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Schau Dich Nicht Um

Titel: Schau Dich Nicht Um Kostenlos Bücher Online Lesen
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man Ihnen beigebracht, mit Pfeil und Bogen zu schießen?«
    »Ja, das gehörte zu den angebotenen Freizeitbeschäftigungen.«

    »Und Sie haben damals mehrere Preise gewonnen, nicht wahr?«
    »Das war vor fast dreißig Jahren.«
    »Aber Sie haben mehrere Preise gewonnen?«
    Terry Wales lachte. »Alle Kinder haben Preise bekommen.«
    »Euer Ehren, würden Sie bitte den Zeugen anweisen, die Frage zu beantworten«, sagte Jess.
    »Ein einfaches Ja oder Nein reicht, Mr. Wales«, wandte sich Richter Harris an den Angeklagten.
    Terry Wales senkte den Kopf. »Ja.«
    »Danke.« Jess lächelte. »Und bis zu dem Moment, als Sie am zweiten Juni dieses Jahres Ihre Frau mit einem Schuß ins Herz töteten, waren fast dreißig Jahre vergangen, seit Sie das letzte Mal einen Pfeil abgeschossen hatten?«
    »Fünfundzwanzig oder dreißig«, sagte Terry Wales.
    Jess warf einen Blick in den Hefter in ihrer Hand. »Mr. Wales, haben Sie schon einmal von den Aurora-County-Bogenschützen gehört?«
    »Wie bitte, wovon?« fragte Terry Wales, plötzlich eine leichte Röte in den Wangen.
    »Von den Aurora-County-Bogenschützen«, wiederholte Jess. »Das ist ein Bogensportverein etwa fünfundsiebzig Kilometer südwestlich von Chicago. Kennen Sie den Verein?«
    »Nein.«
    »Aus der Broschüre, die ich hier habe, geht hervor, daß es sich um einen gemeinnützigen Verein handelt, der 1962 mit dem Ziel gegründet wurde, den Bogensport zu fördern und durch die notwendigen Einrichtungen Bogenschützen die Möglichkeit zu geben, ihren Sport auszuüben. ›Ganz gleich, auf welchem Gebiet des Bogensports Ihr Interesse liegt‹«, las Jess vor, »›ob Sie ein Jäger sind, ein Sportschütze oder das Bogenschießen nur zum Vergnügen betreiben, ganz gleich, ob Sie den Langbogen, den Recurve-Bogen, den Compound-Bogen oder die Armbrust bevorzugen, die Aurora-County-Bogenschützen
e. V. bieten das ganze Jahr über ideale Trainingsmöglichkeiten.‹«
    Hal Bristol war bereits aufgesprungen und auf dem Weg zum Richter. »Einspruch, Euer Ehren. Mein Mandant hat bereits erklärt, daß er diesen Verein nicht kennt.«
    »Das ist interessant«, hakte Jess augenblicklich ein, »da aus den Unterlagen des Vereins hervorgeht, daß Terry Wales seit acht Jahren Mitglied ist.« Jess hielt eine gefaxte Kopie der Beitrittserklärung in die Höhe. »Wir möchten diese Erklärung als Beweisstück F aufnehmen lassen, Euer Ehren.«
    Jess reichte Richter Harris die Unterlagen. Der sah sie durch, ehe er sie an den ungeduldig wartenden Hal Bristol weitergab. Der Verteidiger prüfte das Material, nickte ärgerlich, kehrte dann mit einem unverhüllt zornigen Blick zu seinem Mandanten an seinen Platz zurück.
    »Erinnern Sie sich jetzt an den Verein, Mr. Wales?« fragte Jess pointiert.
    »Ich bin dem Verein vor acht Jahren beigetreten und fast nie dort gewesen«, erklärte Terry Wales. »Ich hatte ihn ehrlich gesagt ganz vergessen.«
    »Oh, aber die Leute dort haben Sie nicht vergessen, Mr. Wales.« Jess gab sich alle Mühe, nichts von ihrer Siegesfreude durchklingen zu lassen. »Wir haben hier eine eidesstattliche Versicherung von einem Mr. Glen Hallam, einem Angestellten der Aurora-County-Bogenschützen e. V., der für die Pflege der Geräte zuständig ist. Die Polizei hat ihm heute morgen Ihr Foto gezeigt, und er erinnert sich sehr deutlich an Sie. Er hat ausgesagt, daß Sie seit Jahren regelmäßig zum Üben kommen; seit dem Frühjahr hätte er Sie allerdings merkwürdigerweise nicht mehr gesehen. Es würde mich interessieren, wie das kommt«, fügte Jess nachdenklich hinzu. »Seiner Aussage zufolge sind Sie ein ausgezeichneter Schütze, Mr. Wales. Fast jedesmal mitten ins Schwarze.«

    Von der Geschworenenbank war ein kollektiver Seufzer zu hören. Hal Bristol senkte den Kopf. Terry Wales sagte nichts.
    Mitten ins Schwarze, dachte Jess.

20
    I ch höre, du hast heute bei Gericht einen tollen Coup gelandet«, sagte Greg Oliver statt einer Begrüßung zu Jess, als sie am Ende des Tages an seinem Büro vorbeiging.
    »Sie war genial«, versicherte Neil Strayhorn, der Seite an Seite mit Barbara Cohen einen Schritt hinter Jess folgte. »Sie hat ihre Falle aufgestellt, dann schön abgewartet, bis der Angeklagte hineinspazierte, und peng, die Tür hinter ihm zugeschlagen.«
    »Der Prozeß ist noch nicht vorbei«, erinnerte ihn Jess, die sich nicht zu früh freuen wollte. Noch waren Zeugen zu vernehmen, noch mußten die Schlußplädoyers gehalten werden, und immer mußte die

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