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Schatzfinder

Schatzfinder

Titel: Schatzfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Scherer
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gedrückt. So, und jetzt leb das …
    Diese zusammengefalteten Papiere, diese Würschtel, das sind unsere Leben, das sind wir – nachdem wir gelernt haben, was allesnicht geht im Leben. Nach dem abgeschlossenen Lernprozess, wissen wir genau, dass wir als gläubiger Katholik nicht Playboy werden, dass wir als Akademikersohn beruflich nichts mit Holz machen werden, dass wir nicht das Zeug dazu haben, Unternehmer zu werden, und so weiter. Falz für Falz. Und am Ende sind wir ein Würschtel und glauben, dass nichts mehr möglich ist. Und hadern.
    Als zusammengefaltetes Würschtel müssen wir dann zu Leuten wie mir aufs Seminar gehen, um uns wieder zu entfalten und zu entwickeln. Das nennt man dann »Persönlichkeits-ent-wicklung«. Leider bekommen wir das nicht mehr so gut hin, wie es hätte sein können, denn das Papier bleibt immer ein wenig zerknüllt.
    Wie wahr das ist, wie sehr Sie zusammengefaltet wurden, können Sie nachprüfen. Stellen Sie sich doch zum Beispiel einfach mal vor, wie Ihr Wohnzimmer in 20 Jahren aussehen wird.
    Wie? Keine Ahnung? – Genau.
    Wir alle müssen uns weiterentfalten, uns vom Würschtel-Stadium wieder zurück in ein einigermaßen offenes Blatt entfalten und entwickeln, auf dem man etwas erkennen kann. Wir müssen wieder anfangen, unser Leben zu malen, es einzurichten, es zu konstruieren, es zu bauen. Wir müssen wieder Lebensarchitekten werden. Ein guter Architekt kann am Anfang des Projekts schon an das Ende denken. Er hat alles genau im Kopf, bevor er zeichnet. Eigentlich brauchen wir genau das. Die Fähigkeit, vorher alles zu sehen. Wie die Geschichte des Mannes, der auf einer Farm eine Anstellung sucht und dem Bauern sein Empfehlungsschreiben gibt. Darin steht nur: »Er schläft bei Unwetter.« Der Bauer braucht dringend Hilfe und stellt den Mann ein. Er ist auch zufrieden mit seinem Knecht, sinnt jedoch weiterhin über das rätselhafte Schreiben nach. Nach einigen Wochen bricht ein furchtbares Unwetter über das Tal herein. Von heulendem Wind und tosendem Regen geweckt, springt der Bauer aus dem Bett und ruft nach seinem neuen Arbeiter. Doch der schläft tief und fest.
    Der Bauer rennt zur Scheune, wo er verblüfft sieht, dass die Tiere fest angebunden sind und reichlich Futter haben. Da läufter aufs Feld. Dort stellt er fest, dass der geerntete Weizen zu Ballen geschnürt und mit Planen bedeckt ist. Er hastet zum Silo. Das Dach ist fest verschlossen, die Türen sind verriegelt, das Korn ist trocken. Da versteht der Bauer, was »Er schläft bei Unwetter« zu bedeuten hat.
    Wir sind die Architekten unseres Lebens.
    Gute Bauern wissen vorher, was zu tun ist. Gute Architekten wissen, wie das Haus aussehen soll, bevor es gebaut ist. Menschen wissen mit Ihrer Vision, wo Sie hinwollen. Wir sind die Architekten unseres Lebens.
    Diese Menschen, diejenigen, die Geist in Materie umwandeln können, sind die Gärtner dieser Erde.
    Alles, was auf dieser Erde erschaffen wurde, haben Menschen erschaffen. Es war zuerst im Geist und später tatsächlich vorhanden. Alle Dinge, die uns das Leben heute so angenehm und schön machen und wovon unsere Vorfahren noch nicht einmal zu denken wagten, all das sind Werke, die einzelne Menschen aus Gedanken entstehen ließen. Diese Menschen, diejenigen, die Geist in Materie umwandeln können, sind die Gärtner dieser Erde. Deshalb gilt es, die Arbeit und unser Werk und unser Tun und unser Handeln zu würdigen, mit Liebe, Respekt und Hochachtung. Dazu braucht es Anfängergeist. Die meisten von uns haben einen Expertengeist. Wir wissen zu viel. Anfänger bewerten nicht und vergleichen nicht. Wenn ein Kind beispielsweise den Wasserfall von Schaffhausen sieht, dann wird das Kind begeistert und mit strahlenden Augen diesen Wasserfall anschauen. Das ist Anfängergeist. Der Expertengeist würde sagen »Pah, Schaffhausen, da musst du mal die Niagarafälle anschauen, dann weißt du, was ein Wasserfall ist.«
    Ein dreijähriges Mädchen wurde gefragt: »Was hast du gemacht?«
    »Gespielt.«
    »Was denn?«
    »Prinzessin.«
    »Du warst Prinzessin?«
    »Nein, das war doch die Ella.«
    »Oh, und du warst der Prinz?«
    »Neeeeinn!«
    »Wer warst denn du?«
    »Die Erbse!« Solche Meisterschaft im Vorstellen werden wir vermutlich nie wieder im Leben erringen. Denn dazu fehlen uns Erwachsenen einfach die Voraussetzungen. Oder?
    Kinder haben oft eine Vision, sind aber allein nicht überlebensfähig.
    Kinder haben oft eine Vision, sind aber allein nicht überlebensfähig.

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