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Schatz, schmeckts dir nicht

Schatz, schmeckts dir nicht

Titel: Schatz, schmeckts dir nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Danz
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Helene schon gar nicht. Gegenüber den Männern in der Familie gab er sich kumpelhaft. Schulter klopfen – komm lass uns einen trinken – Sportschau gucken – davon verstehen Frauen nix. Leider war er damit bei Jan und Harry nicht an der richtigen Adresse. So hielt er sich still im Hintergrund, Hauptsache, er hatte sein Bierchen.
    Gitti hatte wirklich nicht das große Los gezogen. Und dann diese beiden Nervensägen von Kindern, fünf und sieben Jahre alt. Traditionell hatte Helene für Heiligabend nach der Bescherung ein kaltes Büffet vorbereitet, mit einigen wenigen, selbst hergestellten Schmankerln und fertig gekauften einheimischen und italienischen und französischen Wurstspezialitäten, Räucherfisch, einer reichhaltigen Käseplatte, damit sie möglichst wenig Arbeit hatte an diesem Abend. Endlich war die große Geschenketauscherei beendet, die sich zum Glück hauptsächlich auf die Kinder beschränkte, da die Großen sich dahingehend abgesprochen hatten, auf Geschenke zu verzichten. Nur Helenes Mutter hielt sich nicht daran.
    »Weihnachten ganz ohne Geschenke ist doch kein Weihnachten«, sagte sie alle Jahre wieder und verteilte völlig ungerührt ihre sinn- und geschmacklosen Gaben.
    Helene liebte große Tischgesellschaften, und an Weihnachten zu elft im Familienkreise an einer liebevoll gedeckten Tafel zu sitzen, hätte auch seinen Reiz haben können. Aber leider saß hier nicht diese Ansammlung schöner Menschen, die vom Opa bis zum Säugling in den Werbefilmen für einen Käse fröhlich vom Bildschirm lächelten. Hier saß ihre stocksteife Schwiegermutter, rührte vom Büffet fast nichts an, weil sie viele der Speisen nicht kannte, und war dabei, mit ihrer Frömmelei auch den anderen den Appetit zu verderben. Helenes Mutter fühlte sich dadurch persönlich angegriffen und gab kriegslüstern Kontra.
    Die lieben kleinen Neffen mochten auch nichts von dem, was auf dem Tisch stand, und quengelten nach Marmelade, und als sie diese nicht bekamen, trieben sie subtilen Terror mit kippelnden Stühlen, unterm Tisch treten, Brotkugeln schnipsen, sodass Gitti nicht zum Essen kam und, einem Nervenzusammenbruch nahe, schließlich doch die Marmelade holte. Triumphierend ihre Tante musternd, schoben sich die kleinen Monster dann die klebrigen Stullen in den Mund und alles in ihrer Reichweite klebte ebenfalls. Ihr Vater war mittlerweile vom vierten Bier satt.
    Janina und Peer wirkten in dieser Umgebung doch schon sehr gesittet. Aber ihren gequälten Gesichtern war anzumerken, dass sie gerne woanders gewesen wären. Einzig Harry und Jan schienen sich gut zu unterhalten, genossen nach Herzenslust alle Leckereien von Helenes Büffet und waren glänzender Laune. Dankbar lächelte Helene den beiden zu und dachte bei sich: Den größten Teil seiner Familie kann man sich eben nicht aussuchen. Noch drei Tage, und der Spuk war wieder vorbei. Das war die beste Haltung, um dieses Weihnachtsfeiertagsfamilienspektakel zu überstehen.
    Besonders schön war in diesem Jahr, dass Jan sich nicht, wie früher an den Feiertagen des Öfteren passiert, still und heimlich an seine Arbeit verkrümelte und es Helene überließ, mit dem zahlreichen Besuch fertig zu werden. Diesmal bemühte er sich, seine Mutter zu verwöhnen, was diese nach anfänglichem Widerstand sogar zuließ, auch wenn sie keine Miene verzog. Schöne Weihnachten also, kein Schreibtisch, kein Büro, kein Öko-City. Keine Diane Blume. Fast keine.
    Natürlich war Helene bestrebt, auch die Familie an Weihnachten mit ausgewählten Kostproben ihres Könnens und besonderen Genüssen zu verwöhnen. Allerdings war sie sich bewusst, dass, bis auf Jan und Harry vielleicht, zu großer Ehrgeiz fehl am Platze war, da die Mehrzahl ihrer Gäste entweder völlig unterentwickelte Geschmacksnerven oder aber die gänzlich falsche Einstellung zum weiten Kosmos des Kochens und Essens hatte.
    Ihrer Mutter schmeckte grundsätzlich alles, ob Konserve oder Haute Cuisine, sie war sehr leicht zufriedenzustellen. Gitti hatte an nichts im Leben Freude. Lust- und phantasielos wie sie war, empfand sie Kochen höchstens als Belastung und Essen als notwendiges Übel. Helenes Kochleidenschaft war für sie schlicht eine spleenige Marotte, ein völlig sinnloser Aufwand. Sie hatte keine Ahnung, was ihr da im Leben alles entging. Ihr Mann Rolf war essensmäßig durch sie nicht gerade verwöhnt. Den Pizzadienst hielt er für die Fahrbereitschaft eines Gourmet-Tempels.
    Dass die Entwicklung der meisten Kinder

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