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Schatz, schmeckts dir nicht

Schatz, schmeckts dir nicht

Titel: Schatz, schmeckts dir nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Danz
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großen Massivholzschränken ab, die der Aufbewahrung von Geschirr und Küchenwäsche dienten. Dazwischen immer wieder ausgesuchte alte Küchengeräte, die teils nur noch Zierrat darstellten, teils auch noch genutzt wurden, wie das wunderschöne, holzgedrechselte Gewürzbord mit den golden beschrifteten Porzellangefäßen. Natürlich war auch eine Großraumspülmaschine mit allen Schikanen vorhanden, ebenso ein entsprechender Kühlschrank und eine ausgeklügelte Beleuchtungstechnik. Doch war dies alles so geschickt in die historische Einrichtung integriert, dass es nicht störend auffiel. Dieser Raum vereinigte in hohem Maße Funktionalität und ästhetischen Anspruch. Natürlich hatte Helene dies auch in ihrer eigenen Küche zur Maxime erhoben, und sie war mit dem Ergebnis nach wie vor sehr zufrieden. Doch die Atmosphäre hier versetzte sie in Grimmsche Küchen, in denen stolze Prinzessinnen zur Umerziehung niedere Dienste leisten mussten, und wo der Küchenchef den Küchenjungen ohrfeigen wollte, aber beide vor dem Vollzug erst einmal in einen 100-jährigen Schlaf fielen.
    Die versammelte Runde diskutierte gerade über die Einkaufsmöglichkeiten von Wildbret, und wie der Laie wohl die angebotene Qualität überprüfen könne. Die Gräfin beschrieb Kriterien, wie Alter des erlegten Tieres, Sitz des Schusses, Brunft oder nicht, die einen Einfluss auf den Preis des Stückes haben könnten. Des Weiteren betonte sie auch, wie wichtig ein richtiges Abhängen sei, nicht zu lang und nicht zu kurz, gerade eben so, dass sich der Geschmack erhöhe, aber nicht zu dem früher üblichen Hautgout führe, der schon nahe dem Verwesungsprozess läge und in früheren Zeiten als erstrebenswert galt. Schalenwild, so auch die bei der heutigen Jagd erlegten Stücke, sollte aufgebrochen und in der Decke, also ohne Eingeweide mit Fell, an einem kühlen, trockenen, aber luftigen Ort reifen.
    Bei diesen Ausführungen öffnete sie eine schwere, mit schwarzem Eisenriegel verschlossene Holztür, die von der einen Stirnseite der Küche direkt in einen geräumigen Vorratsraum führte. Neugierig, mit bewundernden bis neidischen Blicken, drängten ihre Zuhörer nach, um einen Blick auf die Schatzkammer der Köstlichkeiten aus Wald, Feld und Garten zu werfen. Da hingen, neben bereits fertigen Schinken und Würsten, auch der Hirsch von heute, inzwischen ohne Kopf – Frau Homann würde sich bestimmt zuhause das Geweih übers Sofa hängen – und das weibliche Tier komplett, beide nun von den Jägern fertig ausgeweidet.
    »Wir werden heute ein weibliches Stück Rotwild verarbeiten, das grade richtig abgehangen ist, schön mürb und von kräftigem Geschmack. Helfen Sie mir bitte mal!« Und mit diesen Worten griff Frau von Warthenstein nach dem dritten in der Vorratskammer aufgehängten Tierkörper, dem bereits das Fell über die Ohren gezogen worden war. Beherzt gingen ihr Hans und Herr Ruoff zur Hand, um das Stück auf den großen Tisch in der Küche zu befördern.
    »Ich hab das Tier schon mal aus der Decke schlagen lassen, das ist eher was für die Jäger. Wir werden es jetzt nur noch zerwirken, das heißt in Portionsstücke teilen.«
    Helene hörte die Frau Gräfin zu gerne reden und natürlich war sie von ihrer Kompetenz als Schlossküchenherrin und Gastgeberin stark beeindruckt. Außerdem war sie von einer derartigen, natürlichen Freundlichkeit, und die Weitergabe ihrer Kenntnisse geschah so unprätentiös und voller Begeisterung, dass auch Helene ihre Waffen gestreckt und ihr sonst eher reserviertes Verhalten gegenüber kochender Konkurrenz sofort vergessen hatte.
    Ihre Lehrmeisterin war nun dabei, mit einem gefährlich aussehenden, großen Beinmesser, welches sie zuvor noch mit einem Wetzstein geschärft hatte, einen ausholenden, kreisförmigen Schnitt zu setzen, und damit sauber erst die eine, dann die andere Hinterkeule aus dem Tierkörper zu schneiden. Mit ähnlicher Schnitttechnik, nur etwas flacher, entlang den Rippen, durfte dann Herr Hoppe die Blätter genannten Vorderkeulen herausholen, und er stellte sich gar nicht so dumm an, wie Helene zugeben musste.
    »Für das Menü heut Abend hab ich einen Rehrücken geplant«, informierte Frau von Warthenstein ihre Gäste.
    »Da wir ja nicht zwei Tage warten können – und die Zeit in der Beize braucht eine Keule mindestens – bietet sich der Rehrücken als Hauptgang an, denn sein besonders feiner Geschmack würde sich durch das Beizen eher verlieren. Interessierten gebe ich gerne

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