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Schau Dich Nicht Um

Titel: Schau Dich Nicht Um Kostenlos Bücher Online Lesen
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unterdrücken.
    Don drehte sich halb nach ihr herum und nahm ihre Hand. »Woran denkst du?«
    »Ich denke gerade daran, daß Mrs. Gambala alle ihre Möbel mit Plastik zugedeckt hat«, antwortete Jess mit einem tiefen Atemzug.
    Don lachte, offensichtlich überrascht. »Das sieht man heute kaum noch«, sagte er.
    »Connie hat mir das schon einmal erzählt. Sie sagte, Steffan warte nicht gern bei seiner Großmutter auf sie, weil dort alle Möbel mit Plastik zugedeckt seien und man sich nirgends bequem hinsetzen könne.« Jess schluckte ein Schluchzen hinunter. »Und jetzt wird er da aufwachsen. In einem Haus mit Plastikbezügen.«
    »In einem Haus voller Liebe, Jess«, korrigierte Don. »Seine Großmutter liebt ihn. Sie wird gut für ihn sorgen.«
    »Connie hat gesagt, ihre Mutter sei zu alt, um mit ihm fertig zu werden, und außerdem spräche sie schlecht Englisch.«
    »Na, dann wird er ihr eben Englisch beibringen, und sie wird ihm Italienisch beibringen, Jess«, sagte Don und drückte ihre Hand, »du
kannst dich nicht um alles kümmern. Du kannst nicht den Schmerz der Welt auf dich nehmen. Du mußt dich abgrenzen, sonst machst du dich verrückt.«
    »Ich habe immer gedacht, es wäre besser, Gewißheit zu haben«, vertraute ihm Jess nach einer langen Pause an. »Ich habe immer gedacht, es wäre besser, die Wahrheit zu wissen, auch wenn sie noch so schrecklich ist. Jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher. Bis heute hat es wenigstens noch Hoffnung gegeben. Auch wenn es eine falsche Hoffnung war, vielleicht ist das besser als gar keine Hoffnung.«
    »Du sprichst von deiner Mutter«, sagte Don leise.
    »Die ganzen Jahre über habe ich immer wieder gedacht, wenn ich nur gewußt hätte, was ihr zugestoßen ist, dann hätte ich weitergehen können, mich weiterentwickeln...«
    »Aber du bist doch weitergegangen.«
    »Nein, eben nicht. In Wirklichkeit nicht.« Sie sah zum Wagenfenster hinaus und bemerkte zum ersten Mal, daß sie auf der I-94 in östlicher Richtung fuhren.
    »Jess, was redest du da? Sieh dir doch an, was du erreicht hast.«
    »Ich weiß, was ich erreicht habe. Aber das meine ich nicht«, entgegnete sie.
    »Dann sag mir, was du meinst«, bat er.
    »Ich meine, daß ich vor acht Jahren stehengeblieben bin. Und ganz gleich, was ich getan habe, ganz gleich, was ich geleistet habe, emotional stehe ich immer noch da, wo ich an dem Tag gestanden habe, als meine Mutter verschwand.«
    »Und du glaubst, wenn du gewußt hättest, was ihr zugestoßen ist, wenn damals jemand zu dir gekommen wäre und dir das gesagt hätte, was du heute Connies Sohn mitgeteilt hast, dann wäre es für dich besser gewesen?«
    »Ich weiß es nicht. Aber wenigstens hätte ich mich damit auseinandersetzen können. Ich hätte trauern können. Ich hätte weitergehen können.«

    »Damit hast du ja deine eigene Frage schon beantwortet«, sagte er.
    »Ja, wahrscheinlich.« Jess wischte sich die Tränen aus den Augen, rieb sich mit dem Handrücken über die Nase und starrte zum Wagenfenster hinaus. »Wohin fahren wir?«
    »Nach Union Pier.«
    »Nach Union Pier?« Augenblicklich sah Jess das Bild der kleinen Ortschaft am See etwa hundertzwanzig Kilometer außerhalb von Chicago vor sich, wo Don ein Wochenendhaus hatte. »Don, ich kann nicht. Ich muß mich für den Verhandlungstag morgen vorbereiten.«
    »Du warst schon so lange nicht mehr im Haus«, erinnerte er sie. »Ich habe einiges verändert, zum Teil auch nach früheren Vorschlägen von dir. Komm, ich versprech dir, daß du um fünf wieder zurück bist. Du weißt doch, daß du vorher sowieso keinen klaren Gedanken fassen kannst.«
    »Ich weiß nicht.«
    »Mach doch mal Pause, Jess. Wir wissen beide, daß du für morgen so gut vorbereitet bist, wie man überhaupt sein kann.«
    Schweigend fuhren sie weiter. Jess sah zum Fenster hinaus in die Landschaft und beobachtete, wie der leichte Regen, der zu fallen begonnen hatte, allmählich zu Schnee wurde. Häuser wichen freiem Land. An der Ausfahrt Union Pier bogen sie ab und fuhren in östlicher Richtung zum Lake Michigan weiter. ELSINOR FERIENRANCH verkündete ein großes Holzschild über einem hohen schmiedeeisernen Tor. PONYTREKKING UND REITUNTERRICHT - DRIVING RANGE hieß es ungefähr einen Kilometer weiter. Jess erinnerte sich, wie ihr Vater ihre Mutter immer damit geneckt hatte, daß er ihr Golfspielen beibringen würde, wenn er erst einmal im Ruhestand war.
    Das Schneetreiben wurde dichter, während sie weiter ostwärts fuhren. SCHÜTZENVEREIN

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