Schatz, schmeckts dir nicht
sich auch von den drei Dips jeweils einen Klecks bei June erkämpft und probierte sie dazu. Das eine war wie Zaziki, nichts Aufregendes. Aber die anderen beiden, eine säuerliche Erdnusssauce und eine scharfsüße Sauce aus roten Johannisbeeren waren beeindruckend. Dagegen schmeckte die kunstvoll gefertigte Tofuterrine ausgesprochen langweilig.
Helene jedenfalls zog ein für sie ermutigendes Fazit. Da gab es zwar einige Zutaten, die ihr bisher nicht so geläufig waren, doch sie war sich sicher, nach einigem Experimentieren Dianes vegetarische Kochkünste leicht überflügeln zu können. Sie fragte sich, was der Grund für Ullis und Maikes in ihren Augen völlig übertriebene Begeisterung war. Höflichkeit? Oder waren sie einfach beeindruckt, weil es für sie ungewohnte Kost war? Oder hatten sie schlicht kein Geschmacksempfinden?
Helene beschloss jedenfalls, so bald wie möglich einmal Elfriedes Laden zu besuchen, um das dortige Warenangebot zu inspizieren, denn es gab wohl auch für sie noch einiges an Neuland zu entdecken. Auch wenn sie nicht allzu viel von Elfriedes Kochkünsten hielt, es konnte nicht schaden, auf deren langjährige vegetarische Erfahrung zurückzugreifen. Sie erhob sich, um sich noch etwas Obst und Käse zum Nachtisch zu holen. An den Türrahmen gelehnt stand Nityam und leerte begeistert seinen Teller.
»Kein Wunder, dass das verbotene Genüsse sind. Sie trüben mir die Sinne!«, raunte er und schenkte Helene seinen vermeintlich verführerischen Raubvogelblick.
»Ja, scheint so«, stimmte Helene ungerührt zu und ging an ihm vorbei in die Küche.
June hatte inzwischen ihren Platz am Büffet geräumt. Ein junges Paar, höchstens 19, 20 Jahre alt, saß am Küchentisch und aß mit gesundem Appetit. Sie waren beide sehr schlank, fast mager und ihre Kleidung, nun ja, fand Helene zumindest eigenwillig, wenn nicht abgerissen. Das Mädchen hatte die Haare fast bis auf eine Glatze geschoren und im Gesicht irritierten zwei kleine Ringe, der eine am Ende einer Augenbraue, der andere zog sich durch den linken Nasenflügel.
Die langen Haare des Jungen waren zu einem dicken Schopf verfilzt, den er mit einem bunten Tuch zusammengebunden hatte. Beide trugen auf der Brust einen großen Button »Stoppt die grausamen Tiertransporte!«, und sie musterten Helene unverhohlen kritisch. Unter dem Tisch lagen träge zwei Hunde, deren Stammbaum sämtliche Hunderassen und einige mehr, die Helene geläufig waren, aufzuweisen schien. Der Kleinere öffnete nur kurz einmal die Augen und stellte seine viel zu großen Ohren auf, während der Große sich aufrichtete, wobei er fast den Tisch anhob und ein tief aus seinem Innersten kommendes, kurzes Bellen ertönen ließ.
»Hallo! Ich wollte mir nur etwas Nachtisch holen«, fühlte sich Helene genötigt zu sagen.
»Ja klar. Mach doch. Die haben ganz gutes Futter hier.« Der Junge gab sich großzügig.
»Sei ruhig, Horst.« Er tätschelte den Hals des großen Tieres, das sich sogleich wieder mit einem Platsch auf dem Boden niederließ, und zu Helene gewandt erklärte er, dass die Hunde völlig aggressionsfrei seien, da sie nur von Körnern und Gemüse lebten und Fleisch nicht anrührten.
»Ach, wirklich?« Helene war erstaunt. Dass auch Hunde Vegetarier sein konnten, hatte sie noch nie gehört.
»Reine Gewohnheitssache.« Der Junge hielt Horst lässig eine Möhre vor die Nase. Als der Hund nicht reagierte, biss er selbst herzhaft zu.
Seine Freundin sagte nichts und aß ungerührt weiter. Sehr bunt, Dianes Bekanntenkreis!
»Ja, alles schmeckt hier wirklich ausgezeichnet. Woher kennt ihr Diane?«
»Wir kennen Felix und sagen ihm heute Goodbye. Er hat uns«, und dabei wies er auf die Buttons, »beziehungsweise die Sache der Tiere unterstützt. Hast du bestimmt irgendwo drüber gelesen. Wir sind diesen Todestransportern kreuz und quer durch die Republik gefolgt, sind mit Transparenten hinter denen hergefahren und haben die Tiere befreit, zumindest einige davon. Tja, schade dass Felix weggeht, auch wenn er ein Gemäßigter ist.«
»Wieso ein Gemäßigter?«
»Felix ist Vegetarier. Wir sind Veganer«, erklärte der junge Mann knapp.
Helene musste zugeben, dass sie das nicht verstand. Ihr Gesprächspartner klärte sie aber bereitwillig auf. »Wir Veganer lehnen es ab, auf Kosten der Tiere zu leben. Die Vegetarier machen ja nur eine halbe Sache, essen keine Leichenteile. Dabei leiden Tiere für tausend andere unnütze Dinge, die Menschen für unverzichtbar halten. Schuhe
Weitere Kostenlose Bücher