtkuss und besten Erholungswünschen zu Bett.
Doch Helene konnte nicht einschlafen. Nur noch zwei Monate bis zu der geplanten Reise nach Lanzarote. Sie musste um jeden Preis verhindert werden! Wer weiß, was Diane mit Jan auf dieser Zauberinsel anstellen würde! Wenn sie es recht bedachte, hatte sie ihn ohnehin schon verhext. Was war es nur, das selbst ihre engsten Freunde dieser Frau sofort auf den Leim gehen ließ? Sie schien die Einzige zu sein, die gegen diesen Zauber immun war.
Jan musste einfach zuhause bleiben. Doch wie sollte sie das anstellen? Welchen triftigen Grund konnte sie schaffen? Sie malte sich in
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