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Schatzfinder

Schatzfinder

Titel: Schatzfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Scherer
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von innen.«
    Das erkannte schon der französische Philosoph René Descartes im 17. Jahrhundert, der mit seiner rationalen, subjektiven, egozentrischen Weltsicht die gesamte westliche Kultur prägte. Descartes war ein großer Zweifler, der seine Skepsis zur philosophischen Methode machte. Er hinterfragte einfach alles. Beispielsweise auch die Annahme, dass wissenschaftliche Erkenntnis aus sinnlicher Wahrnehmung und dem Denken entspränge. Keiner der beiden Quellen wollte er ungeprüft vertrauen. Unsere Sinne täuschen uns zu oft, es könnte ja sein, dass die Wahrnehmung nur eine Konstruktion ist. Aber auch die Gedanken könnten von fremder Hand gesteuert sein – vielleicht sind Dämonen am Werk? Darum lehnte Descartes jede Gewissheit kategorisch ab. Er fragte sich: Wenn sowohl die Sinne als auch das Denkenprinzipiell unsicher sind, was ist dann noch sicher? Er wollte an allem zweifeln, was er wahrnehmen konnte.
    Es gibt den Mythos, dass Descartes einmal ein Wachskügelchen in den Händen hielt und darüber nachdachte, bis ihm einer der berühmtesten Sätze der Menschheit einfiel. Er spürte das Wachskügelchen, er sah es – aber er zweifelte an seiner Realität. Wer sagt, dass die Wachskugel existiert? Möglicherweise ist es ein böser Dämon, der alle diese Bilder in seinem Kopf entstehen lässt. Und selbst wenn er seinen eigenen Körper sieht, so kann dies von einem Dämon vorgegaukelt sein. Die gemachten Erfahrungen, an die er sich erinnern konnte, könnten auf etwas anderem als der Realität beruhen, sie könnten geträumt oder ihm von einem anderen Wesen vorgespielt worden sein. Es gab keine Gewissheit, dass Wachs Wachs ist, das Ding ein Kügelchen ist oder überhaupt existiert. Woher weiß ich, dass ich »ich« bin und dass ich »bin«? »Wenn ich aber zweifle«, so meditierte er weiter, »so kann ich selbst dann, wenn ich mich täusche, nicht daran zweifeln, dass ich zweifle, und dass ich es bin, der zweifelt, das heißt, ich bin als Denkender in jedem Fall existent.«
    Ich denke, also bin ich.
    Descartes führte alles Sein des Egos auf das Denken zurück – eine radikal rationalistische Weltsicht, die er so ausdrückte: »Ich denke, also bin ich.« Der lateinische Originalsatz ist noch kürzer und eleganter. »Cogito ergo sum.«
    Dieser einzige unbezweifelbare Satz ist, so Descartes, »notwendig wahr, so oft ich ihn ausspreche oder denke«. Auch wenn dieser zentrale Satz später oft wieder angezweifelt und kritisiert wurde, beispielsweise weil selbst dieser Satz auf der unbegründbaren Voraussetzung des »Ich« beruht, war er ein philosophischer Neubeginn. Die Frage ist nur: Was machen wir jetzt damit?
Wahrheit Nummer eins, zwei und drei
    Das Nichtwissen ist der Vorhof des Wissens.
    Wenn uns auch die Realität abhandengekommen ist, so konstruieren wir uns immer noch unsere Wahrheiten. Und die lassen sich genauer untersuchen. Ich sehe drei Sorten von Wahrheiten. Und damit meine ich nicht die drei Arten von Wissen, die Rumsfeld während einer Pressekonferenz beschrieb. »Berichte, die sagen, dass etwas nicht passiert ist, finde ich immer interessant, denn wie wir wissen, gibt es Bekanntes, das bekannt ist. Es gibt Dinge, von denen wir wissen, dass wir sie wissen. Wir wissen auch, dass es bekanntermaßen Unbekanntes gibt. Das heißt, wir wissen, dass es Dinge gibt, die wir nicht wissen. Aber es gibt auch Unbekanntes, das unbekannt ist – das, wovon wir nicht wissen, dass wir es nicht wissen.« Das Nichtwissen ist der Vorhof des Wissens.
    Nein, ich meine drei andere Kategorien: Die erste ist die »Es-Wahrheit«. Eigentlich ist sie nicht sicher, aber wir glauben an die faktische Realität des Tisches, der vor uns steht, und dass er körperlich existiert. Man kann ihn sehen, man kann ihn anfassen und begreifen, er ist da. Und es gibt eine Übereinkunft über so ein Ding: Das, was so aussieht, sich so anfühlt und so benutzbar ist, ist ein Tisch. Der Tisch ist ein Tisch, das Glas ist ein Glas, das Internet ist das Internet, die Mode ist Mode, jedenfalls solange die Mode Mode ist, und das Geld ist so lange Geld, solange nicht etwas anderes zur Währung erklärt wird. Wir haben uns beispielsweise auch seit ein paar hundert Jahren darauf geeinigt, dass die Erde rund ist, während wir uns früher ja einig waren, dass die Erde eine Scheibe ist, und damals Menschen verbrannt haben, die gesagt haben, dass die Erde keine Scheibe sei. Und während der Hexenverfolgung wurden in Deutschland über 25 000 Frauen ermordet.

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